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Europameisterschaft - Quali

Kosovo: Plötzlich das heißeste Team Europas

  • Aktualisiert: 12.06.2019
  • 18:03 Uhr
  • ran.de / Oliver Jensen
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Vor drei Jahren bestritt der Kosovo das erste offizielle Länderspiel. Nun ist die Mannschaft um Werder-Star Milot Rashica von allen europäischen Nationalmannschaften am längsten unbesiegt. Kurios: Bevor Trainer Bernard Challandes das Amt übernahm, war Kosovo noch das Sieglos-Team schlechthin.

München - Wer ist momentan die beste Nationalmannschaft von Europa? Wer nun die üblichen Verdächtigen wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal oder England nennt, liegt völlig daneben. Rein von den Ergebnissen her dominiert nämlich die Nationalmannschaft vom Kosovo den europäischen Fußball.

Seit 14 Spielen wurde kein Spiel mehr verloren – der beste Wert aller europäischen Nationalmannschaften. Mit dem 3:2 Sieg gegen Bulgarien hat sich die Mannschaft um Werder-Bremen-Star Milot Rashica erfolgreich in die Sommerpause verabschiedet. Der Siegtreffer in der Nachspielzeit durch Elbasan Rashani machte den ersten Sieg in der EM-Qualifikation perfekt.

"Ich bin sehr glücklich, ein tolles Ergebnis", sagte Trainer Bernard Challandes. "Wir haben nie aufgegeben, wir mussten treffen, wir wollten treffen, wir haben alles versucht und uns diesen Sieg verdient. Dies ist kein normaler Sieg. Dies ist unser erster Sieg in der Qualifikation der Europameisterschaft."

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Der erste Erfolg: Aufstieg in der Nations League

Die junge Nationalmannschaft, die erst am 3. Juni 2016 ihr erstes offizielles Länderspiel bestritt, könnte sich für die Europameisterschaft 2020 qualifizieren. Es wäre der größte Erfolg, nachdem Kosovo bereits mit dem Aufstieg in die Liga C der UEFA Nations League für Aufsehen gesorgt hat.  

Die Entwicklung der kosovarischen Nationalmannschaft gleicht einem Fußball-Märchen. Nach dem Bürgerkrieg und dem Zerfall Jugoslawiens war der Fußball vom Kosovo praktisch gar nicht existent. Lediglich sieben inoffizielle Länderspiele fanden zwischen 1993 und 2010 statt.

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Erst 2012 gab das FIFA-Exekutivkomitee den Anstoß dazu, die Nationalmannschaft vom Kosovo offizielle Freundschaftsspiele bestreiten zu lassen. Aufgrund heftiger Proteste vergingen allerdings vier Jahre, bis der offizielle Spielbetrieb dann wirklich begann.

Allzu erfolgreich verliefen die ersten Monate allerdings nicht. Im Gegenteil: Neun der ersten zehn Pflichtspiele wurden verloren. Im März 2018 erfolgte der Trainerwechsel. Bernard Challandes, der in seinem Heimatland Schweiz unter anderem die U 21 und verschiedene Vereine wie den FC Zürich trainiert hat und dort auch Meister wurde, übernahm die Nationalmannschaft des Kosovo.

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Trainer Challandes brachte die Wende

Mit dem 67-Jährigen kam die große Kehrtwende. Gelang vor seiner Amtsübernahme kein einziger Sieg, so ereignete sich danach keine einzige Niederlage mehr. Zwar befanden sich unter den jüngsten 14 Gegnern auch Fußball-Zwerge wie Madagaskar und Aserbaidschan.

Die Triumpmhe gegen Bulgarien und gegen Albanien oder auch das 2:2 gegen Dänemark nötigen allerdings Respekt ab. "Dieses Team hat gezeigt, dass es Eier hat", stellt der Trainer klar.

Der Kosovo besteht gerade einmal aus knapp 1,9 Millionen Einwohnern, ist also vergleichbar mit Hamburg. Doch es gibt eben viele junge Fußballspieler, die bzw. deren Familien als Flüchtlinge das Land verließen und die weiterhin für den Kosovo auflaufen dürfen. Oder Spieler, die einfach familiär bedingt für mehrere Nationen spielberechtigt sind.

Challandes hat es geschafft, mit Hilfe dieser Möglichkeiten eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. Es gibt Beispiele wie Leart Paqarada, Fanol Perdedaj und Donis Avdijaj, die für die deutschen Juniorenteams aufliefen und dann Nationalspieler vom Kosovo wurden. Oder Milot Rashica, Paqarada und Kapitän Samir Ujkani, die vorher für Albanien spielten. Die meisten Spieler im Kader haben eine doppelte Staatsbürgerschaft. Fünf der Kosovo-Nationalspieler haben zum Beispiel Wurzeln in der Schweiz - dem Land des Trainers. 

Im Interview mit watson.ch berichtet Challandes, wie er auf all diese Spieler Aufmerksam wird: "Immer wenn ein Kosovare irgendwo in Europa auch nur eine Minute gespielt hat, ruft irgendjemand den Verband an. Ich werde informiert, beobachte und wähle einfach aus." Noch sei ist die Auswahl zwar nicht sonderlich groß – doch die Tendenz ist positiv.

Video-Studium mit Manchester City und Real Madrid

Genauso wichtig wie die Personalauswahl war die taktische Weiterentwicklung. "Der Kosovo hat in der Vergangenheit zu viele Gegentore kassiert. Das Problem waren die Stürmer, die ihren Job nicht gemacht haben und die Schuld für die Gegentore den Verteidigern zugeschoben haben", erzählt der Trainer.

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"Ich habe ihnen Videos von Man City und Real Madrid gezeigt, damit sie lernen, wie sie als Stürmer verteidigen." Das Motto des Übungsleiters lautet: "Im modernen Fussball spielen wir mit zehn Verteidigern." Mit dieser taktischen Vorgabe kamen die Erfolge. Wohin das führen wird?

Im Oktober kündigte Challandes an, im Jahre 2020 seine Trainertätigkeit beenden zu wollen. "Dann bin ich 70 Jahre alt. Die EM-Teilnahme mit dem Kosovo ist meine letzte Chance."

Gut möglich, dass er diese nutzen wird.

von Oliver Jensen

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