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Ballon d'Or: Eine Verleihung, die keiner braucht - ein Kommentar
- Aktualisiert: 18.10.2022
- 17:47 Uhr
- ran.de / Kai Esser
Am Montag fand in Paris die Verleihung des Ballon d'Or 2022 statt. Der beste Spieler, der beste Stürmer und verschiedene weitere Auszeichnungen wurden vergeben. Doch braucht es die pompöse Verleihung von France Football wirklich noch? ran-Autor Kai Esser meint: Nein!
München/Paris - In dieser Woche fand wieder der jährliche Ball der besten Spieler des Kalenderjahres statt: die Ballon d'Or-Zeremonie.
Während Eintracht Frankfurts Keeper Kevin Trapp, rund 24 Stunden vor dem Pokalspiel bei den Stuttgarter Kickers, mit seiner Supermodel-Freundin Izabel Goulart auf dem roten Teppich posierte, räumte Karim Benzema, offenbar verkleidet als Rapper Sido, den Hauptpreis ab: Er wurde Weltfußballer. Herzlichen Glückwunsch von mir und der ran-Redaktion, so viel Zeit muss sein.
So sehr sich Real Madrids Angreifer über die Auszeichnung freuen darf und so verdient wie sie unter den gegebenen Kriterien sein mag - sie gehört abgeschafft. Genau so, wie all die anderen Fantasiepreise, die am selben Abend vergeben wurden.
Diverse Kategorien und Sieger sorgen für Kopfschütteln
Während die Vergabe des Goldenen Balls an Benzema allgemeiner Konsens war, sorgte bereits die zweitwichtigste Auszeichnung des Abends für hochgezogene Augenbrauen. Die Kopa Trophy für den besten U21-Spieler ging an Gavi vom FC Barcelona. Logisch, Gavi spielt hervorragend und ist einer der besten Spieler seiner Altersklasse.
Aber ein Jamal Musiala, wahrscheinlich der formstärkste Offensivspieler des FC Bayern in den vergangenen Wochen, nur auf Platz drei? Ein Jude Bellingham, der ganz Borussia Dortmund auf seinen eher schmächtigen Schultern trägt, auf Platz vier? Das ergibt keinen Sinn.
Die neu geschaffene Müller Trophy zu Ehren Gerd Müllers für den besten Stürmer ging an Robert Lewandowski. Moment mal, ist Karim Benzema, der beste Spieler von allen, nicht auch Stürmer? Und wenn nur nach Toren gemessen wird, wieso überhaupt? Sind Assists als Angreifer nicht genau so wichtig?
Beste Mannschaft wurde übrigens Manchester City. Der Champions-League-Sieger und spanische Meister Real Madrid wurde übrigens immerhin Dritter. "Seid ihr happy damit?", twitterte Toni Kroos spöttisch. Die Begründung: Manchester City hatte die meisten Spieler auf der Short List des Weltfußballers. Aber hat nicht erst das DFB-Team 2014 sowie der ausbleibende Erfolg von City und Paris St. Germain in der Champions League bewiesen, dass die besten Einzelspieler nicht die beste Mannschaft sind?
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Reform nötig, um es ernst zu nehmen
Am Ende des Tages geht es bei der Verleihung um Namedropping und Fotoapparate, die fleißig während der Verleihung knipsen. Wenn die besten aktuellen Spieler Auszeichnungen bekommen, die die Namen der besten Spieler vergangener Dekaden tragen, macht das einiges her. Sowohl für die Ausrichter, als auch für die Spieler und berichtenden Medien.
Damit die Preise wirklich einen Wert haben und ernstzunehmend sind, benötigt es einer Reform. Aktuell bestimmen Journalisten aus Kirgisistan, Usbekistan und Jamaika die Preisträger mit. Mehr Subjektivität geht fast nicht. Logisch, dass dann ein Barcelona-Youngster die entsprechende Trophäe gewinnt. Wer in Usbekistan kennt schon Florian Wirtz oder Jamal Musiala, geschweige denn hat sie mal spielen sehen?
Es müsste ein objektives Kriterium für jede Position geben, das pro Position individuell gemessen und gewichtet wird. Schließlich ist der Ballon d'Or am Ende nur ein Wettbewerb für Offensivspieler geworden. Der letzte Defensivspieler, der den Award bekam, war Fabio Cannavaro im Jahr 2006. Und Torhüter? "Das ist unmöglich", sagte Yashin-Trophäen-Preisträger Thibaut Courtois selbst.
Sogar Manuel Neuer, der 2014 das individuell beste Jahr eines Torhüters absolvierte, an das ich mich erinnern kann, wurde nur Dritter hinter Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Noch Fragen?
Schlussendlich bleibt der Ballon d'Or für viele ein Muster ohne Wert. Würde morgen bekannt gegeben werden, dass das die letzte France-Football-Gala war, die wenigsten Fans wären wohl traurig darüber. Mich eingeschlossen.
Kai Esser
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