Hoeneß-Urteil: Das schreibt die Presse
- Aktualisiert: 14.03.2014
- 11:14 Uhr
- ran.de
Es ist die Meldung der Woche: Uli Hoeneß wird vom Landgericht München für seine Steuervergehen zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der Präsident des FC Bayern München hat gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision eingelegt. Der "Fall Hoeneß" geht also vor den Bundesgerichtshof. Aber was sagt eigentlich die deutsche Presse zum Hoeneß-Urteil? ran.de hat einige Pressestimmen zusammengestellt.
Süddeutsche Zeitung: "Der Schuldspruch holt ihn (Hoeneß, die Red.) nun in eine vergitterte Realität. Das Urteil ist maßvoll hart, aber gerecht. Es wäre ungerecht gewesen, Uli Hoeneß aus Respekt vor seiner sonstigen Lebensleistung oder aus Mitleid, Gnade und Barmherzigkeit nur ‚auf Bewährung' zu verurteilen und ihm so die Schmach der Haft zu ersparen. Schmach ist eine Haftstrafe auch für andere, die nicht so prominent sind."
FAZ: "In München ist kein Sonderrecht gesprochen worden. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack: Zu viele Fragen sind nach dem Urteil noch offen. Warum war der vermögende Fußballmanager und Wurstfabrikant auf fremdes Startkapital für seine Schweizer Spekulationsgeschäfte angewiesen? Warum stammte dieses Geld von dem damaligen Adidas-Chef, mit dessen Unternehmen der FC Bayern eng verbunden war?
Warum kam Adidas bei der Verlängerung eines Ausrüstervertrags zum Zuge, obwohl ein Konkurrent ein höheres Gebot abgegeben haben soll? Strafrechtliche Vorwürfe, die sich mit solchen Fragen stellen, sind verjährt – aber um sich ein Bild von dem Angeklagten zu machen, hätte das Gericht einen Blick darauf werfen müssen."
Zeit: "Für Uli Hoeneß ist das Urteil indes eine Tragödie: Ein Mann, der in seinem Leben alles erreicht hat, was er erreichen konnte und wollte, hat alles verzockt. Obwohl er als Fußballer, Vereinsmanager und Wurstfabrikant üppig verdient hat und zu einem großen Vermögen gekommen ist, hat ihn eine schwer erklärliche Gier getrieben, durch Finanzspekulationen über Schwarzgeldkonten in der Schweiz noch viele Millionen mehr zu kassieren. Ob er dann einfach den Überblick verloren hat oder ob der den Fiskus bewusst betrügen wollte – darüber hat das Gericht nicht befunden."
Abendzeitung: "Nun ist das Unvorstellbare tatsächlich passiert. Uli Hoeneß, der große Sportler, der kluge Manager, die einstige moralische Instanz, bekommt eine Gefängnisstrafe. Doch selbst Hoeneß-Fans müssen zugeben: Das Urteil geht in Ordnung.
Es gibt – abseits der juristischen Bewertung – ja noch eine andere Dimension eines Gerichtsfalles: Ein Urteil muss den Menschen vermittelbar sein. Wäre Hoeneß straffrei geblieben – welcher Bürger würde in Zukunft dann seine Steuererklärung noch ernst nehmen?"
tz: "Der Hoeneß-Absturz: Deutschland verliert einen seiner größten Moralapostel, der in Wahrheit nur ein Scheinheiliger war. Und der FC Bayern verliert seinen Kopf und sein Herz. Hoeneß muss gehen, sofort – als Präsident und Aufsichtsratschef. Allein seine hemmungslose Zockerei disqualifiziert ihn als obersten Kontrolleur des Vereins. Dafür braucht es kein juristisches Urteil. Wenn er den Fans und Funktionären einen letzten Dienst erweisen will, dann muss er endlich loslassen. Bislang will ja keiner der Königsmörder sein. Sein Gesicht hat Hoeneß schon verloren, jetzt geht es nur noch um den letzten Funken Anstand. Game over, das Spiel ist aus! Es ist nicht zu fassen."
Spiegel: "Am Donnerstag hat das Landgericht München Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, auch wenn Hoeneß Revision einlegt: Die Verurteilung ist eine gesellschaftliche Zäsur, der Bayern-Präsident ist für ein Amt im Club bei rationaler Betrachtung nicht mehr tragbar. Wenn Hoeneß aber der FC Bayern wäre und umgekehrt - dann müsste auch der Verein jetzt in schwere Turbulenzen geraten.
Doch Uli Hoeneß ist nicht der FC Bayern, nicht dieser. Eigentlich gibt es nämlich zwei FC Bayern. In einem war Hoeneß mächtig, einflussreich, aktiv, in dem anderen war er nur noch da. Die Zäsur ist nicht der Tag des Urteils in seinem Steuerprozess, die Zäsur fällt in den April 2013: Damals wurden die Vorwürfe gegen Hoeneß bekannt."