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Van Marwijk fordert mehr Struktur

  • Aktualisiert: 24.09.2013
  • 18:57 Uhr
  • SID
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© SID-PIXATHLON

Ritter, Kartenspieler, Dressman, Pragmatiker: Der Niederländer Bert van Marwijk soll den Hamburger SV vor dem Absturz retten - eine Mammutaufgabe.

Hamburg - Der Mann, der den Hamburger SV aus der Bedeutungslosigkeit führen soll, ist ein echter Ritter - Lambertus "Bert" van Marwijk. 61 Jahre alt, Trainer seit 18 Jahren, Europacupsieger, Vize-Weltmeister und seit 2010 stolzer Ritterkreuz-Träger des Ordens von Oranien-Nassau, verliehen von der damaligen Königin Beatrix der Niederlande. Bei den dahinsiechenden Hanseaten sind neue Trainer schon mit weniger Vorschusslorbeeren in den Stand eines Hoffnungsträgers gehoben worden. Der Ritter van Marwijk soll nun zum Retter werden.

"Ich erwarte von ihm, dass er möglichst schnell Stabilität in die Truppe bringt, ein richtiges System findet und es nicht allzu häufig wechselt", sagte HSV-Klubchef Carl Jarchow, nachdem der Niederländer auch offiziell als Nachfolger des vor einer Woche vom Hof gejagten Thorsten Fink bekannt gegeben wurde: "Er war immer unsere Nummer eins auf der Liste." Und Sportdirektor Oliver Kreuzer frohlockte: "Er ist ein Trainer, der über große Erfahrung verfügt und seine Kompetenz mehrfach unter Beweis gestellt hat."

Mit seinem Engagement beim taumelnden HSV beweist van Marwijk nun aber vor allem eins: Mut. Denn der HSV ist im Moment so etwas wie die FDP der Bundesliga - schon ewig dabei, früher auch mal erfolgreich und wichtig gewesen, aber in diesen Tagen nur noch ein Bild des Schreckens abgebend.

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Van Marwijk: "Bin kein Zauberer"

"Meine Aufgabe ist es, wieder mehr Struktur zu schaffen und Deutlichkeit über das Spielsystem zu geben. Wir müssen so schnell wie möglich vom unteren Tabellenplatz wegkommen", sagte van Marwijk vor dem Beginn seiner Mission am Mittwoch. Und dämpfte gleichzeitig allzu hohe Erwartungen: "Ich bin kein Zauberer. Man sieht, dass die Mannschaft verunsichert ist."

Van Marwijk ist so etwas wie das Gegenstück seines Vorgängers. Der zweifache Familienvater, der mit seiner Ehefrau Marian bereits seit der gemeinsamen Schulzeit liiert ist, gilt als verschlossen, introvertiert, pragmatisch, vorsichtig und auffällig ruhig.

Fink kam während seiner Zeit an der Elbe oft als nervender Lautsprecher daher. Nur bei der Wahl ihrer Anzüge scheinen die beiden Trainer Brüder im Geiste zu sein: Wie Fink bevorzugt van Marwijk im feinen Zwirn an der Seitenlinie zu stehen, in seiner Heimat gilt der Niederländer seit der WM 2010, als er die Elftal überraschend ins Endspiel gegen Spanien führte, als Stil-Ikone.

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Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit van der Vaart?

Für offensiven Spektakel-Fußball ist Disziplinfanatiker van Marwijk dagegen nicht bekannt - untypisch für einen Niederländer. Seine Teams - wie beim UEFA-Cup-Sieg mit Feyenoord Rotterdam 2002 - waren meist gut organisiert und defensiv stabil. Eigenschaften, die dem HSV zuletzt fehlten. Dem Dickkopf van Marwijk wird zudem ein gutes Händchen im Umgang mit Talenten nachgesagt. So gilt der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund (2004 bis 2006) als Entdecker und Förderer von Nuri Sahin.

Mit den aufgeblähten Egos vermeintlicher Superstars hat er hingegen so seine Probleme. Auch das Verhältnis zwischen van Marwijk und seinem neuen Kapitän Rafael van der Vaart gilt aus der gemeinsamen Zeit bei der Nationalmannschaft als angespannt. Van der Vaart saß unter Bondscoach van Marwijk öfter auf der Bank, als ihm lieb war.

"Wir haben noch nicht telefoniert oder gesprochen", sagte der leidenschaftliche Kartenspieler van Marwijk, der 1975 sogar mit seinem Vater Weltmeister im Klaverjass wurde. Wenn es mit dem HSV wieder nach oben gehen soll, muss van Marwijk seinen Landsmann nach einer bisher ganz schwachen Saison endlich wieder in Schwung bringen. In Hamburg zweifelt man an den Fähigkeiten des Hoffnungsträgers van Marwijk (natürlich) nicht: Der Ritter soll zum Retter werden.