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Max Kruse exklusiv: "WM-Feier? Bilder haben mich traurig gemacht"

  • Aktualisiert: 18.07.2014
  • 13:01 Uhr
  • ran.de / Andreas Kötter
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© Imago

Er war einer der besten deutschen Stürmer der vergangenen Saison, die WM aber fand ohne Max Kruse statt. Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht Kruse über seine Gefühle angesichts der Bilder von der WM-Feier in Berlin, über seinen Team-Kameraden Christoph Kramer und die Neuen im Kader von Borussia Mönchengladbach.

ran.de: Herr Kruse, Deutschland ist Weltmeister, aber Sie waren nicht dabei; haben die Bilder vom Finale und später von der Fan-Meile doch noch einmal geschmerzt?

Max Kruse: Natürlich ist meine Nichtnominierung noch einmal hoch gekommen, und diese Bilder haben mich ein wenig traurig gemacht. Wenn man so kurz davor war, zu der Mannschaft zu gehören, die den ersten Weltmeistertitel für Deutschland seit 24 Jahren erringen konnte, beschäftigt einen das schon etwas intensiver. Aber der Titel ist ja nicht völlig überraschend gekommen. Schon im Mai, nach der Nichtnominierung, war mir angesichts der großen Qualität im Kader bewusst, dass der Titel möglich ist. Ich hatte also genügend Zeit, mich damit abzufinden.

ran.de: In einem Interview vor dem Frankreich-Spiel hatten Sie die eher wechselhaften Leistungen der Löw-Elf bis zu diesem Zeitpunkt sehr sachlich analysiert; waren Sie später überrascht, wie sich das Team steigern konnte?

Kruse:Wie gesagt, über die Qualität der Mannschaft gab es schon zu diesem Zeitpunkt keine zwei Meinungen. Aber ich denke, dass sich im Verlauf der ersten zwei Wochen gerade die europäischen Mannschaften erst einmal akklimatisieren mussten. Der deutschen Elf ist das besonders schnell gelungen. Zudem glaube ich, dass es sehr, sehr wichtig war, dass Philipp Lahm nach dem Ausfall von Mustafi auf die rechte Außenverteidiger-Position zurückkehren musste. Ab diesem Zeitpunkt waren die Leistungen überragend, und Deutschland ist ohne Frage der verdiente Turniersieger.

ran.de: Bei Borussia ist Christoph Kramer einer Ihrer besten Kumpel; hatten Sie während des Turniers Kontakt?

Kruse: Ja. Wir standen während des gesamten Turniers regelmäßig in Kontakt. Chris war vom ersten Tag an von der Atmosphäre und der Stimmung fasziniert. Er hat zuvor erst ein einziges Jahr Bundesliga gespielt, durfte dann gleich mit zur WM und stand im Finale sogar in der Anfangself - das ist das Größte, das einem Fußballer widerfahren kann! Ich habe ihm immer wieder geraten, dass er diese Zeit aus vollen Zügen genießen soll. Und ich glaube, das hat er auch getan.

ran.de: Zumindest für Außenstehende sah die Szene, die zu Kramers Verletzung und Auswechslung führte, fürchterlich aus; wie haben Sie diesen Augenblick wahrgenommen?

Kruse: Ganz ehrlich, mir hat schon das bloße Zuschauen richtig weh getan. Wenn es nur irgendwie möglich gewesen wäre, hätte Chris sicherlich weiter gemacht. Aber ich glaube, schon die Fernsehbilder haben gezeigt, dass er zumindest für den Augenblick überhaupt nicht mehr richtig realisiert hat, was um ihn herum vor sich geht. So schwer es fällt, man muss dann einsehen, dass es keinen Sinn mehr macht. In diesem Zusammenhang muss man auch noch einmal Sami Khedira erwähnen. Wer vor einem WM-Finale eingesteht, dass er Probleme hat, und damit die Mannschaft über die eigenen Wünsche stellt, dem gebührt höchster Respekt. Das ist ganz großer Sport! Auch das zeigt, wie sehr das Team im Laufe dieser Wochen zusammengewachsen ist.

ran.de: Ein anderer Aufsteiger der vergangenen Saison ist André Hahn, der, ähnlich wie Sie im Vorjahr, nach einer tollen ersten Bundesliga-Saison zur Borussia gewechselt ist; vergleicht man da schon einmal, oder holt sich Hahn vielleicht sogar Rat bei Ihnen?

Kruse: Nein, da muss man sich keinen Rat holen. Bei uns läuft die Integration der neuen Spieler ganz harmonisch und ohne größeres Aufsehen ab. Ich verstehe mich schon gut mit André, und er hat sich genauso gut und genauso schnell ins Team eingefügt, wie die anderen Neuzugänge auch. Und nicht anders wird es bei den Spielern sein, die wegen der WM erst später ins Training einsteigen.

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ran.de: Sie waren in der vergangenen Saison einer der Top-Angreifer der Liga; machen Sie sich nun selbst Druck, um das zu bestätigen oder vielleicht sogar zu toppen?

Kruse: Ich selbst mache mir keinen Druck, der kommt schon früh genug von außen (lacht). Im vergangenen Sommer bin ich mit elf Treffern und acht Assists aus Freiburg zur Borussia gekommen, so dass auch damals die Erwartungen hoch waren. Ich denke, dass ich damit ganz gut zurechtgekommen bin. Nichtsdestotrotz bin ich ehrgeizig genug, die Leistungen der vergangenen zwei Jahre nun erneut bestätigen zu wollen. Schließlich bin ich im besten Fußballer-Alter, und es gibt längst noch keinen Grund zu sagen: "So, jetzt lässt du es mal etwas ruhiger angehen". Ob es am Saisonende dann zehn oder fünfzehn Treffer sind, wird man sehen. Wenn die Mannschaft wieder weit oben stehen sollte, bin ich sicher, dass ich dazu meinen Teil beigetragen haben werde.

ran.de: Hat man nach einem längeren Urlaub, der Sie auch nach Las Vegas geführt hat, schon zu Beginn des Trainings ein Gespür dafür, ob man besonders gut drauf ist?

Kruse: Man merkt zu Beginn schon, ob man die Einheiten körperlich gut übersteht, oder ob man sich zunächst am Limit bewegt. Aber letztlich spielt das zu diesem frühen Zeitpunkt keine entscheidende Rolle. Wichtig ist, dass wir alle in drei Wochen, zum Auftakt der drei Wettbewerbe, bei hundert Prozent sind.

ran.de: Wenn auch die WM-Teilnehmer noch fehlen - wie ist Ihr bisheriger Eindruck von der Mannschaft?

Kruse: Ich bin schon jetzt überzeugt, dass wir in der Breite auf jeden Fall besser aufgestellt sind. Das ist sehr wichtig, denn in den drei Wettbewerben brauchen wir viele Spieler, die über eine hohe Qualität verfügen. Nur so lassen sich etwaige Verletzungen oder Schwächephasen des einzelnen verlustfrei kompensieren. André Hahn hat in Augsburg eine sehr gute Saison gespielt und ist dort Nationalspieler geworden, Ibrahima Traoré ist ein sehr, sehr guter Fußballer, und auch die, die bald noch zu uns stoßen werden, haben längst gezeigt, was sie können. Die Qualität ist also da. Jetzt müssen wir sie auch abrufen!

ran.de: Wie ist Ihr Eindruck von Thorgan Hazard?

Kruse: Ich denke, dass ein Spieler, der noch nie in der Bundesliga gespielt hat, ein wenig Zeit braucht, um sich an das Tempo zu gewöhnen. Auch die Sprache kann anfangs möglicherweise ein kleines Problem sein. Aber man erahnt schon jetzt, dass die Borussia an ihm viel Freude haben kann.

ran.de: Kommen wir am Ende noch mal auf Las Vegas zurück, wo Sie gezeigt haben, dass Sie neben Fußball auch Poker spielen können; dass Sie die Karten so gut beherrschen, dass Sie bei einem Turnier gleich mal 36.000 Dollar gewonnen haben, überrascht aber doch...

Kruse: Ich spiele tatsächlich schon etwas länger Poker, kannte aber das spezielle Spiel in Las Vegas noch nicht. Ich habe anfangs bei einem meiner Kumpels zugeschaut, der dieses Turnier auch gespielt hat, habe mir die Regeln erklären lassen und bin dann einfach eingestiegen. Dass es gleich so gut laufen würde, konnte allerdings niemand voraussehen.

ran.de: Nicht erst seit "Hangover" gilt "What happens in Vegas stays in Vegas", also "Was auch immer in Vegas passiert, es bleibt dort, und man redet später nicht mehr darüber"; geben Sie uns trotzdem einen kleinen Einblick, wie Sie Ihren Triumph gefeiert haben?

Kruse: Ich war dort mit Freunden, und natürlich ist man auch mal etwas ausgelassener als das sonst vielleicht der Fall ist. Man feiert schon mal etwas länger oder macht ein paar verrückte Sachen. Weil ich aber ohnehin überhaupt keinen Alkohol trinke, sind Folgen wie die, mit denen die Protagonisten in "Hangover" zu kämpfen hatten, bei mir von vorneherein ausgeschlossen. Ich denke, dass ich mich eigentlich immer ganz gut unter Kontrolle habe (lacht).