Zwischenfälle rund um Europacup-Spiele
ranSicht zu Ausschreitungen in der Europa League: Zu viele Fans zeigen ihre hässliche Fratze
- Aktualisiert: 01.10.2021
- 16:28 Uhr
- ran.de / Marcus Giebel
Die Fans dürfen in immer größeren Scharen zurück in die Stadien. Das freut alle Beteiligte. Doch am Donnerstag entstanden Bilder, die niemand sehen will. Ausgerechnet jetzt. Das schmerzt vor allem die echten Supporter, deren Rolle während der Geisterspiel-Phase gestärkt wurde und die längst zu Protagonisten geworden sind, findet ran-Autor Marcus Giebel.
München - Der Fußball lebt von Emotionen. Genau deshalb wird der Sport von Millionen Menschen auf der Welt geliebt und mit Herzblut betrieben. Oder genutzt, um mitfiebern zu können. Bei etwas Größerem dabei zu sein. Dass die Massen bewegt und gesellschaftlich relevant ist.
Willkommen im Profifußball! Und willkommen zurück, liebe Fans! Nachdem die Zuschauer monatelang wegen der Corona-Pandemie ausgesperrt waren, sind sie nun wieder dabei. Und auch mittendrin. Manchmal sogar zu sehr, denn im Europacup gab es beileibe nicht nur die erwünschten schönen bunten Bilder in den Stadien.
Zu viele der sogenannten Fans zeigten auch die hässliche Fratze der Zuschauer-Rückkehr.
Halbstarke pfeifen dunkelhäutigen Rangers-Profi aus
An diesem Donnerstag waren einige der entstandenen Aufnahmen von den Rängen oder auch aus den Spielorten alles andere als vorzeigbar. Sondern ein Alarmsignal. Gleich bei fünf Spielen schrieben die Supporter unrühmliche Schlagzeilen. Aus den verschiedensten Gründen.
Da wäre das Duell zwischen Sparta Prag und den Glasgow Rangers, bei dem der dunkelhäutige Gästespieler Glen Kamara bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wurde. Von Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 14 Jahren.
Nur die bekamen überhaupt Zutritt zum Stadion, nachdem die UEFA wegen rassistischer Vorfälle während des Spiels gegen AS Monaco in der vergangenen Saison ein Geisterspiel verhängt hatte, sich jedoch zu einer Ausnahmegenehmigung hinreißen ließ.
An sich eine tolle Idee, jungen Fans so ein ganz besonderes Erlebnis zu ermöglichen. Doch einige der Halbstarken nutzten die Gelegenheit gnadenlos aus, um sich auf den Finnen mit Wurzeln in Sierra Leone einzuschießen und dessen Gelb-Rote Karte sogar lautstark zu bejubeln.
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Verletzte Polizisten in Marseille
Die Partie zwischen Olympique Marseille und Galatasaray Istanbul war ohnehin als Risikospiel eingestuft worden, weshalb Fans aus der Türkei nicht ins Stadion durften. Die Gäste aber wurden von Fans aus anderen Teilen Europas begleitet. Das Ende vom Lied: Bei Ausschreitungen, die eine achtminütige Unterbrechung nötig machten, wurden drei Polizisten verletzt.
Es flogen Rauchbomben und Feuerwerkskörper. Frankreich ist in Sachen Ausschreitungen während Fußballspielen derzeit ohnehin ein gebranntes Kind: Die Ligue-1-Partie zwischen OGC Nizza und Marseille wurde sogar abgebrochen, das Spiel zwischen RC Lens und OSC Lille nur nach langer Unterbrechung fortgesetzt.
Flaschen fliegen zwischen Fan-Blöcken
In London wurden derweil Wasserflaschen immer wieder zu Wurfgeschossen umfunktioniert. Beim Auftritt von Rapid Wien bei West Ham United flogen schon vor dem Anpfiff Gegenstände zwischen den Fangruppen hin und her.
Nach dem Führungstreffer der Gastgeber versuchten dann sogar Zuschauer aus dem Gästeblock, in die Menge der "Hammers"-Anhänger zu stürmen. Polizei und Ordner verhinderten Schlimmeres. Auch ein zweiter Versuch nach dem Spiel wurde unterbunden.
Zwischenfälle mit Frankfurt- und Union-Fans
Auch Fans deutscher Vereine brachten ihre Lager in Verruf. So sollen Supporter von Eintracht Frankfurt in Antwerpen die Terrasse einer Bar in Stadionnähe zerstört haben. Außerdem ist von Auseinandersetzungen mit der Polizei die Rede. Unter anderem flog offenbar Pyrotechnik. Insgesamt seien 300 Personen beteiligt gewesen, es gab mehrere Festnahmen. Obendrein wurde Keeper Kevin Trapp während des Spiels von einem Böller getroffen.
Aus Berlin heißt es, Union-Fans hätten in einem gemischten Block Anhänger von Maccabi Haifa antisemitisch beleidigt. So berichtet es das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Potsdam. Auch sei versucht worden, eine Israel-Fahne anzuzünden.
Ohne Fans fehlte dem Fußball ein elementarer Teil
Fünf Vorfälle, die sprach- und fassungslos machen. Gerade weil die Monate mit Spielen vor leeren Rängen so augenscheinlich demonstrierten, wie farb- und emotionslos der Profifußball ohne den lautstarken Support doch ist. Es verfestigte sich der Eindruck, dass etwas fehlte. Und zwar ein elementarer Teil.
Alle zusammen - Fans, Spieler und wohl auch Funktionäre - hatten die Rückkehr der Zuschauer herbeigesehnt. Nun ist es endlich wieder so weit, dass sich die Tribünen füllen. Und der Fußball an den Sport erinnert, der Millionen Menschen rund um den Globus in seinen Bann zieht.
Ausschreitungen sind hässliche Seite
Umso erschreckender sind die Vorkommnisse in Prag, London, Marseille, Antwerpen und Berlin. Gerade weil auch die Übeltäter, die ganz sicher nur einen kleinen Teil der Fanschar ausgemacht haben, aber nunmal die sichtbarsten waren, sich ja auch so lange gedulden mussten, ehe sie wieder live vor Ort dabei sein konnten.
Dennoch zeigte sich an diesem Donnerstag eine hässliche Seite des Profifußballs. Um nicht zu sagen: eine hässliche Fratze.
So wird Autorität der Fans untergraben
Kein Zweifel: Die Fan-Rückkehr ist ein Geschenk für den Fußball. Doch mit solchen Bildern und Meldungen untergräbt eine kleine Minderheit die Autorität der Supporter. Das kann niemand wirklich wollen.
Nicht nur die Fußballer müssen gerade in dieser noch immer speziellen Zeit Vorbilder sein. Das gilt grundsätzlich auch für die Fans. Denn ob sie es wollen oder nicht, sind sie doch auch Protagonisten des Spiels. Können mit ihrer Stimme im Stadion Einfluss nehmen. Dass der Anteil der Heimsiege während der Geisterspiel-Phase zurückging, ist sicher kein Zufall.
Der Fußball braucht die Fans
Aber auch von außerhalb wird auf sie geschaut. Und teilweise auch zu ihnen aufgeschaut. In diesen Zeiten mehr denn je.
Denn wenn eines kristallklar wurde in den vergangenen anderthalb Jahren dann dies: Der Profifußball braucht die Fans. Gerade im Stadion. Aber nicht so, wie in einigen Stadien und Städten an diesem Donnerstag der Schande. Die Fans sollten sich benehmen wie Fans und nicht wie Idioten, die lange zuhause ein- und aus den Stadien ausgesperrt waren. Denn diese Zeit möchte man sich nicht zurückwünschen.
Marcus Giebel
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