Raffael: "Wir brauchen den Dreier"
- Aktualisiert: 04.10.2013
- 14:52 Uhr
- ran.de / Andreas Kötter
Mit Raffael und Max Kruse hat die Offensive von Borussia Mönchengladbach neue Durchschlagskraft erhalten. Vor dem Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund spricht Raffael im Exklusiv-Interview mit ran.de über die Stärke des BVB, über die Auswärtsschwäche der Gladbacher und über seinen Bruder Ronny, der bei der Berliner Hertha zurzeit nicht erste Wahl ist.
ran.de: Senor Raffael, sieben Spiele, zehn Punkte, aktuell Platz sieben: kann Borussia mit dieser Zwischenbilanz zufrieden sein?
Raffael: Sagen wir es so: Wir können zufrieden sein mit der Art und Weise wie wir bisher Fußball spielen. Die Punkte-Ausbeute muss allerdings besser werden. Ähnlich gilt das auch für meine eigenen Leistungen. Ich bin zwar nicht unzufrieden, weil es bisher für mich persönlich recht gut läuft. Aber ich weiß auch, dass ich noch mehr drauf habe und der Mannschaft noch besser helfen kann.
ran.de: Punkte hat Borussia bisher nur auswärts gelassen, dort aber in unschöner Regelmäßigkeit: Warum ist die Diskrepanz zwischen den Heim- und den Auswärtsleistungen so groß?
Raffael: Diese Diskrepanz ist in der Tat einfach zu groß, auch wenn wir am vergangenen Wochenende den ersten Auswärtssieg nur ganz knapp verpasst haben. Ich bin aber sicher, dass wir schon bald auch auswärts den ersten Dreier einfahren werden. Bisher hat vielleicht einfach auch ein wenig das Glück gefehlt, wie bei besagtem 2:2 in Augsburg.
ran.de: Kann man wirklich nur von fehlendem Glück sprechen, oder vergisst die Mannschaft über das attraktive Offensivspiel gerade auswärts bisweilen den Kampf?
Raffael: Vielleicht ist da wirklich etwas dran. Zuhause üben wir mit unserer Offensiv-Power von Beginn an Druck auf den Gegner aus, während wir auswärts vielleicht phasenweise in der Vorwärtsbewegung noch zu verhalten auftreten. Positiv stimmt mich aber, dass wir auch auswärts versuchen unseren Fußball zu spielen. So hatten wir zum Beispiel in Hoffenheim 70 Prozent Ballbesitz. Schade nur, dass wir es bisher versäumt haben, daraus auch Kapital zu schlagen. Das müssen wir schnell ändern.
ran.de: Schon deshalb, weil man kaum voraussetzen kann, dass man zuhause zwangsläufig jedes Spiel gewinnt ...
Raffael: Nein. Davon kann man wirklich nicht hundertprozentig ausgehen. Schon gar nicht, wenn der Gegner wie am Samstag Borussia Dortmund heißt.
ran.de: Ist der BVB momentan ein härterer Gegner als der FC Bayern?
Raffael: Das ist schwer zu sagen. Nimmt man aber die Tabelle zu Hilfe, dann sind die Dortmunder aktuell natürlich die Nummer Eins. Und ob in der Bundesliga oder in der Champions League – ich kann nicht erkennen, dass der BVB im Vergleich zur Vorsaison, etwa durch den Verlust von Mario Götze, schwächer geworden wäre. Im Gegenteil: Mein Eindruck ist, dass der BVB noch stärker ist. Das Spiel am Samstag wird auf jeden Fall eine richtig harte Nuss für uns. Trotzdem bleibt es unser Ziel, auch dieses Heimspiel zu gewinnen. Wir haben uns durch die Auswärtsergebnisse selbst unter Druck gesetzt und brauchen die drei Punkte, wenn wir oben dabei bleiben wollen.
ran.de: Sie selbst haben bisher mit drei Treffern zur makellosen Heimbilanz beigetragen; welche Rolle spielt dabei Lucien Favre, mit dem Sie eine lange gemeinsame Geschichte verbindet?
Raffael: Ich glaube das Wichtigste ist, dass wir eine sehr ähnliche Auffassung davon haben, wie guter und erfolgreicher Fußball aussehen soll. Favre ist ein sehr intelligenter Trainer, der alles über den Fußball weiß und sehr akribisch arbeitet. Seine, aber auch meine Philosophie besagt, dass wir Fußball spielen, mit der Betonung auf "spielen". Gleichzeitig legt Favre aber auch größten Wert darauf, dass wir auch unseren Pflichten nachkommen, d. h. dass Disziplin und Defensiv-Verhalten stimmen müssen.
ran.de: Brauchen Sie einen Trainer wie Favre, um so gute Leistungen zu bringen?
Raffael: Ich glaube zwar, dass ich auch unter anderen Trainer schon ordentliche Leistungen erbracht habe. Trotzdem ist es kaum von der Hand zu weißen, dass es einen positiven Effekt auf meine Leistungen hat, wenn ich das Vertrauen meines Trainers spüre. Favre schenkt mir dieses Vertrauen. Und ich glaube, dass ich das mit guten Leistungen auch zurückzahle.
ran.de: Das nächste Auswärtsspiel der Borussia ist für Favre, aber auch für Sie ein ganz besonderes. Dann reist man zur Berliner Hertha, wo Sie beide vor einigen Jahren sehr erfolgreich waren und Sie zudem auf Ihren Bruder Ronny treffen; haben Sie mit ihm schon über dieses Spiel gesprochen?
Raffael: Aktuell haben wir darüber noch nicht gesprochen, obwohl wir ein-, zweimal die Woche telefonieren und uns fast täglich auch SMS schreiben. Allerdings haben wir im Sommerurlaub, den wir zusammen in der Heimat, in Fortaleza, verbracht haben, beide schon gesagt, dass dieses Spiel ein ganz Besonderes wird. Für mich sicherlich noch mehr als für Ronny. Schließlich treffe ich nicht nur auf meinen Bruder, sondern kehre auch dorthin zurück, wo ich bisher meine wohl beste Zeit als Profi hatte. Trotzdem muss in Berlin der erste Auswärtssieg her!
ran.de: Wird viel über Fußball gesprochen, wenn Sie die Sommerferien zusammen verbringen?
Raffael: Ganz ehrlich? Nein! Dann geht es mehr um andere Dinge. Wir sprechen dann über unsere Heimat, über die Familien und die Kinder. Und ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass man in dieser Zeit versucht, den Fußball ein wenig aus dem Kopf zu bekommen.
ran.de: Während es für Sie bei Borussia sehr gut läuft, macht Ronny gerade eine schwere Zeit bei der Hertha durch...
Raffael:. Tatsächlich läuft es für ihn wirklich noch nicht richtig rund in dieser Saison ...
ran.de: ... obwohl er in der vergangenen Saison der beste Spieler der 2. Liga war...
Raffael: Ich denke, dass Ronnys Problem ist, dass er nicht ganz fit in diese Saison gegangen ist ...
ran.de: ... weil er sich in den Sommerferien zu sehr hat gehen lassen?
Raffael: Nein, das kann ich nicht bestätigen. Wir haben in Fortaleza jeden Tag zusammen an unserer Fitness gearbeitet und intensiv trainiert. Und ich denke, dass man auch sehen kann, dass ich fit zur Borussia gekommen bin. Umso mehr ist es für mich eine unangenehme Überraschung, dass Ronny in dieser Saison bisher solche Probleme hat. Natürlich ist die Bundesliga noch einmal eine ganz andere Nummer als die 2. Liga. Trotzdem bin ich überzeugt, dass Ronny absolut das Zeug dazu hat, auch in der vielleicht besten Liga der Welt ähnliche Leistungen zu zeigen, wie in der vergangenen Saison in der 2. Liga. Was er jetzt vor allem braucht, ist Spielpraxis. Dann werden auch seine Leistungen wieder besser.
ran.de: Wer von Ihnen beiden ist eigentlich der bessere Fußballer?
Raffael: Ronny! Das werde ich immer sagen. Und Ronny wird immer sagen, dass ich der bessere bin (lacht)! Auf jeden Fall hat Ronny den viel härteren Schuss. Das ist unglaublich, was er für Kracher loslassen kann. Aber diese Schusskraft ist ganz gewiss nicht seine einzige Qualität. Umso mehr tut es mir für ihn Leid, dass es aktuell noch nicht so gut für ihn läuft.