Deutschland macht WM-Quali perfekt: Kölsch in der Hand, Caipirinha im Kopf
- Aktualisiert: 13.10.2013
- 14:47 Uhr
- SID
SMS von Angela Merkel, Bier in der Kabine und zwei freie Tage: Nach dem Sieg gegen Irland feiert die deutsche Mannschaft ausgelassen die endgültige WM-Qualifikation. Doch alle Beteiligten wollen mehr – und wissen, woran es immer noch zu arbeiten gilt.
Köln - Aus den Boxen dröhnte Samba de Janeiro, dazu passend bestritten Philipp Lahm und Kollegen im Samba-Groove ihre Ehrenrunde durch das Kölner Stadion, das für ein paar Minuten am Zuckerhut zu stehen schien. Denn nach der erfolgreichen WM-Qualifikation der deutschen Nationalmannschaft durch das 3:0 (1:0) gegen Irland feierten Bundestrainer Joachim Löw, der jeden seiner Spieler nach dem Abpfiff einzeln herzte, seine Spieler, der Betreuerstab, die Funktionäre und vor allem auch die über 40.000 deutschen Fans am Rhein Karneval in Rio.
Anschließend gab der 53-Jährige seinen Spielern das komplette Wochenende frei. Bis zum Zapfenstreich am Sonntagabend um 22.00 Uhr können die Spieler tun und lassen, was sie wollten, was nicht zuletzt die Klub-Besitzer auf den Kölner Ringen freute.
"Jetzt haben wir es verdient, ordentlich zu feiern", sagte Lahm, der sich bereits in der Kabine ein kühles Kölsch gegönnt hatte. "Ein Fässchen Kölsch ist ja genauso groß wie eine Maß auf der Wiesn", stellte er anschließend mit Verwunderung fest.
Glückwünsche von Angela Merkel
"Das war ein überwältigendes Gefühl", sagte der 29-Jährige dann aber ernsthaft über die Stimmungslage kurz nach dem Spiel, als auch die ersten Glückwunsch-SMS, unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Mannschaft erreichten. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach war nach der 18. Qualifikation einer deutschen Mannschaft für eine WM ebenfalls ganz aus dem Häuschen und umarmte innig seine "Aushängeschilder": "Es war eine tolle Leistung, nicht nur hier in Köln."
Im kommenden Sommer wünschen sich Niersbach, Löw, Lahm und der Rest vom Fest dann aber nicht nur Bier, sondern möglichst Champagner. "Natürlich muss es unser Ziel sein, dort endlich einen großen Titel zu gewinnen, dafür werden wir alles tun", sagte Lahm und auch Niersbach blickte bereits in die Zukunft: "In Brasilien gibt es dann hoffentlich auch andere Getränke."
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Defensive als Problem
Die Fans mussten trotz aller Freude über das WM-Ticket aber auch konstatieren, dass trotz der Treffer von Sami Khedira (12.), Andre Schürrle (58.) und Mesut Özil (90.+1) nicht alles Gold an diesem Abend war, was glänzte. Denn bei aller Euphorie nach der souveränen Qualifikation, bot die Leistung gegen den spielerisch limitierten 59. der Weltrangliste keinen Anlass zu übermäßigen Optimismus.
"Nach der Halbzeit sind wir ein wenig fahrlässig aus der Kabine gekommen und haben in ein, zwei Situationen nicht so gut ausgesehen. Ein bisschen muss noch passieren bis zur WM, ich sehe da zwei Schwerpunkte: Wir müssen die Defensive weiter stabilisieren und das Spiel im letzten Drittel", sagte Löw und legte damit den Finger in die Wunde, nachdem sich die Iren mit ihrem Rumpelfußball fünf dicke Chancen erspielt hatten.
Spitzennationen wie Brasilien, Spanien oder Italien, am 15. November bei der EM-Revanche in Mailand im 100. Länderspiel von Löw ein echter Gradmesser für die DFB-Auswahl, hätten die Fehler der deutschen Defensive wohl gnadenlos bestraft.
Falsche Neun im falschen Film
"Bis zur WM müssen wir alle konstant auf hohem Niveau verteidigen", forderte Manuel Neuer, der trotz einiger guter Paraden auch nicht immer souverän wirkte. Löw blieb trotz der Aussetzer gegen die Iren aber gelassen: "Wir haben zum wiederholten Mal kein Gegentor kassiert. Vor der Weltmeisterschaft haben wir Zeit uns einzuspielen. Davon werden wir in allen Mannschaftsteilen profitieren."
Das ist auch im Angriff vonnöten, wo sich in Abwesenheit der verletzten Stammkräfte Miroslav Klose und Mario Gomez Arsenal-Spielmacher Mesut Özil in seinem 50. Länderspiel trotz seines genialen Treffers als einzige Spitze ziemlich verloren vorkommen musste. Denn Löws auserkorene "falschen Neun" musste sich mangels Anspiele im falschen Film vorgekommen sein muss.
"Wir müssen noch viele Kleinigkeiten verbessern, wenn wir in Brasilien tatsächlich zu den Favoriten zählen wollen", bemerkte denn auch selbstkritisch Bastian Schweinsteiger, der selbst nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Damit bezog sich der Vize-Kapitän auf die mangelhafte Passgenauigkeit und auch die fehlenden Vollstreckerqualitäten im Angriff. Denn trotz 75 Prozent Ballbesitz und 28 Torschüssen fehlten auch gegen die Iren die ganz klaren Einschussmöglichkeiten.
Löws Vertragsgespräche vorerst auf Eis
Im letzten Qualifikationsspiel am Dienstag in Stockholm gegen Schweden (20:15 Uhr im Liveticker) soll dies bereits besser werden, wie Löw betonte. Möglicherweise lässt der Bundestrainer in Max Kruse zumindest einen etatmäßigen Stürmer in vorderster Front agieren. "Das ist eine Möglichkeit", sagte der Bundestrainer, der in den kommenden Tagen seinen Vertrag beim DFB verlängern wird.
Bis zur Wochenmitte liegen die Vertragsgespräche aber auf Eis. "Ich habe immer gesagt, dass wir über dieses Thema nach der Qualifikations-Runde sprechen. Und die ist noch nicht zu Ende. Wir haben ja bereits einige Eckdaten abgeklärt, von daher sehe ich keine Probleme. Bis zum Schweden-Spiel tut sich nichts, dann werden wir mit dem Präsidenten und dem Generalsekretär reden", betonte Löw.