Nach starkem 6:0 gegen Armenien
DFB-Team - Adeyemi, Wirtz, Musiala und Co.: Flicks junge Wilde für die Heim-EM 2024
- Aktualisiert: 06.09.2021
- 12:26 Uhr
- ran.de / Kai Esser
Die deutsche Nationalmannschaft hat beim 6:0 gegen den bisherigen Tabellenführer Armenien in der WM-Qualifikation die Fans und Experten beeindruckt wie begeistert. Dabei zeigten vor allem die jungen Offensivspieler, dass die Zukunft der Nationalelf rosig sein kann - auch ohne großen Mittelstürmer.
München/Stuttgart - Die Sorgen um die deutsche Nationalmannschaft nach dem enttäuschenden Aus im EM-Achtelfinale gegen England waren groß. Das Durchschnittsalter des Kaders lag in den hohen Zwanzigern, die offensive Durchschlagskraft war quasi nicht gegeben.
Bezeichnend dafür war Jamal Musiala, der gegen England in der 90. Minute eingewechselt wurde und keinerlei Chance hatte, seine jugendliche Leichtigkeit gegen das Heimatland seiner Mutter zu zeigen. Der mittlerweile in Rente gegangene Bundestrainer Joachim Löw vertraute der Jugend offenbar nicht genug.
Flick legt vollstes Vertrauen in seine Youngster
Vertrauen ist jedoch das, was junge Spieler am meisten benötigen. Insgesamt fünf U21-Europameister hat Neu-Bundestrainer Hansi Flick in seinen ersten Kader berufen. Zum Vergleich: Im EM-Kader von Joachim Löw war mit Serge Gnabry nur ein U21-Europameister von 2017. Führungsspieler von damals wie Maximilian Arnold fanden keine Beachtung.
Von jenen fünf Europameistern aus dem Team von Stefan Kuntz wurde in den Spielen gegen Armenien und zuvor Liechtenstein (2:0) vier eingesetzt, lediglich Nico Schlotterbeck vom Sport-Club Freiburg ist aus dem Quintett noch ohne Einsatzminute. Gegen Island (Mittwoch ab 20:45 Uhr im Liveticker auf ran.de) besteht noch die Chance auf sein Debüt.
Zu den fünf U21-Kickern kommt noch zuvor genannter Musiala hinzu. Der Dribbelkünstler mit englischen Wurzeln durfte gegen Liechtenstein von Anfang an ran, sein beherztes Dribbling und sein gut getimter Pass auf Timo Werner brachen den Bann gegen einen Gegner, der sich regelrecht am eigenen Sechzehner verschanzte.
Nicht selten wird Deutschland es mit dieser Art Gegner zu tun bekommen, umso wichtiger, dass Spieler oft das Dribbling suchen. Eine Eigenschaft, die man zuletzt in der Nationalelf vermisste.
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Wirtz, Musiala, Adeyemi: Die Gesichter der neuen deutschen Offensive
Nachdem sich die deutsche Mannschaft zwischen der 46. und 60. Minute eine kleine Pause genommen hatte, brachte Hansi Flick Florian Wirtz und Musiala. Beide 18 Jahre jung, beide Ballkünstler und beide ausgestattet mit jugendlichem Elan und Spielfreude.
Das belegte gleich die erste Szene: Einen scharfen Ball von Thilo Kehrer auf Musiala verwertete der Mann des FC Bayern mit dem Rücken zum Tor mit der Hacke weiter auf Wirtz. Der setzte zum Dribbling an und ließ zwei Armenier stehen, bevor sein Rückpass von der Grundlinie in einem Abschluss von Jonas Hofmann mündete, dessen Versuch mit größter armenischer Mühe von der Linie gekratzt wurde.
Es war eine bezeichnende Szene, wie Deutschland in den kommenden Monaten und Jahren auftreten sollte. Das Flick'sche Gegenpressing, welches in Ansätzen gegen Liechtenstein zu sehen und gegen Armenien vollumfänglich zu bewundern war, sowie die Kombinationsfreude der deutschen Offensivspieler ist die Art, wie Deutschland bei der Winter-WM 2022 in Katar agieren will.
In Minute 71 brachte Flick dann auch noch Karim Adeyemi, das nächste deutsche Offensivtalent, auf das sicher einige Nationen neidisch schielen.
In der Nachspielzeit zeigte sich ein weiteres Mal die unbändige Spielfreude der neuen deutschen Generation: Mit einem doppelten Doppelpass inklusive Hacke wurde der Salzburger von Wirtz freigespielt, um bei seinem Debüt auch gleich sein erstes Tor zu erzielen. Nicht zu vergessen Wirtz' erster Scorerpunkt mit dem DFB-Adler auf der Brust.
Freilich, Armenien ist nicht der Gradmesser. Dennoch ist die Spielfreude unverkennbar. Um sich das entsprechende Selbstvertrauen nach dem etwas trostlosen Auftritt gegen Liechtenstein zu holen, war der Gegner, der im Gegensatz zu Liechtenstein bei Gelegenheit auch versuchte nach vorne zu spielen, perfekt.
Moukoko in den Startlöchern
Neben den nun vielfach genannten Ballzauberern im deutschen Kader wartet das mutmaßlich größte Talent noch darauf, von der Leine gelassen zu werden. Youssoufa Moukoko, der bereits seit Jahren mehr oder weniger unfreiwillig durch seine herausragenden Leistungen im Rampenlicht steht, weilt aktuell bei der U21.
Nachdem das vergangene halbe Jahr - auch wegen einer hartnäckigen Bänderverletzung - suboptimal für den erst 16-Jährigen verlief, schoss er sich beim 6:0 gegen San Marino - seinem Debüt für die U21 - mit seinem ersten Doppelpack bei den DFB-Junioren den Frust von der Seele.
Für Borussia Dortmund ist Moukoko noch ohne Pflichtspieltor in dieser Saison, eine minimale Abseitsstellung verwehrte ihm das Führungstor gegen den FC Bayern im Supercup. Nach der ersten schwereren Verletzung seiner Karriere befindet sich das Supertalent wieder auf dem aufsteigenden Ast. Das dürfte Flick auch genauestens verfolgen und sich auch im steten Austausch mit U21-Coach Stefan Kuntz befinden.
Ein kleiner Makel bleibt jedoch: Auch Moukoko ist kein großer, bulliger Mittelstürmer wie etwa Teamkollege Erling Haaland. Stand September 2021 besitzt Deutschland keinen solchen Spieler von internationaler Klasse. Doch braucht man den überhaupt? Wenn die Kombinationen aus dem Armenien-Spiel zur Regel werden, dann wohl nicht.
Oberste Mission: Heim-EM 2024
Das oberste Gebot des Bundestrainers ist nicht die umstrittene Weltmeisterschaft im Winter 2022 in Katar. Das Hauptaugenmerk von allen Verantwortlichen beim DFB liegt auf der Europameisterschaft im eigenen Land im Sommer 2024.
Darauf richtet Flick seine Mannschaft auch jetzt schon aus. Nicht nur von der Spielidee her, sondern auch vom Personal. Die Altersstruktur scheint, als wäre dieses Turnier genau richtig angesetzt.
Während das Offensivtrio Musiala/Wirtz/Adeyemi im Sommer 2024 gerade einmal 21, 21 und 22 Jahre alt sein wird, sind auch bereits gestandene Nationalspieler wie Timo Werner (dann 28), Kai Havertz (25) oder Joshua Kimmich (29) zu jenem Zeitpunkt im besten Fußballeralter und mit einer Menge Erfahrung ausgestattet.
Den Weg, den Hansi Flick mit seinem Team eingeschlagen hat, ist ein guter.
Und wenn dieser so weitergeht, dann mündet er zur perfekten Zeit am perfekten Ort. Nämlich 2024 beim Turnier in Deutschland.
Kai Esser
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