ranSicht zur Causa Bochum: Lieber VfL, das geht wirklich gar nicht
- Aktualisiert: 24.03.2022
- 13:02 Uhr
- ran.de / Kai Esser
Das Spiel zwischen dem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach wurde nach einem Bierbecherwurf auf den Assistenten abgebrochen. Als wäre das noch nicht genug, weist der VfL nun alle Schuld von sich und fordert ein Wiederholungsspiel. Das geht gar nicht, meint ran-Autor Kai Esser.
München - Nach Monaten der Abstinenz einer großen Kulisse an der Castroper Straße zu Bochum sollte es eigentlich ein Festtag werden. Der VfL, der sich auf dem besten Weg zum Klassenerhalt befindet, empfängt Borussia Mönchengladbach zu einem der vielen Traditionsduelle in der Bundesliga.
Flutlicht, ausverkauftes Haus, der Traum Bundesliga in Bochum lebt.
Doch anstatt diesen Traum trotz des ernüchternden Zwischenstandes von 0:2 in vollen Zügen zu genießen, warf ein Zuschauer einen Bierbecher auf den Schiedsrichter-Assistenten Christian Gittelmann. Das Spiel wurde abgebrochen, die einzig richtige Entscheidung.
VfL-Anwalt weist alle Schuld vom Verein
"Der Straftäter hat völlig legal sein Getränk gekauft und der Verein dadurch kein Verschulden an der Straftat. Deshalb muss das Spiel wiederholt werden", so VfL-Anwalt Horst Kletke. Dabei beruft sich der Jurist auf Paragraf 18 der DFB-Verfahrensordnung.
Doch selbst wenn der Verein hier im Recht sein sollte - was sich als Nicht-Jurist nur schwer beurteilen lässt - der VfL könnte hier Weitsicht beweisen und statt alle verfügbaren Rechtsmittel auszuschöpfen, sich zurückhalten und die Strafe, die das Sportgericht aussprechen wird, kommentarlos akzeptieren.
Alles andere wäre weder den friedlichen Fans, noch Schiedsrichter-Assistent Gittelmann zu vermitteln. Er wurde schließlich am Kopf verletzt!
Einen Schritt weitergedacht: Soll es nun zu einem bewährten Mittel werden, beim Stand von einem aussichtslosen 0:2 in der Schlussviertelstunde einen Bierbecher auf einen Schiedsrichter zu werfen, damit das Spiel abgebrochen und wiederholt wird?
Bochum-Fans werden nicht zum ersten Mal auffällig
Leider ist es beim besten Willen nicht der erste Vorfall dieser Art im Ruhrstadion.
Rückblick auf das DFB-Pokalviertelfinale gegen den SC Freiburg:
Roland Sallai erzielte in der 120. Spielminute das 1:2.
Nach seinem - zugegebenermaßen provokanten - Jubel flog von nahezu der selben Stelle wie gegen Gladbach ein mindestens halbvoller Bierbecher in die Freiburger Jubeltraube, der Nicolas Höfler mitten im Gesicht traf.
Einzig weil kein Freiburger zu Boden ging, wurde daraus nichts Größeres gemacht, obwohl es bestens in der TV-Übertragung zu sehen war.
Externer Inhalt
Im Dezember offenbarte Max Kruse auf seinem Instagram-Kanal, dass er während des Spiels seines damaligen Klubs Union Berlin beim VfL von etlichen Fans durchgehend unter der Gürtellinie beleidigt wurde.
"Heute war wieder so ein Tag, an dem sich alle Ruhrpott-Asis in Bochum versammelt haben und dachten 'Heute gehen wir mal ins Stadion.'", so Kruse.
Der VfL muss aktiv werden
"Wir stehen für Toleranz und Fairplay. Das Werfen von Bechern und Gegenständen gehört definitiv nicht dazu. Das ist nicht der VfL", ließ Bochum auf seiner Internetseite nach dem Vorfall wissen.
Die genannten Vorfälle sprechen aber eine klare Sprache: In Bochum wird es offenbar zu oft zu emotional und die gute Stimmung kippt in Richtung Aggression um. Unverbesserliche gibt es in jedem Verein, aber wenn Probleme so offen zutage treten, kann man das nicht als "normal" abtun.
Dass die Blau-Weißen versuchen, die Strafen des DFB so niedrig wie möglich zu halten, ist legitim. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie kann der Klub nicht noch ein Geisterspiel gebrauchen - gerade jetzt wo die Bestimmungen überall gelockert werden und die Fans in die Stadien zurückkehren dürfen.
Doch eigentlich muss jedem klar sein, dass eine Spielwertung gegen den VfL und als Strafe ein Geisterspiel - neben den persönlichen Sanktionen gegen den Täter - die einzigen Mittel sind.
Sollte es tatsächlich zu einem Wiederholungsspiel kommen, wird es etliche Trittbrettfahrer geben und der DFB würde damit seine Schiedsrichter regelrecht im Stich lassen.
Gerade in Zeiten von Morddrohungen gegen die Unparteiischen und deren eindringliche Bitte, sie besser zu schützen, wäre das ein fatales Signal. Schiedsrichter-Nachwuchs gewinnt man dann erst Recht nicht.
Bochum muss drakonisch bestraft werden, das weiß vermutlich jeder beim VfL.
Dass die Verantwortlichen nach jedem Strohhalm greifen, um den Verein sportlich und finanziell vor großem Schaden zu bewahren, ist richtig.
Aber ein solches Statement des Anwalts in Deutschlands größter Boulevard-Zeitung zuzulassen, bringt dem Verein keine Pluspunkte in der Öffentlichkeit ein. Es wirft kein gutes Licht auf die Klub-Bosse.
Es bleibt aus neutraler Sicht eigentlich nur zu hoffen, dass der VfL diese Aussage richtigstellt - und sich in Demut der Strafe hergibt.
Kai Esser
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