Viel bewegt, ein Dämpfer
FC Bayern München: Bilanz von Julian Nagelsmann nach 100 Tagen als Bayern-Trainer
- Aktualisiert: 04.10.2021
- 18:35 Uhr
- ran.de
Nach 100 Tagen ist es in der Politik üblich, eine erste Bilanz zu ziehen. ran überträgt das auf die Bundesliga und schaut sich an, was Julian Nagelsmann beim FC Bayern bereits bewegt hat.
München – Am Sonntag zeichnete sich erstmals nachhaltig Frust auf dem Gesicht von Bayern-Trainer Julian Nagelsmann ab.
Später war er auch zu hören, als er über seine erste Pflichtspielniederlage als Chef der Münchner sagte: "Verdient oder nicht ist relativ scheißegal, am Ende haben wir verloren."
Das 1:2 gegen Eintracht Frankfurt konnte Nagelsmann nicht gefallen, zu überlegen hatten seine Spieler das Frankfurter Tor bestürmt, und trotzdem verloren. Viel Zeit zur Aufarbeitung hatte der Bayern-Trainer nicht, denn der Großteil seines Kaders verabschiedet sich erst einmal auf Länderspielreise.
Julian Nagelsmann: Coach ohne Mannschaft
Nagelsmann wird am Samstag also ein Coach ohne Mannschaft sein, wenn er seinen 100. Tag als Cheftrainer des FC Bayern begeht. Nach dieser Zeitspanne ist es in der Politik üblich, eine erste Bilanz zu ziehen. Es ist also vielleicht gar nicht so schlecht, wenn Nagelsmann etwas Ruhe hat, um in sich zu gehen.
Der letzte Eindruck ist oft der einprägsamste, doch das Frankfurt-Spiel sollte nicht der Maßstab sein bei der Bewertung seiner bisherigen Regentschaft an der Säbener Straße. Nicht umsonst lobte Vorstandschef Oliver Kahn jüngst, die Handschrift des neuen Trainers sei schon klar erkennbar.
Nagelsmann hat schon viel bewegt, vor allem in Anbetracht der schwierigen Vorbereitung, in die viele EM-Fahrer erst spät eintraten.
Doch Die Vorzeichen waren auch deshalb schwierig, weil die Stamm-Innenverteidigung aus der Vorsaison den Verein verließ: Der österreichische Dirigent David Alaba wanderte nach Madrid aus, den Routinier Jerome Boateng zog es nach Lyon.
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Geschmeidig operiert
Den Übergang hin zu einem Trio aus Niklas Süle/Dayot Upamecano/Lucas Hernandez moderierte Nagelsmann recht geschmeidig. Zwar ruckelt es an der ein oder anderen Stelle noch, aber die Gegentorflut nach Kontern unter Vorgänger Hansi Flick bremste Nagelsmann effektiv. Auch weil seine Innenverteidigung es nicht mehr so häufig mit Gegnern zu tun bekommt, die ungestört auf sie zurasen. Die gesamte Mannschaft unterbindet die Gegenangriffe besser – wenn auch nicht perfekt, wie auch das Spiel gegen Frankfurt gezeigt hat. Vier Tore weniger als in der Vorsaison haben die Münchner bislang kassiert.
Dass Süle regelmäßig und gleichzeitig an der Seite von Upamecano und Hernandez aufläuft, hatten vermutlich die wenigsten vor der Saison vermutet. Denn sein Stand unter Flick war nicht der beste. Unter Nagelsmann bearbeitete der Innenverteidiger zuletzt vermehrt die rechte Defensivseite. Dass hatte er punktuell auch schon unter Flick getan, doch die Form des Hünen ist unter dem neuen Trainer deutlich gestiegen. Die beiden kennen sich aus Hoffenheimer Zeiten, Süle scheint das Vertrauen des Coachs zu spüren, und zahlt es derzeit zurück.
Auch Leroy Sane wie verwandelt
Auch Leroy Sane spielt wie verwandelt. Der Linksfuß zeichnete sich vor allem durch seine Unstetigkeit aus in der vergangenen Spielzeit. Seit einigen Wochen ist er aber in einem Leistungshoch – auch, weil Nagelsmann in konsequent auf dem linken Flügel einsetzt. Unter Flick hatte Sane fast ausschließlich die Robben-Position auf der rechten Seite bekleidet. Nagelsmann hat Sanes Stärken mit dem Umzug wieder zum Vorschein gebracht. Elf Torbeteiligungen in elf Spielen stehen für den Dribblekünstler zu Buche. Schon zu seiner Zeit in Manchester City hatte Sane auf dieser Seite brilliert, war 2018 zum besten jungen Spieler der Premier League gewählt worden.
Bei beiden Spielern hat Nagelsmann Aufbauarbeit geleistet und konnte so neues Potenzial freilegen, oder verloren gegangenes ausgleichen. Doch der Trainer konnte sich vor allem in der Offensive auf ein Gerüst stützen, das auch dem stärksten Sturm standhält und das sein Vorgänger errichtet hatte.
Mangel: die Chancenverwertung
Immer wieder lobte Nagelsmann zuletzt die Gier seiner Mannschaft, einen Charakterzug, den vor allem Flick zum Vorschein gebracht hatte, indem er den Bayern einen unersättlichen Fußball beibrachte.
Einzig die Chancenverwertung kann noch bemängelt werden. Das zeigte das Spiel gegen Frankfurt, als von 20 Torschüssen nur einer auch ins Tor segelte. Bei der Verwertung von Großchancen sind die Münchner zurzeit Dritter, zum Abschluss der vergangenen Saison waren sie auch in dieser Kategorie Erster. Es gibt also auch noch Steigerungspotenzial. Die nächsten 100 Tage können kommen.
Tim Brack
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