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Nach Hoeneß-Rücktritt: Quo vadis, FC Bayern?

  • Aktualisiert: 14.03.2014
  • 23:04 Uhr
  • SID
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© getty

Mit dem Verzicht auf Revision trennt sich Uli Hoeneß von seinem Lebenswerk Bayern München. Wie geht es mit Hoeneß weiter und wer füllt die riesige Lücke beim Triple-Sieger?

München - Am Freitagvormittag um 10.05 Uhr gab Uli Hoeneß sein Lebenswerk auf. In einer emotionalen Erklärung zog der 62-Jährige die persönlichen Konsequenzen aus seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung - und er zeigte Größe. Hoeneß verzichtet auf eine Revision, legt mit sofortiger Wirkung seine Ämter als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München nieder. Bald wird er seine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren antreten. Der Patron zieht einen Schlussstrich: Selbst der Bundeskanzlerin Angela Merkel nötigte das "Respekt" ab.

Bereits am frühen Nachmittag präsentierte der deutsche Fußball-Rekordmeister nach einer eilig einberufenen Telefonkonferenz der Gremien einen Nachfolger im mächtigen Aufsichtsrat: adidas-Chef Herbert Hainer sei "bis auf Weiteres" einstimmig zum Vorsitzenden gewählt worden, teilten die Bayern mit.

Der 59-Jährige ist nun neben Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge der neue starke Mann beim Triple-Gewinner. Über das Präsidenten-Amt muss satzungsgemäß in den kommenden vier Wochen eine außerordentliche Mitgliederversammlung entscheiden. Kommissarisch leitet bis dahin der erste "Vize" Karl Hopfner die Geschicke des Klubs.

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"Bleibe dem Verein verbunden"

Uli Hoeneß ist nach Jahrzehnten in Bayern-Führungspositionen am Ende. "Nach Gesprächen mit meiner Familie habe ich mich entschlossen, das Urteil des Landgerichts München II in meiner Steuerangelegenheit anzunehmen. Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich", ließ Hoeneß verbreiten.

Mit seinem Rückzug beim FC Bayern nach 44 Jahren als Spieler, Manager, Präsident und Chef des Aufsichtsrats wolle er Schaden von seinem Verein abwenden. "Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk, und er wird es immer bleiben. Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben, solange ich lebe", schrieb Hoeneß und bedankte sich bei seinen Freunden und den Fans "von Herzen für ihre Unterstützung".

Nicht nur Merkel zollte Hoeneß für diesen Schritt Respekt. "Kaiser" Franz Beckenbauer sprach von "menschlicher Größe", und Trainer Pep Guardiola sagte am Nachmittag: "Der Verein ist das, was er ist, dank Uli Hoeneß. Er ist mein Freund und wird mein Freund bleiben. Die Spieler lieben Uli. Wir, der Verein, müssen weiter machen, was wir von ihm gelernt haben."

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Hoeneß könnte Freigänger werden

Bis zu Hoeneß' Haftantritt in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech werden voraussichtlich noch einige Wochen vergehen. Dies erklärte Justizsprecherin Andrea Titz. Abzuwarten bleibt zunächst, ob die Staatsanwaltschaft bis kommenden Donnerstag Revision einlegen wird. Erst danach kann der Strafvollzug eingeleitet werden. Wie lange Hoeneß tatsächlich im Gefängnis bleiben muss, ist laut Titz "reine Spekulation". Möglich wäre, dass Hoeneß nach etwa sechs Monaten zum Freigänger wird.

Der neue Aufsichtsratschef nahm Hoeneß' Rückzug mit "größter Hochachtung" zur Kenntnis. Hoeneß habe "mit seinen Führungsqualitäten, seinem hohen persönlichen Einsatz und seiner herausragenden Lebensleistung immer dem Wohle des FC Bayern München gedient", unterstrich Hainer: "Er ist wesentlich mit dafür verantwortlich, dass der FC Bayern München zu einem der sportlich und wirtschaftlich erfolgreichsten und attraktivsten Vereine der Welt geworden ist."

Bei der anstehenden Präsidenten-Wahl dürfte Interimspräsident Hopfner Favorit sein - sollte er kandidieren. Dem 61-Jährigen, seit 1983 im Verein und stets für die Finanzen zuständig, wird am ehesten zugetraut, das Lebenswerk von Hoeneß fortzuführen.

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Wer wird Nachfolger?

Der von den Fans geschätzte Hopfner war allerdings im vergangenen Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstand der Münchner zurückgetreten. Auch Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber (72) wäre eine Option. Wenig realistisch sind dagegen die ebenfalls gehandelten Paul Breitner, Franz Beckenbauer und Rummenigge, der Vorstandschef des FC Bayern bleiben will.

Am Freitag ist damit genau das eingetreten, was sich an der Säbener Straße lange Zeit niemand vorstellen konnte und wollte: Der FC Bayern ist nun ohne seinen Patron, seinen Macher, seinen Weichensteller. "Er ist so wichtig für uns, für den ganzen Verein", sagte Profi Franck Ribéry zuletzt. Diesem Verein fehlt fortan der Kopf - auch wenn der Körper kerngesund ist.

Finanziell und sportlich steht der FC Bayern mit einem Jahresumsatz von mehr als 430 Millionen Euro und einem Umlaufvermögen von 135 Millionen so gut wie noch nie in der 114-jährigen Vereinsgeschichte da, "wie im Traum", hatte Hoeneß vor wenigen Tagen erst betont. Derzeit findet sich der Branchenprimus aber in einem Albtraum wieder.

Der FC Bayern stehe "total loyal zu unserem Freund Uli Hoeneß", hatte Rummenigge zuletzt fast mantra-artig wiederholt - immer in der Hoffnung, dass "der Uli" halbwegs unbeschadet aus der Sache herauskommen würde. Doch das Denkmal Uli Hoeneß ist krachend zu Boden gestürzt.