Julian Brandt: Mit Härte und Konstanz zum Fixpunkt bei Borussia Dortmund

Julian Brandt trifft mit dem Rücken und tritt die Bremse

Obwohl Brandt aktuell alles zu gelingen scheint, trat er jüngst jedoch auf die Euphoriebremse. "Das ist jetzt eine sehr, sehr starke Momentaufnahme. Man kann sich das aber schnell auch wieder kaputt machen", ordnete der 26-Jährige nach dem 1:0 bei 1899 Hoffenheim die Situation ein.

In jenem Spiel hatte er den Ball per Rücken im Tor untergebracht. Wenn's läuft, dann läuft's halt.

"In der Bundesliga wenig talentiertere Spieler als Julian Brandt"

Brandt scheint derzeit in der Form seines Lebens zu spielen. Dass der Ball sein Freund ist, war schon in allen Jahren zuvor zu erkennen. "Sky"-Experte Didi Hamann greift keineswegs zu hoch, wenn er feststellt: "Es gibt in der Bundesliga wenig talentiertere Spieler als Julian Brandt."

Woran es dem gebürtigen Bremer jedoch in der Vergangenheit oft mangelte, war die Konstanz. Auf Weltklasse-Leistungen folgten fast immer unerklärliche Täler. Seine Darbietungen glichen auf längere Sicht häufig einer Achterbahnfahrt.

Oder wie Sportdirektor Sebastian Kehl es ausdrückt: "Dass Jule einfach ein fantastischer Fußballer ist, das wussten wir immer. Das hat er auch immer mal in Phasen gezeigt. Jetzt zeigt er es über einen langen Zeitraum." Offenbar hat es klick gemacht beim Ausnahmekönner.

Terzic lobt Brandt für "nötige Härte"

Noch im Sommer wurde Brandt als Verkaufskandidat des BVB gehandelt. Doch der Wind hat sich gedreht. Zuletzt berichtete die "Bild", der Verein wolle den bis 2024 laufenden Vertrag vorzeitig verlängern. Das könnte sich jedoch als ähnlich kompliziert erweisen wie die Bemühungen seiner Gegenspieler, den Filigrantechniker sauber vom Ball zu trennen.

Denn laut Bericht möchte Brandt noch seine Optionen abwägen und Tottenham Hotspur und der FC Arsenal sollen ebenfalls Interesse zeigen. Brandts Leistungsexplosion kommt genau zur richtigen Zeit. Am Ende wird er einen lukrativen Vertrag unterschreiben - ob in Dortmund oder im Ausland. Er verhandelt aus einer extrem starken Position.

Beim BVB werben sie aktuell kräftig um ihren Leistungsträger. "Jule hat sich in dieser Saison extrem entwickelt. Er ist einer unserer konstantesten Spieler. Er ist topfit und er ist immer einer der laufstärksten", lobte etwa Trainer Edin Terzic. Dabei hob er hervor: "Er bringt auch die nötige Härte in sein Spiel mit ein, da hat er einen Schritt nach vorne gemacht."

Denn genau diese Robustheit schien Brandt oftmals abzugehen. Vielleicht ist die neue Physis auch auf seinen veränderten Speiseplan zurückzuführen: Auf Gluten und Histamin verzichtet der 39-malige Nationalspieler mittlerweile komplett.

Brandt national und international ausgezeichnet

Schon bis zur WM, bei der er ohne Einsatz blieb, beeindruckte Brandt Fans wie Experten. Doch nach dem enttäuschenden Trip nach Katar hat er nochmal einen Satz gemacht.

Der Lohn: Von den Fans wurde er zum Bundesliga-Spieler des Monats Januar gewählt – die erste Auszeichnung dieser Art seit seinem Wechsel zum BVB – im Februar schaffte er es als einer von zwei Bundesliga-Akteuren neben Teamkollege Raphael Guerreiro in die Elf des Monats der "European Sports Media", einem Zusammenschluss renommierter europäischer Sportmagazine.

Rose lobt "unglaubliche Fähigkeiten und Qualitäten" von Brandt

Aber natürlich will Brandt mehr. Schon gegen Leipzig. Das 0:3 im Hinspiel nannte er im "ARD"-Interview "miserabel". Es war der Beginn einer Durststrecke mit nur vier Zählern aus fünf Ligaspielen.

Damals war Brandt jedoch noch lange nicht so dominant im BVB-Spiel. Eher einer unter vielen großen Namen. Sein Platz in der Startelf noch lange nicht manifestiert. Längst stellt sich nur noch die Frage, wen Terzic außer ihm noch für die Offensive nominiert. Brandt ist ein Fixpunkt unter vielen Stars.

Marco Rose zeigt sich davon wenig überrascht. Auf der Pressekonferenz betonte der RB-Coach: "Für mich war immer klar, dass Jule ein herausragender Fußballer ist, der unglaubliche Fähigkeiten und Qualitäten besitzt." In der vergangenen Saison durfte er das selbst als BVB-Trainer erleben, schon damals sei Brandt "ein wichtiger Faktor" gewesen.

Brandt tritt erwachsen und mit dem Charme eines Junggebliebenen auf

Dennoch wird er kaum bestreiten, dass der Brandt von damals nicht mit dem Brandt von heute zu vergleichen ist. "Ich bin extrem froh, dass ich das momentan erlebe. Ich habe das Gefühl, dass wir eine Beständigkeit reinkriegen und eine Selbstverständlichkeit", gibt der von allen Seiten Gelobte die Lorbeeren brav an die Teamkollegen weiter.

Seine Aussagen wirken extrem erwachsen. Dabei verzückt er auf dem Platz in vielen Situationen mit dem Charme eines Junggebliebenen.

Sein schelmisches Lächeln wirkt ansteckend. Es demonstriert auch: Da hat einer unglaublich viel Spaß an seinem Job. Und daran, endlich Woche für Woche zeigen zu können, was in ihm steckt.

Dabei wähnt sich Brandt in einer kontinuierlichen Entwicklung: "Es gab nicht den einen Tag, an dem ich aufgewacht bin und dachte: Jetzt habe ich einen Schritt nach vorne gemacht." Entsprechend sollte sein Erfolgsweg nachhaltiger sein.

Brandt geht auch in BVB-Kabine voran

Hamann beschreibt die Frohnatur als "gereiften Spieler. Ich würde mir wünschen, dass er durchstartet." Das nicken sicher nicht nur die BVB-Fans und -Verantwortlichen ab.

Auffällig: Auch in großen Spielen ragt Brandt in diesen Wochen heraus. Nach dem 1:0 gegen den FC Chelsea in der Champions League nannte Terzic seine Leistung "herausragend".

Wenige Tage zuvor, beim 2:0 bei Werder Bremen, unterstrich Brandt sein gewachsenes Standing bei der Borussia auf andere Weise. Wie Terzic später verriet, schwor die Nummer 19 die Mannschaft in der Kabine auf die Aufgabe ein: "Da hat man gemerkt, dass er vorneweg gehen will."

Ein Gesicht der BVB-Serientäter ist Brandt ohnehin schon. Das Feuer versprüht er aber eben nicht nur auf dem Rasen. Was ihn für das Team umso wertvoller macht.