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NFL-Kolumne von Sebastian Vollmer: "Du bist wie ein Fahrzeug, das immer wieder repariert wird"

  • Aktualisiert: 23.12.2017
  • 23:23 Uhr
  • ran.de
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© ran.de/imago

In seiner Kolumne auf ran.de schreibt der Ex-NFL-Profi und zweimalige Super-Bowl-Champion Sebastian Vollmer über Verletzungen in der NFL, wie Spieler damit umgehen und warum Fingerbrüche oder ausgekugelte Schultern für Footballer nur Lappalien sind.

Hi Football-Fans,

es vergeht in der NFL leider keine Woche, in der sich nicht mindestens ein Spieler verletzt – im schlimmsten Fall sogar schwer. Und wie ich bereits in meiner letzten Kolumne erwähnt hatte, gibt es gerade jetzt in der heißen Phase der Saison fast keinen Akteur, der nicht wenigstens mit einem gebrochenen Finger oder ausgekugelten Gelenk auf dem Rasen steht. Allerdings wird darüber kaum gesprochen. Die Öffentlichkeit bekommt eigentlich immer nur die richtig schlimmen Verletzungen mit: Kreuzband- oder Achillessehnenrisse, sowie schwerwiegende Knochenbrüche. Das liegt ganz einfach daran, dass über viele "Wehwehchen" von Seiten der Spieler oder auch Klubs kaum bis gar nicht gesprochen wird. In dieser Kolumne möchte ich euch einen kleinen Einblick in den Alltag eines NFL-Profis geben, wie er generell mit Verletzungen umgeht und welche Erfahrungen auch ich während meiner aktiven Karriere damit gemacht habe.

Vor allem was die Prävention betrifft, spielt die Offseason eine enorm große Rolle. In dieser Zeit versuchen alle, ihren Körper auf die Belastungen der Saison vorzubereiten. Denn du musst konditionell und auch muskulär topfit sein, um den Anforderungen der NFL gerecht zu werden. Es geht darum, zum Start der Saison fitter zu sein als dein Gegenspieler. Denn wenn du schnell müde und unkonzentriert wirst, bist du verletzungsanfälliger. Du kannst einfach nicht klar denken, wenn du einen Puls von 200 hast. Dann wirst du in deinen Bewegungen langsamer, die Technik stimmt nicht mehr zu einhundert Prozent, du machst Fehler und die können am Ende zu schwerwiegenden Verletzungen führen. Und genau dieses Risiko gilt es zu minimieren.

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Wenn dir während eines Spiels von hinten jemand in Bein fällt und es bricht, kannst du natürlich nichts machen. Das ist dann einfach Pech. Überhaupt sind es generell die schwerwiegenden, körperlichen Verletzungen – Knochenbrüche oder Kreuz- und Achillessehnenrisse – die dich davon abhalten, auf den Rasen zu gehen. Wenn überhaupt. Denn: So lange du noch stehen kannst, wird gespielt. Ich kann mich als ehemaliger O-Liner noch sehr gut daran erinnern, dass wir uns bereits im Trainingslager vor der Saison nicht selten sämtliche Finger verrenkt oder ausgekugelt haben. Die wurden dann schnell wieder gerichtet und weiter ging es. Du bist wie ein Fahrzeug, das immer wieder repariert und zurück auf die Straße geschickt wird. Nur: Diese Verletzungen heilen fast nie richtig aus. Denn es wird ja trotzdem jeden Tag weiter trainiert. Der Körper hat überhaupt keine Zeit zur Regeneration. Natürlich sind das große Schmerzen – aber man kann dennoch spielen.

Es würde aus meiner Erfahrung auch nie vorkommen, dass ein NFL-Spieler wegen eines ausgekugelten oder sogar gebrochenen Fingers zum Head Coach geht, um ihm zu sagen, dass er nicht spielen kann. Denn das sind alles Vollprofis, die für ihren Job richtig gut bezahlt werden – und bei manchen geht es ja vielleicht auch um Anschlussverträge. Und wenn dann die Vereinsverantwortlichen den Eindruck haben, dass der Spieler wegen jedem "Wehwehchen" aussetzen will oder muss, dann werden sie es sich drei Mal überlegen, ihn mit einem neuen Vertrag auszustatten.

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Ich kenne persönlich auch keinen NFL-Spieler, der nicht wenigstens einmal in seiner Karriere operiert wurde. Bei mir waren es am Ende sogar gleich mehrere OP's. Zumeist wird aber versucht, diese Eingriffe in die Offseason zu verlegen – wenn das denn möglich ist. Kommt immer auf die Verletzung an. Und somit wird über diese Operationen und Verletzungen auch wieder nicht so offen gesprochen – bekommt ja gerade in dieser Zeit auch keiner mit. Ich hatte mir vor unserem Super-Bowl-Sieg gegen die Seattle Seahawks damals beispielsweise Sehnen in zwei Fingern der gleichen Hand gerissen. Die sind dann nur noch so rumgeflattert. Also haben die Physiotherapeuten der New England Patriots die beiden Finger an die anderen drei getaped und schon konnte ich spielen. Das ist aber wirklich keine Seltenheit. Solche Beispiele gibt es tausende in der NFL.

Auch bei einem grippalen Infekt oder einer Magen-Darm-Grippe steht es eigentlich gar nicht zur Debatte, nicht zu spielen. Da kommt der Coach und fragt, ob du bereit bist – und du sagst natürlich ja. Eine Ausnahme könnte nur sein, wenn du als Spieler ansteckend bist. Dann darfst du vielleicht mal ein, zwei Tage nicht in den Locker Room. Aber dann geht es eben wieder voll weiter. Ich kann mich noch an eine Situation erinnern, als ein Teamkollege von den Patriots noch zwei Stunden vor dem Spiel mit Durchfall und Erbrechen zu kämpfen hatte, dann aber mit Infusionen aufgepäppelt wurde und am Ende auch spielen konnte. In der NFL ist es einfach so: Als Spieler willst du immer spielen. Und das unter allen Umständen.

Wenn man dann aber doch mal schwerer verletzt ist, wird man nach einer eventuellen Operation täglich im Trainingszentrum des Klubs behandelt – und zwar von morgens bis abends, zum Teil acht Stunden lang. Da durchläuft man tagtäglich diverse Physios, die dann alle individuell ein anderes Programm mit dir machen. Das Ziel ist klar: So schnell wie möglich wieder fit werden. Denn irgendwann bekommt man als Spieler vielleicht auch mal Panik, seinen Job zu verlieren. Mit einer Operation in der Offseason verliert man beispielsweise unheimlich viel Zeit. Die anderen sind dir dann zum Teil zwei, drei Monate in der Vorbereitung voraus. Das macht sich unter Umständen dann auch zu Beginn der Regular Season bemerkbar. Und da spielt dann sicherlich auch Talent eine Rolle. Wie geht man mit dieser Situation um, kann man trotz allem gute Leistungen abrufen? In vielen Fällen ist das der Fall, in anderen wieder nicht. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Die NFL ist und bleibt ein hartes Geschäft.

Jetzt wünsche ich euch und euren Familien ein fröhliches und besinnliches Weihnachtsfest – und natürlich viel Spaß bei den ranNFL-Livespielen zum Fest ab 18:30 Uhr live auf ProSieben MAXX und ran.de!

Wir lesen uns schon bald wieder!

Bis dann,
Euer Sebastian

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