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Hochfliegende Pläne, bittere Realität

Chinas Fußball-Boom und der tiefe Fall: Eine Warnung für Saudi-Arabien?

  • Aktualisiert: 11.07.2023
  • 13:52 Uhr
  • ran.de
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Einst wollte China den Fußball im Sturm erobern und lockte zahlreiche Stars mit absurden Gehältern ins Reich der Mitte. Inzwischen ist das Land mit seinen ambitionierten Plänen gescheitert. Eine Warnung für Saudi-Arabien?

Von Chris Lugert

Chinas Präsident Xi Jinping ist nicht für leise Töne bekannt, wenn es um seine Ziele für das Reich der Mitte geht. Auch beim Thema Fußball formulierte er einst hochfliegende Pläne. Die Nationalmannschaft sollte zügig die Nummer eins in Asien werden und ein Dauergast bei der WM sein. Fußball als Ausdruck des unaufhaltsamen Aufschwungs Chinas, wo das Spiel mit dem runden Leder bis dahin eher ein Randaspekt war.

Der Plan war simpel: Größen aus dem Ausland mit horrenden Summen ins Land holen und den Fußball aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Das betraf Trainer, Nachwuchscoaches und natürlich vor allem Spieler. Stars aus Europa sollten die Attraktivität der Liga steigern. Ein ganz ähnliches Vorhaben, was Saudi-Arabien sich seit kurzem auf die Fahnen geschrieben hat.

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Fußball-Boom in China: Alex Teixeira sollte der Anfang sein

Die Liste der Spieler, die dem Lockruf folgten und nach Asien wechselten, las sich vor allem zur damaligen Zeit wie ein Who-is-Who des europäischen Fußballs. 2015 ging es so richtig los, als Jiangsu Suning 50 Millionen Euro für Alex Teixeira ausgab.

Der damals 26-Jährige stand aufgrund herausragender Leistungen bei Schachtar Donezk bei zahlreichen europäischen Top-Klubs auf dem Zettel, doch den Zuschlag bekam China. Es war der Auftakt zu einer Transferoffensive, wie sie der Fußball bis dahin kaum gesehen hatte.

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Chinas Fußball wird selbst der Regierung zu mächtig

Carlos Tevez, Jackson Martinez, Oscar, Hulk, Axel Witsel, Paulinho, Yannick Carrasco - drei Jahre lang spülten Chinas Klubs um Guangzhou Evergrande oder Shanghai SIPG Millionensummen in den Transfermarkt. Im Jahr 2016 sprach Antonio Conte, der gerade den Trainerposten beim FC Chelsea übernommen hatte und zusehen musste, wie sein Spieler Oscar nach Shanghai ging, von einer "Gefahr für alle Mannschaften der Welt".

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Die Liga boomte durchaus auch im Inland, die Zuschauerzahlen in den chinesischen Stadien steigerten sich von 4,5 Millionen im Jahr 2014 auf knapp 5,8 Millionen in der Saison 2018. Doch die immer absurderen Transfersummen und Gehälter riefen die chinesische Regierung auf den Plan, um das Monster, das man selbst geschaffen hatte, wieder zu zähmen. Derartiger kapitalistischer Irrsinn war mit dem Kommunismus nicht mehr vereinbar.

So führte der chinesische Verband zunächst eine 100-Prozent-Steuer auf alle Ablösesummen für aus dem Ausland verpflichtete Spieler ein, für das Jahr 2019 trat eine Gehaltsobergrenze für chinesische Spieler in Kraft. Der Verband legte zu diesem Zweck eine Begrenzung der Gesamtausgaben der Klubs fest, zudem durften nur 65 Prozent dieser Summe für Gehälter ausgegeben werden.

China ändert Strategie im Fußball

Auch andere finanzielle Schlupflöcher, wie etwa Kapitalspritzen von Investoren, wurden begrenzt. Quasi alle Klubs der Chinese Super League befanden sich zum damaligen Zeitpunkt im Besitz wirtschaftlicher Großunternehmen.

"Wenn es nur Investitionen gibt, die aber keine Vorstellung dahinter haben, was die langfristigen Erträge sind, ist der chinesische Fußball nicht nachhaltig. Die Unternehmen, denen die Teams gehören, müssen verstehen, warum sie investieren, wie sie sich damit belohnen und was das zur Gesellschaft beiträgt", erklärte damals Verbandsvize Li Yuyi.

Im Fokus stand fortan verstärkt die Förderung junger einheimischer Spieler. So mussten die Klubs bei ihren Spielen eine bestimmte Anzahl von U23-Spielern in die Startelf stellen, gleichzeitig wurde die Zahl von ausländischen Akteuren reduziert.

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Corona beschleunigt den Niedergang

Der Niedergang der chinesischen Liga begann schließlich im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie. China wurde von den Auswirkungen massiv getroffen, das Land legte sich selbst strikte Regeln und Restriktionen auf, die nicht nur den Fußball, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben für über zwei Jahre fast lahmlegten.

Ein weiterer Faktor, der fast zeitgleich mit Corona auftrat, war die Immobilienkrise in China, die unter anderem das Unternehmen Evergrande an den Rand des Kollapses brachte. In der Folge ging nicht nur Guangzhou Evergrande fast pleite, auch andere Unternehmen reduzierten ihre Investitionen in ihre Klubs.

Vor der Saison 2021 forderte der Verband die Klubs schließlich auf, die Unternehmensbezeichnungen aus den Vereinsnamen zu streichen. Die Suning Holding Group, Besitzer des damaligen chinesischen Meisters Jiangsu Suning, zog sich daraufhin vollständig zurück. Der Klub musste den Spielbetrieb einstellen und wurde aufgelöst.

Guangzhou Evergrande steigt ab

Das einstige chinesische Aushängeschild Guangzhou Evergrande, das inzwischen Guangzhou FC heißt und vor der Krise mit dem Bau eines neuen 100.000 Zuschauer fassenden Stadions begonnen hatte, ist Ende 2022 in die zweite Liga abgestiegen. Das Stadionprojekt wurde abgesagt und steht als halbfertige Bauruine wie ein Mahnmal im Stadtgebiet von Guangzhou.

"Dank schlechter Planung, mangelnder Sichtbarkeit, der Finanzkrise und der Pandemie ist der Fußball in China praktisch verschwunden", sagte Charles Cardoso, Klubpräsident in Brasilien sowie Spielerberater, der "Sun". Er meint: "China wuchs auf eine Art und Weise ohne große Infrastruktur und ohne eine angemessene finanzielle Organisation."

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Begeht Saudi-Arabien denselben Fehler?

Befindet sich Saudi-Arabien auf einem ähnlichen Weg? Zumindest die Anfänge der aktuellen Transferoffensive erinnern stark an den Beginn in China. Und doch gibt es einige gravierende Unterschiede.

Die Fußballkultur im Mittleren Osten ist eine ganz andere als etwa in China, bei der WM in Katar sorgte das Land mit dem Sieg gegen den späteren Weltmeister Argentinien für die vielleicht größte Sensation im Turnierverlauf.

Dr. Rob Wilson, Experte für Finanzen und Fußball an der Sheffield Hallam University, sagte der "Daily Mail", China habe versucht, "150 Jahre Geschichte zu kaufen", um eine schlagkräftige Nationalmannschaft zu bekommen: "Sie haben gezeigt, dass es einfach nicht möglich ist."

Saudi-Arabien und insgesamt die arabische Welt sei im Fußball aber bereits in einer ganz anderen Situation. "Sie wissen, wo und wie viel Geld sie investieren müssen. Man braucht sich nur PSG oder Manchester City anzuschauen. Anders als China, haben sie sowohl eine Strategie als auch die finanzielle Schlagkraft", glaubt Cardoso.

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Saudi-Arabien: Gekommen, um zu bleiben

Während in China der Staat dem Fußball-Kapitalismus immer mehr Fesseln anlegte, geht Saudi-Arabien anders vor. Dort ist es der Staat selbst, der die Milliardensummen freigegeben hat und über den Staatsfonds PIF direkt investiert. Der Fußball ist kein losgelöstes Projekt, sondern Teil einer Gesamtstrategie für die wirtschaftliche Zukunft des Landes. 

Zudem hatte China mit Corona und der eigenen Wirtschaftskrise auch mit Faktoren zu kämpfen, die unerwartet kamen und nicht nur dem Fußball geschadet haben. Vor solchen überraschenden Entwicklungen ist auch Saudi-Arabien nicht sicher. Momentan aber scheint es, als wäre das Königreich auf der Fußballbühne angekommen, um zu bleiben.

Oder, wie es Cardoso sagt: "Ich denke nicht, dass der Mittlere Osten das nächste große Ding wird, sondern es aktuell bereits ist."

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