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Babbel exklusiv

Bundesliga-Restart - Markus Babbel exklusiv: Bayern-Jäger? "Leipzig hat das Potenzial und die nötige Gier"

  • Aktualisiert: 19.01.2023
  • 12:16 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
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Die Bundesliga ist zurück und steht wieder in den Startlöchern. Zum Auftakt gibt es gleich einen Kracher: RB Leipzig empfängt den FC Bayern München (Freitag ab 19 Uhr live in Sat.1 und im Stream). Vor dem Restart der deutschen Eliteliga gab Markus Babbel ran exklusiv seine Einschätzung.

Von Dominik Hechler

Es geht wieder los. Nach zehnwöchiger WM-Pause startet die Bundesliga in die zweite Saisonhälfte. Im exklusiven Interview mit ran spricht der ehemalige Bayern-Profi und Europameister von 1996, Markus Babbel, unter anderem über die Auftaktpartie zwischen RB Leipzig und dem FC Bayern, die Torwartsituation beim deutschen Rekordmeister, die Lage bei Borussia Dortmund, die Situation von Youssoufa Moukoko und warum Rudi Völler beim DFB jetzt der richtige Mann am richtigen Ort wäre.

ran: Markus Babbel, nach rund zehn Wochen WM-Pause startet die Bundesliga mit der Partie RB Leipzig gegen den FC Bayern (Freitag ab 19 Uhr live in Sat.1 und im Stream) endlich in die zweite Saisonhälfte. Was sind Ihre Erwartungen an den Re-Start und auf was freuen Sie sich in der Liga am meisten?

Markus Babbel: "Ich freue mich vor allem darauf, dass es endlich wieder los geht. Denn ich finde das Produkt Bundesliga sensationell – und dann startet die zweite Saisonhälfte auch noch gleich mit so einem Kracher. Wenn die Leipziger nochmal angreifen wollen, dürfen sie dieses Spiel zumindest mal nicht verlieren. Am allermeisten freue ich bei der Partie RB Leipzig gegen den FC Bayern aber darüber, dass Max Eberl wieder da ist. Es freut mich, dass er seine Krankheit überwunden hat und wieder voll bei Kräften ist. Er ist ein herausragender Manager, der der Bundesliga einfach guttut."

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Babbel: "Das Problem muss Bayern in den Griff bekommen"

ran: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation beim FC Bayern ein? Die Vorbereitung verlief vor allem mit dem 4:4 im letzten Test gegen RB Salzburg eher durchwachsen, die deutschen Nationalspieler dürften nach dem WM-Aus der DFB-Elf in der Gruppenphase in Katar noch ein wenig "WM-Blues" haben und dann war da ja noch die Torwart-Suche nach der Ski-Verletzung von Manuel Neuer…

Babbel: "Ich glaube, dass sie trotz allem sehr entspannt sind. Denn sie wissen einfach, was sie können und dass sie eine brutale Qualität im Kader haben. Zumal Testspiele sowieso mit Vorsicht zu genießen sind. Allerdings hat es mich schon gewundert, dass sie in der Vorbereitung nur eine Partie absolviert haben. Aber offensichtlich wollten sie sich voll und ganz aufs Training fokussieren. Dennoch hat Julian Nagelsmann nun wieder einen Punkt, an den er anknüpfen kann – denn die Bayern bekommen einfach zu viele Gegentore.

Selbst wenn ich nach einem Trainingslager dicke Beine habe, muss ich in einem Testspiel dann halt wenigstens mal 0:0 spielen. Ganz ohne Glanz und Gloria. Gegen Salzburg haben sie aber auch wieder vier Stück gefangen. Dieses Problem müssen sie in den Griff bekommen, wenn sie ihre ganz großen Ziele erreichen wollen. Denn du wirst die Champions League nur dann gewinnen, wenn du als gesamte Mannschaft gut verteidigst. Da sind alle gefragt, deutlich mehr Galligkeit an den Tag zu legen, das eigene Tor besser zu verteidigen – sonst wird der Keeper hinten einfach zu oft im Stich gelassen."

ran: Es soll intern beim FC Bayern ja sogar Zweifel darüber geben, ob Neuer überhaupt nochmal richtig und im Vollbesitz seiner Kräfte zurückkommen wird. Wie sehen Sie seine Situation?

Babbel: Das ist für mich von außen nur sehr schwer zu beurteilen. Ich habe nur gehört, dass es eine schwere Verletzung sein soll, die einige Zeit brauchen wird, um wieder voll und ganz zu verheilen. Wann das sein wird, weiß ich natürlich nicht. Das kann zur neuen Saison sein, aber vielleicht auch später. Aber wenn ich es jemandem zutraue, wieder zurückzukommen, dann Manuel Neuer. Er hat mit seinem Torwartspiel national und international ein ganzes Jahrzehnt geprägt, ist auf seiner Position immer noch der beste der Welt und nach wie vor extrem ehrgeizig. Dennoch können die Bayern jetzt kein Risiko eingehen. Jedenfalls nicht bei all den Zielen, die sie verfolgen. Somit hat Neuer den Verantwortlichen im vergangenen Dezember schon einiges an Kopfzerbrechen unter den Weihnachtsbaum gelegt.

Neuer Babbel
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Babbel exklusiv: "Bayern können kein Risiko eingehen"

Der FC Bayern löst sein "Neuer-Problem" mit dem Schweizer Nationalkeeper Yann Sommer. Für Markus Babbel ist das „ein logischer Transfer“, wie er im ran-Gespräch erklärt. Und die Gladbacher haben einen adäquaten Nachfolger gefunden, glaubt der frühere Bundesliga-Trainer.

  • 20.01.2023
  • 12:46 Uhr

ran: Inwiefern ist Yann Sommer in Ihren Augen der richtige Ersatz für Neuer?

Babbel: "Es ist ein logischer Transfer. Denn welcher Verein gibt im Januar schon gerne seine Nummer eins ab? Alle Vereine, die einen Keeper längerfristig unter Vertrag haben, lachen sich kaputt und sagen: Ja gut, wenn du ihn haben willst, musst du halt 50, 60 Millionen Euro bezahlen. Denn sie wussten ja alle, dass der FC Bayern in Not war. Und Yann Sommer war eben derjenige, dessen Vertrag am Ende dieser Saison ausgelaufen wäre. Über Sommers Qualitäten brauchen wir nicht diskutieren. Er hat oft genug bewiesen, dass er ein herausragender Keeper ist."

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Müllers Rolle angezählt: "Ist doch ganz normal"

ran: Die Verhandlungen mit Gladbach in der "Causa Sommer" waren hart und zäh – weil die Borussia erst einen Nachfolger für den Schweizer finden wollte. Mit Jonas Omlin von Montpellier haben sie diesen gefunden. Sie haben als Cheftrainer beim FC Luzern einige Jahre mit ihm zusammengearbeitet, Omlin war Ihr Keeper. Was ist er für ein Torwart und inwiefern passt er nach Gladbach?

Babbel: "Als ich Jonas Omlin beim FC Luzern trainiert habe, war er noch blutjung und ich habe ihm aufgrund seines großen Talents und Fleißes ermöglicht, bei den Profis als Nummer eins im Tor zu stehen. Er war für mich ein großartiges Talent, dem ich schnell das Vertrauen geschenkt habe. Luzern hat immer davon gelebt, solche jungen Spieler aufzubauen, größer zu machen und dann zu verkaufen. Das hat damals auch beim Jonas gut funktioniert, er ist von Luzern zum FC Basel gewechselt und vor dort aus dann nach Frankreich. Und das zeigt ja, dass der Junge definitiv Qualität hat. Der FC Basel ist der FC Bayern der Schweiz, die nehmen ja keinen Keeper, der nichts kann. Im Gegenteil. Omlin ist ein Torhüter, der eine extreme Sprungkraft hat und sehr reaktionsschnell ist. Fußballerisch ist er nicht ganz so stark wie Sommer. Natürlich kann auch Jonas kicken, aber das Fußballerische war und ist ja schon eine von Sommers großen Stärken. Jonas ist eher ein ruhiger Typ, aber ein totaler Vollprofi, der aus meiner Sicht wie die Faust aufs Auge nach Gladbach passt. Mit diesem Transfer haben die Gladbacher auf dieser Position jetzt für einige Jahre definitiv Ruhe.

ran: Wie sehen Sie die Rolle von Thomas Müller beim FC Bayern? Der alte Spruch "Müller spielt immer" scheint sich ja überholt zu haben…

Babbel: "Das ist doch ganz normal. Müller ist keine 25 mehr, sondern auch schon ein wenig in die Jahre gekommen. Und wenn man sich die Offensive des FC Bayern so anschaut, dann herrscht da eben ein brutaler Konkurrenzkampf. Dem muss er sich stellen. Nichtsdestotrotz ist ein Thomas Müller für die Münchner ein unfassbar wichtiger Spieler – ob er auf dem Platz steht oder nicht. So war und ist es ja auch in der deutschen Nationalmannschaft. Er nimmt einfach alle mit und ist nicht beleidigt, wenn er mal nicht spielt. Man muss ihn eben nur mit Respekt behandeln. Und genau das macht Julian Nagelsmann. Bei Niko Kovac war das mal anders, dann kann auch ein Müller mal blöd werden. Verständlicherweise, weil so ein verdienter Spieler eben entsprechenden Respekt verdient. Denn er ist und bleibt ein herausragender Kicker – ob er nun von Anfang an spielt oder nicht – und eine genauso prägende Persönlichkeit für den FC Bayern. So einen brauchst du immer. Er ist ein totaler Vollprofi, der da ist, wenn du ihn brauchst. Deswegen sehe ich seine Situation gar nicht so dramatisch."

ran: RB Leipzig hat vor der WM-Pause mächtig aufgedreht und rangiert aktuell mit sechs Punkten Rückstand hinter dem FC Bayern auf Platz drei. Inwiefern können die "Roten Bullen" dem deutschen Rekordmeister in dieser Saison noch gefährlich werden?

Babbel: "Für mich sind die Leipziger sogar die einzigen, die den Bayern wirklich gefährlich werden können. Sie haben das Potenzial und vor allem diese Gier. Also das, was mir bei so mach' anderem Verein abgeht. Leipzig will unbedingt etwas gewinnen. Diese Mentalität hat Oliver Mintzlaff wunderbar in diesen Verein gebracht. Im vergangenen Jahr haben sie ja bereits den DFB-Pokal gewonnen – doch solche Titel machen süchtig. Man will dann einfach immer mehr davon. Natürlich hat ihnen die Pause womöglich nicht unbedingt gutgetan, aber alles entscheidend war für mich bei Leipzig der Trainerwechsel von Domenico Tedesco zu Marco Rose. Er hat es geschafft, wieder eine Einheit zu formen. Da ist etwas zusammengewachsen. Nun ergänzt durch Max Eberl, mit dem sich Rose nicht nur gut versteht, sondern beide wissen aus ehemaligen, gemeinsamen Gladbach-Zeiten auch, wie der andere arbeitet. Ich glaube also schon, dass Leipzig den Bayern weh tun kann."

Babbel über Moukoko: "Ist für mich nicht nachvollziehbar"

ran: Und wie sehen Sie die Rolle von Borussia Dortmund?

Babbel: "Beim BVB wird es spannend. Denn sie haben einige Baustellen und auf mich wirkt in Dortmund vieles nicht wirklich harmonisch. Ich glaube auch, dass sie all diese Punkte erkannt haben, aber sie wissen noch nicht so recht, wie sie sie lösen sollen. So einfach ist das aber manchmal auch nicht – zum Beispiel Spieler aus gültigen Verträgen raus zu bekommen. Dann laufen bei der Borussia auch noch diverse Verträge aus, bei denen sie sich auch in der Zwickmühle befinden – wie beispielsweise bei Marco Reus oder Mats Hummels. Das sind herausragende Persönlichkeiten, zwei Gesichter dieses Vereins und absolute Leistungsträger dieser Mannschaft – wenn sie denn fit sind. Aber gerade Reus ist häufig verletzt. Und beide sind Top-Verdiener. Was machst du als Klub also jetzt mit solchen Personalien?

Mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck haben sie eigentlich zwei neue Innenverteidiger geholt, die in die Fußstapfen von Hummels treten sollten – aber wenn er fit ist, spielt am Ende eben doch Hummels. Weil er in Top-Form immer noch besser ist als die anderen beiden. Das ist eine extrem verzwickte Situation und ich bin gespannt, wie Edin Terzic diese lösen wird. Denn auch bei ihm ist Druck auf dem Kessel. Er ist gefühlt der 25. Trainer, der sich bei Borussia Dortmund versucht und es läuft wieder nicht – obwohl man sich klipp und klar auf ihn festgelegt hat. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass seine Vorgänger nicht alle schlecht waren. Dortmund hat irgendwie ein internes Problem, dass es keiner schafft, die Jungs zum Laufen zu bringen. Sie sind mir auch viel zu häufig verletzt. Irgendwas scheint mir da nicht zu stimmen. Denn das zieht sich in Dortmund ja schon seit Jahren so durch. Und aus diesem Grund bin ich mal gespannt, ob sie es in dieser Saison überhaupt in die Champions League kommen.

ran: In Dortmund kommt ja aktuell auch noch die Diskussion um die Zukunft von Youssoufa Moukoko hinzu…

Babbel: "Das ist auch sowas. In diesem Fall kann Dortmund natürlich nicht viel dafür, weil es vor allem von der Öffentlichkeit extrem aufgebauscht wird. Nichtsdestotrotz ist der Verein immer größer als der Spieler. Das muss auch ein Moukoko verstehen. Deswegen hat es mir auch sehr gut gefallen, dass Sebastian Kehl sich nun klar geäußert und positioniert hat, dass dem Spieler ein gutes, adäquates Angebot vorliegt und er sich nun bitte entscheiden soll. Moukoko sollte aus meiner Sicht froh sein, dass er in Dortmund Leute um sich herum hat, die so eine hohe Meinung von ihm haben, ihn weiter unterstützen und vor allem fördern wollen. Denn schlussendlich hat Moukoko in seiner sehr jungen Karriere noch nichts bewiesen.

Das zeigt auch so ein wenig die aktuelle Gesellschaft und unsere Generation – der Spieler hat ein Jahr lang eigentlich noch nichts bewiesen und darf trotzdem mit zur WM. Das sind Dinge, die für mich nur sehr schwer nachvollziehbar sind. Eine WM-Teilnahme muss man sich erarbeiten und verdienen. Aber bei den paar Spielen, die Moukoko für den BVB gemacht hat – und das auch nur, weil Anthony Modeste überhaupt nicht funktioniert – hat er für mich eben nicht durchweg überzeugt. Und wenn er mit dem Angebot der Dortmunder unzufrieden ist, muss er sein Glück eben woanders suchen. Ich verstehe die Dortmunder total, dass sie ihren Rahmen nicht sprengen wollen. Das ist ein 18-jähriger Bursche, der ohne Zweifel hochveranlagt ist und sicherlich vieles mitbringt – aber bewiesen hat er eben noch nichts. Er hat ein adäquates Angebot vorliegen – take it or leave it."

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ran: Welchem Team trauen Sie in der zweiten Saisonhälfte vielleicht eine überraschende, positive Entwicklung zu – und welcher Klub muss womöglich aufpassen, nicht doch noch in den Abstiegsstrudel zu geraten?

Babbel: "Wenn ich sehe, wer da in dieser Saison alles noch auf die europäischen Plätze will – das ist es, warum ich das Produkt Bundesliga so liebe. Aktuell stehen da noch Vereine wie der SC Freiburg oder Union Berlin, die wirklich niemand auf der Rechnung hatte. Aber die wollen da natürlich gerne bleiben. Jetzt will aber Eintracht Frankfurt auch noch da rein, Borussia Dortmund ebenfalls, der VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen auch – alles Mannschaften, die eigentlich viel mehr Möglichkeiten und deutlich bessere Voraussetzungen haben, als beispielsweise Union oder Freiburg.

Unten in der Tabelle wird es auch spannend werden. Für den 1. FC Köln war die Pause zum Beispiel Gold wert. Bei denen hatte man vor der WM das Gefühl, dass sie gar keinen Saft mehr in ihrem Körper hatten. Da erwarte ich jetzt also schon wieder diesen Steffen-Baumgart-Fußball, der uns alle immer so begeistert hat. Denn jetzt sind sie wieder frisch und können die nötigen Meter machen. Ich bin auch auf Hertha BSC und den VfB Stuttgart gespannt – denn da mache ich mir ernsthafte Sorgen. Bekommen diese Klubs noch die Kurve? Es heißt ja immer, dass die Qualität vorhanden sei – aber warum sind diese Vereine dann da hinten drin? Schalke ist auch so ein Sorgenkind. Da stellt sich die Frage, ob sie nochmal den Anschluss herstellen können oder ob es schon direkt nach der Hinrunde - also nach den kommenden zwei Spielen – keine Hoffnung mehr gibt.

Da könnte der VfL Bochum unter Umständen der lachende Dritte sein. Sie haben sich im Winter gut verstärkt, bewahren die Ruhe, arbeiten hart und fokussiert weiter und könnten sich so heimlich, still und leise vielleicht von den Abstiegsplätzen entfernen. Sie haben mir fußballerisch schon im vergangenen Jahr zum Teil richtig gut gefallen, haben aber entweder unglücklich verloren oder Böcke gebaut, die du dir in der Bundesliga nicht leisten darfst. Aber ich sehe die Bochumer trotzdem eher im Aufwind. Mainz und Hoffenheim schwirren aktuell auch noch so im Niemandsland der Tabelle herum. Da wird es auch interessant sein, in welche Richtung diese Klubs sich entwickeln. Alles spannende Fragen. Deswegen freue ich mich ja auch so, dass es endlich wieder losgeht.

ran: Wer wird am Ende Deutscher Meister?

Babbel: "Es werden am Ende wieder die Bayern sein. Aber ich würde mich schon freuen, wenn die Liga bis zum letzten Spieltag spannend bleiben würde."

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Babbel begeistert: "Freiburg macht das Weltklasse"

ran: Und wer steigt ab?

Babbel: "Die Bundesliga kann so verrückt sein, dass ich mich da nicht festlegen kann und will. Es wird ganz entscheidend sein, wie die ersten beiden Spieltage für die Klubs im Tabellenkeller ablaufen – dann kann man bei den Vereinen schon mal eine gewisse Richtung erkennen. Gewinnen sie? Können sie punkten? Oder gehen sie womöglich sang- und klanglos unter? Mit zwei Siegen können sich die einen vielleicht schon von da unten verabschieden und mit zwei Auftaktpleiten hängen die anderen auf einmal unten drin. Abstiegskampf ist Nervensache. Und da wird es spannend sein zu beobachten, wer diesbezüglich die beste Figur abgibt."

ran: Die Bundesliga steht immer wieder in der Kritik. Wie sehen Sie die Lage der Liga und was fehlt der deutschen Beletage vielleicht im Vergleich zu anderen europäischen Top-Ligen wie England, Spanien oder Frankreich?

Babbel: "Ich halte die Bundesliga für ein super Produkt. Natürlich ist es schon so, dass wir manchmal dazu neigen, uns das Niveau der Liga etwas schön zu reden. Ich schaue viel Fußball und da waren in der Vergangenheit schon einige Spiele dabei, da haben die Augen gebrannt. Aber es waren eben auch viele spannende, interessante und vor allem hochklassige Partien dabei - mit allem, was das Fußballherz begehrt. Die Spieler sind ja auch keine Roboter, die haben auch mal einen schlechten Tag. Ich finde somit insgesamt schon, dass wir uns mit der Bundesliga kleiner machen als wir sind. Wir dürfen uns nur nicht ausruhen, müssen weiterarbeiten und es unter anderem schaffen, wieder mehr deutsche Talente einzubauen. Da kommt mir in Deutschland aktuell zu wenig. Wenn, dann kicken die Talente in der Zweiten oder Dritten Liga, aber kaum in der Bundesliga. Da müssen wir zwingend dranbleiben. Denn es ist ja ein bekanntes Problem, dass wir es in Deutschland im Augenblick nicht wirklich schaffen, eigene Talente so zu entwickeln, dass sie in der Bundesliga auf höchstem Niveau bestehen können. Ihnen fehlt häufig die Mentalität und Robustheit. Auf der anderen Seite braucht es auch Trainer, die den Mut haben, die Jungs einfach mal reinzuschmeißen. Freiburg macht das aus meiner Sicht zum Beispiel Weltklasse. Dieser Arbeit gebührt großer Respekt.

ran: Das frühe WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft hat im ganzen Land für große Ernüchterung gesorgt. Inwiefern nehmen Sie in Deutschland einen gewissen Fußball-Verdruss wahr?

Babbel: "Das resultiert aus der totalen Entfremdung. Man hatte ja bis zuletzt das Gefühl, dass die deutsche Nationalmannschaft ein eigener Kosmos ist. Und damit kann sich der normale Hobbykicker oder Fußballfan eben nicht identifizieren. Warum ist ein Thomas Müller so eine Identifikationsfigur? Und warum war das Trikot von Niclas Füllkrug rund um die WM so ein Verkaufsschlager? Weil diese Jungs eine gewisse Frische, etwas Neues mitbringen – und das finden die Fans eben cool. Wir müssen generell wieder zurück zur Basis kommen. Mit welchen Aktionen auch immer. Eine Königslösung wird es nicht geben. Aber mir ging es doch häufig auch so, dass ich lieber mit Freunden etwas essen gegangen bin, als mir ein Länderspiel anzuschauen. Ich hatte einfach keinerlei Draht und Bezug mehr zu unserer Mannschaft. Sie müssen sich wieder deutlich nahbarer zeigen, dass man das Gefühl hat: ‚Wir' sind die Mannschaft, nicht ‚ihr' seid die Mannschaft. Das wird die Herkulesaufgabe für den Nachfolger von Oliver Bierhoff sein – vor allem im Hinblick auf die Heim-EM 2024..."

ran: …der Nachfolger von Oliver Bierhoff beim DFB soll ja angeblich Rudi Völler heißen. Wäre er aus Ihrer Sicht ein geeigneter Kandidat?

Babbel: "Es kommt darauf an, worauf man jetzt großen Wert legt. Wenn es um jemanden geht, der langfristig plant und in der Zukunft mögliche Visionen umsetzt, dann ist Rudi Völler sicherlich nicht der richtige Mann. Dafür ist er zu alt und wird darauf auch sicherlich keine Lust haben. Völler will die nächsten zehn Jahre nämlich sicherlich auch vor allem mit seiner Familie und seinen Freunden verbringen. Deswegen hat er ja bei Bayer Leverkusen aufgehört. Wenn man jetzt aber nur jemanden bis zur Heim-EM 2024 haben möchte, dann ist das eine andere Ausgangsposition. Völler ist als Spieler selbst Weltmeister gewesen, verkörpert als Mensch eine absolute Nahbarkeit, ist totaler Sympathieträger, kann aber auch mal dazwischenhauen, wenn ihm etwas nicht passt.

Ich glaube, dass er mit Hansi Flick und seinem Trainerteam hervorragend zusammenarbeiten würde, sich aber nicht zu schade wäre, auch mal den Finger in die Wunde zu legen. Völler würde in der Zeit bis zum Turnierstart in Deutschland eben alles abdecken und ins Positive umkehren, was viele zuletzt an der DFB-Elf gestört hat. Oliver Bierhoff ist das leider nicht gelungen. Dafür kann er persönlich aber gar nichts. Er hat sich zu einhundert Prozent mit seiner Aufgabe und dem DFB identifiziert, voll in seine Aufgabe reingehauen, aber er war und wurde nie 'Everybodys Darling'. Warum auch immer. Bierhoff ist auch Europameister geworden, hat uns mit seinem Golden Goal sogar zum Titel geschossen. Trotzdem haben die deutschen Fans ihn nie so richtig akzeptiert und ins Herz geschlossen. Dieses gewisse Gen hat er einfach nicht. Aber Völler hat es. Und jetzt kommt es halt vor allem darauf an, bis zur Heim-EM 2024 eine gute Stimmung zu kreieren. Es geht zunächst einmal nicht darum, tiefgreifende Einschnitte zu planen, wie der DFB in den nächsten 20, 30 Jahren aufgestellt sein muss. Da sind dann andere gefordert. In der aktuellen Situation geht es um ein Gesicht für die Öffentlichkeit, mit dem die Fans sich wieder richtig identifizieren können. Und das kann man zu einhundert Prozent mit Rudi Völler."

Das Interview führte: Dominik Hechler


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