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Bochum will zurück in die Bundesliga

VfL Bochum und die "Unabsteigbaren": Die Sehnsucht nach der Bundesliga

  • Aktualisiert: 11.12.2020
  • 11:55 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
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© 2020 Getty Images

Sie waren die "Unabsteigbaren", galten als Stammgast in der Bundesliga, doch seit nunmehr zehn Jahren hängt die Mannschaft des VfL Bochum 1848 in der Zweiten Bundesliga fest. Doch der Traum von der deutschen Beletage lebt. Diese Saison mehr denn je. Auch dank Trainer Thomas Reis.

München/Bochum - Mönchengladbach. Borussia-Park. 19. Mai 2011. Relegation. Es läuft die Nachspielzeit. Noch ein Einwurf. Die letzte Aktion.

Was dann innerhalb nur weniger Sekunden passiert, muss einem Fan des VfL Bochum 1848 auch heute noch vorkommen wie ein nicht enden wollender Albtraum: ein langer Einwurf von der rechten Seite, dann versuchen Mike Hanke und Juan Arango den damaligen Bochum-Keeper Andreas Luthe zu überwinden, der pariert zwei Mal überragend, muss sich dann aber am Ende doch noch dem Nachschuss von Igor De Camargo geschlagen geben.

1:0 für Gladbach. Der Borussia-Park bebt, bei den Bochumern ist in genau diesem Augenblick im tiefsten Innern alles zusammengebrochen. Ein riesiger Fight, am Ende null Ertrag.

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VfL Bochum: Die "Unabsteigbaren" waren einmal

Der Rest der Geschichte ist bekannt. Im Rückspiel im Bochumer Ruhrstadion sicherte sich Gladbach dank einer Einzelaktion von Marco Reus mit einem 1:1 den Klassenerhalt, der VfL musste in der Zweiten Liga bleiben, der direkte Wiederaufstieg wurde hauchdünn verpasst. Zum ersten Mal in der Geschichte des Vereins.

Die "Unabsteigbaren" waren einmal - so ist das bis heute. Jetzt sind sie eher die "Unaufsteigbaren". 

Während Gladbach in den vergangenen Jahren Champions League spielte - jetzt sogar erstmals ins Achtelfinale eingezogen, kämpfte der VfL in der Zweiten Liga zeitweise ums sportliche Überleben. Bochum spielt aktuell sein elftes Jahr in der zweithöchsten deutschen Spielklasse, die Beletage war in all den Jahren gefühlt Lichtjahre entfernt.

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VfL Bochum: Die Sehnsucht tief im Westen ist groß

Egal ob Friedhelm Funkel, Andreas Bergmann, Peter Neururer, Gertjan Verbeek oder Robin Dutt - keiner dieser Trainer schaffte es, den Traditionsverein von der Castroper Straße wieder dahin zu führen, wo er dem eigenen Selbstverständnis nach eigentlich hingehört. Die Sehnsucht ist groß, tief im Westen.

Doch es gibt Hoffnung. Und die heißt Thomas Reis. Der 47 Jahre alte Ex-Profi übernahm die Bochumer im September 2019 auf dem vorletzten Tabellenplatz von seinem Vorgänger Robin Dutt und führte sie als neuer Chefcoach am Ende der Saison 2019/2020 auf Rang acht und somit zum sicheren Klassenerhalt.

Reis kennt den VfL wie seine Westentasche, war von 1995 bis 2003 Spieler und zwischen 2011 und 2016 auf unterschiedlichsten Trainerpositionen - egal ob bei den Frauen, den Junioren oder als Co-Trainer der Profis - "anne Castroper" tätig. Nach drei Jahren als U19-Coach beim VfL Wolfsburg holte ihn Bochums Geschäftsführer/Sport Sebastian Schindzielorz wieder "nach Hause" ins Ruhrgebiet.

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"Trage Bochum im Herzen"

"Ich darf bei meiner ersten Station als Profitrainer bei einem Traditionsverein arbeiten, den ich sehr gut kenne, im Herzen trage und auch in Wolfsburg nie aus den Augen verloren habe. Das ist doch überragend", sagt Reis im Gespräch mit ran.de.

Doch aller Anfang in Bochum war schwer. "Das war damals keine Mannschaft", erinnert sich der VfL-Chefcoach an seine ersten Tage. "Wir hatten sehr viele unterschiedliche Charaktere dabei, das war nicht einfach zu handhaben."

Doch Reis schaffte es, aus dieser schwierigen Truppe eine Einheit zu formen. "Es muss ja nicht jeder Spieler mit seinem Kollegen einen Kaffee trinken gehen, aber ich erwarte einfach, dass man sich der gemeinsamen Sache unterordnet und sein Ego zugunsten aller zurückstellt", erklärt der 47-Jährige. "Ich möchte immer einen gewissen Teamgeist heraufbeschwören, mir ist einfach wichtig, dass die Mannschaft als Ganzes funktioniert."

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Bochum seit dem Re-Start auf dem Vormarsch

Reis' Worte scheinen gesessen zu haben. Denn vor allem seit dem Re-Start der Bundesliga und Zweiten Liga nach der Corona-bedingten Zwangspause im Sommer dieses Jahres spielen die Bochumer einen richtig guten, vor allem aber erfolgreichen Fußball. In dieser Spielzeit rangiert der VfL nach zehn Spieltagen mit 17 Punkten auf dem dritten Tabellenplatz. 

Dabei sorgten nicht zuletzt ein 3:1-Auswärtssieg beim Hamburger SV und ein 5:0-Heimerfolg gegen Fortuna Düsseldorf für mächtig Furore. "Der Verein findet in der öffentlichen Wahrnehmung endlich wieder statt. Das hat sich die Mannschaft absolut verdient", sagt Reis und schiebt nach: "Und die Bochum-Fans können erhobenen Hauptes und voller Stolz durch die Stadt laufen. Das war in der Vergangenheit ja auch nicht immer der Fall."

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"Dass Träume entstehen, kann ich nicht verhindern"

Werden genau diese Fans in dieser Saison also auch endlich erlöst? Klappt es im elften Anlauf mit dem Aufstieg in die Bundesliga? "Dass aufgrund der aktuellen Situation Träume entstehen, kann ich nicht verhindern. Unsere Aufgabe ist es, die Leute so lange wie möglich träumen zu lassen", erklärt Reis.

"Wir glauben daran, dass wir mit dieser Mannschaft die Möglichkeit haben, sehr lange oben mit dabei zu bleiben. Was dann passiert, wird man sehen." Denn: Es sei nach wie vor ein Team mit immer noch sehr unterschiedlichen Charakteren im Kader. "Dennoch macht es mir großen Spaß, genau mit diesen Jungs zu arbeiten." Und das bislang ja auch mit Erfolg.

Reis kennt die Sehnsüchte der Bochum-Anhänger natürlich auch, weiß um die hohen Ansprüche. "Ich bin hier ja selbst zu Bundesliga-Zeiten zu den Klängen von Herbert Grönemeyer ins pickepacke volle Stadion eingelaufen, habe die geile Atmosphäre der Bochum-Fans miterlebt. Das ist schon etwas Besonderes. Deswegen wollen wir, was mich als Cheftrainer natürlich mit einschließt, mit dem VfL etwas aufbauen. Ich glaube an mich, meine Arbeit und natürlich auch an unsere Mannschaft. Wir vertrauen dem Team", meint der Bochum-Coach.

"Die Jungs setzen aktuell auch vieles überragend um, wir sind sehr schwer zu bespielen, attackieren den Gegner früh und setzen ihn so unter Druck. Außerdem stecken wir auch Rückschläge besser weg als noch in der vergangenen Saison, haben die Überzeugung, ein Spiel auch mal drehen zu können. Diese Gier, die das Team seit Wochen zeigt, macht mir unheimlich Mut für die kommenden Monate."

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Führungsspieler haben ihre Rolle gefunden

Zumal auch die Führungsspieler wie Keeper Manuel Riemann, Anthony Losilla, Robert Tesche oder Simon Zoller ihre Rolle innerhalb der Mannschaft gefunden haben.

"Sie mussten verstehen, dass sie nicht nur Führungsspieler sind, wenn sie auf dem Platz stehen, sondern noch viel mehr, wenn sie mal nicht aufgestellt werden und auf der Bank sitzen. Dann erwarte ich von solchen, erfahrenen Jungs erst recht, dass sie die Jungs auf dem Rasen mit aller Macht unterstützen. Und genau das haben sie verstanden und sehr gut angenommen."

Und Reis ergänzt: "Als Trainer gewinnst du kein Spiel allein. Du brauchst Unterstützung aus der Mannschaft - und die versuche ich mir zu holen, indem ich die Jungs in meine tägliche Arbeit integriere, sie nach ihrer Meinung befrage." Ein Erfolgsrezept, das in Bochum scheinbar wunderbar aufgeht.

"Wenn wir von Verletzungen und hoffentlich auch Corona-Fällen, die man ja leider nie ausschließen kann, größtenteils verschont bleiben, bin ich für die kommenden Wochen und Monate wahrlich guter Dinge. Wir müssen einfach nur die Gier beibehalten", gibt Reis den Weg vor.

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Die Hoffnung auf Bayern und den BVB

Wer weiß, vielleicht dürfen sie im Vonovia Ruhrstadion ab der Saison 2021/2022 dann ja wirklich wieder den FC Bayern und Borussia Dortmund und nicht "nur" den SV Sandhausen oder die Würzburger Kickers empfangen.

Bochum wäre es recht. Denn, wie heißt es bei Grönemeyer so schön - egal, wer da auch kommen mag: "Machst mit 'nem Doppelpass, jeden Gegner nass, Du und Dein VfL."

Dominik Hechler

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