Bundesliga
Bundesliga will EM-Konzept übernehmen - keine Rudelbildungen mehr?
- Veröffentlicht: 12.07.2024
- 12:20 Uhr
- AFP/SID
Die Bundesliga könnte von der EM im Schiedsrichterwesen einige Punkte übernehmen. Während die Einführung der Meckerregel beschlossene Sache scheint, bleiben weitere Fragen offen.
Die Motzköpfe werden nun auch in der Bundesliga ruhiggestellt, Meckern ist im deutschen Profifußball künftig reine Chefsache: Das Erfolgsmodell der Europameisterschaft hat offenbar auch die Regelhüter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) überzeugt. Demnach dürfen künftig von der Bundesliga bis zur Regionalliga wohl nur noch die Mannschaftskapitäne mit den Schiedsrichtern diskutieren.
Der Entschluss ist offenbar bereits bei einer DFB-Sitzung gefällt worden, berichtet die Bild-Zeitung. Teilnehmer waren demzufolge unter anderem der für die Referees zuständige Vizepräsident Ronny Zimmermann sowie der neue Schiedsrichter-Chef Knut Kircher. Der DFB trat erstmal noch auf die Bremse. Die zuständigen Gremien von DFB und Deutscher Fußball Liga (DFL) befänden sich "derzeit noch in einem Abstimmungsprozess, um die gesamte Fußballfamilie mitzunehmen", teilte der Verband mit.
Es werde "Anfang kommender Woche - und damit nach dem EM-Finale" eine offizielle Erklärung hierzu geben, hieß es auf SID-Anfrage. Aus der Liga wagten sich zuletzt erste Befürworter aus der Deckung. "Im Umgang mit dem Schiedsrichter ist es vom Respekt her eine gute Sache", sagte Eintracht Frankfurts Trainer Dino Toppmöller: "Ich glaube auch, dass sich die Netto-Spielzeit dadurch erhöht. Ich finde es grundsätzlich sehr positiv."
Bei der EM konnte die Regelung bemerkenswert reibungsfrei umgesetzt werden, sie verhinderte Rudelbildungen in hitzigen Phasen. Meckerversuche von Spielern ohne Kapitänsbinde wurden streng mit einer Gelben Karte geahndet. Der frühere Top-Schiedsrichter Manuel Gräfe sprach für die Neuerung ein "großes Lob" aus, der Schweizer Urs Meier findet sie schlicht "genial".
Das Wichtigste in Kürze
Die Europäische Fußball-Union (UEFA) verkündete zuletzt bereits die Ausweitung der Vorgabe auf die Europapokal-Wettbewerbe. Es sei ein "unbestreitbarer Fortschritt für das Image des Fußballs" entstanden. Die Regel habe die Kommunikation über Schiedsrichterentscheidungen verbessert und das gegenseitige Vertrauen gefördert, argumentierte der Dachverband.
Fraglich mit Blick auf den deutschen Fußball scheint dagegen die Umrüstung auf die halbautomatische Abseitstechnologie samt Chip im Ball. Trotz der fast schon philosophischen Debatten rund um das Achtelfinale der deutschen Mannschaft gegen Dänemark - die halbautomatische Abseitstechnologie sorgt für Eindeutigkeit. Das früher gepredigte "im Zweifel für den Angreifer" gibt es nicht mehr.
Zwölf unter dem Stadiondach montierte Kameras kommen zum Einsatz, die den Ball sowie bis zu 29 Datenpunkte jedes Spielers 50 Mal pro Sekunde erfassen und so deren genaue Position auf dem Spielfeld berechnen. Dazu übermittelt der im Ball eingebaute Chip 500 Mal pro Sekunde Balldaten an den Video-Kontrollraum, lässt das "EKG" bei noch so kleinen Kontakten ausschlagen. Dadurch lässt sich bei Abseitssituationen der Moment der Ballabgabe genau erkennen, auch strittige Handspiele sind leichter zu identifizieren.
In England wurde bereits beschlossen, dass die Technik im kommenden Herbst eingeführt wird. Für die Bundesliga halten sich die Verantwortlichen bedeckt, alles ist eben auch eine Kostenfrage. Zudem sind patentrechtliche Fragen zu klären, weil der Chip bislang in Adidas-Bällen zum Einsatz kommt, in der Bundesliga jedoch mit Derbystar gespielt wird. Es bleibt also spannend, was sich letztlich (noch) alles von der EM abgeschaut wird.