Bundesliga
ranSicht: Nach Trikot-Zoff bei Hertha BSC - Schalke 2021 darf sich nicht wiederholen
- Aktualisiert: 10.04.2022
- 11:15 Uhr
- ran.de/Carolin Blüchel
Nach der Derby-Pleite gegen Union zwangen Hertha-Ultras ihre Spieler dazu ihr Trikot niederzulegen. Es folgten Drohungen und Beschimpfungen. Die Ereignisse aus dem Berliner Olympiastadion erinnern an Schalke vor einem Jahr. Ein Horrorszenario, das sich nicht wiederholen darf. Ein Kommentar von ran-Autorin Carolin Blüchel.
München - Die Szenen erinnerten an Schalke 04 im vergangenen Jahr. Nach der 1:4-Derby-Schmach gegen Union Berlin verschafften sich Hertha-Ultras Zugang zum Stadion-Innenraum. Sie beschimpften und bedrohten ihre eigenen Spieler, zwangen sie, ihr Trikot niederzulegen. Weil sie dessen nach der desolaten Vorstellung auf dem Platz nicht würdig seien.
Aus Angst vor weiterer Eskalation kamen einige Spieler wie Maximilian Mittelstädt oder Marcel Lotka der wütenden Forderung nach. Die ultimative Demütigung nach der sportlichen Demütigung. Ein menschliches No-Go. Und womöglich ein Vorbote dessen, was noch folgen könnte.
Erinnerung an Schalker Jagdszenen nach Abstieg
Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr hatten Schalke-Fans nach einem 0:4-Debakel des damals abstiegsbedrohten Klubs bei Fortuna Düsseldorf den Platz gestürmt und Benjamin Stambouli bedrängt, seine Kapitänsbinde abzustreifen. Auch hier gab's die Forderung an die Spieler, das Trikot niederzulegen.
Als der Abstieg kurz darauf feststand, kam es vor der Schalker Arena zu beispiellosen Jagdszenen, bei denen Hunderte Ultras der Schalker Mannschaft vor dem Stadion aufgelauert hatten. Spieler und Trainer - gestandene Männer - sprachen später von blanker Angst.
Ultras stürmen Hertha-Training
Diese hässliche Fratze des Fußballs ist jetzt in der Hauptstadt angekommen. Zumindest verheißen die Warnsignale nichts Gutes. Bereits nach dem Pokal-Aus gegen Union im Januar hatte die Ultra-Gruppierung "Harlekins Berlin 98" mit rund 80 Mann ein nicht-öffentliches Training der abstiegsgefährdeten Hertha gestürmt und die Mannschaft angegangen.
Tenor: Ihr reißt euch jetzt am Riemen, sonst zünden wir die nächste Stufe. Die Polizei musste anrücken, wenn auch damals noch nicht eingreifen.
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Fragwürdiges Verständnis für "Fans"
Gleich beim ersten Stadion-Besuch nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen machten die Hertha-Ultras ihre Ankündigung wahr. Völlig indiskutabel, sollte man meinen. Doch wo bleibt der Aufschrei in der Liga? Wo ist die Kritik an den offenbar gewaltbereiten Idioten, die sich Fans schimpfen? Wo bleiben die Konsequenzen für diejenigen, die die Unversehrtheit der Spieler bedrohen?
Stattdessen reibt sich der neutrale Fußballfan verdutzt und gleichermaßen besorgt Augen und Ohren, wenn Trainer Felix Magath bei "Bild Live" scheinbar noch Verständnis für die Gewaltauswüchse zeigt. Die Fans hätten die Mannschaft ja anfangs toll unterstützt. Man müsse sie wiedergewinnen. Sie hätten ja recht mit ihrer Kritik.
Demut hier nicht angebracht
Ähnlich verständnisvoll äußerte sich Geschäftsführer Fredi Bobic im "Aktuellen Sportstudio", räumte aber tags darauf im "Doppelpass" ein, dass hier seitens der Ultras doch eine Grenze überschritten wurde. Dennoch: Man möchte die Verantwortlichen wach rütteln, ihnen sagen, dass Demut in diesem Fall ein falscher Berater ist.
Denn wenn die Macht der Fans Spieler und ganze Vereine einschüchtert, weil sie um ihre Sicherheit bangen, dann hat das mit Fußball nichts mehr zu tun. Es ist allerhöchste Zeit zu handeln. Denn Schalke 2021 darf sich nicht wiederholen.
Carolin Blüchel
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