Unnötiger Preis
ranSicht zu Globe Soccer Awards: Lewandowski hätte sich den Trip sparen sollen
- Aktualisiert: 28.12.2020
- 12:51 Uhr
Robert Lewandowski und einige Fußballpersönlichkeiten jetten nach Dubai zu den Globe Soccer Awards. Eine Reise, die sich in diesen Zeiten nicht gehört, findet ran.de-Mitarbeiter Tim Brack.
München - Es war der Moment, den die ganze Fußballwelt ein Jahr lang herbeigesehnt hatte. Vom weichgespülten Erfolgsfan bis zum hartgesottenen Ultra versammelten sich alle vor ihren Bildschirmen, um Zeuge dieses großen Ereignisses zu werden. Dann kam der Augenblick, an den man sich ewig erinnern würde. Den Enkeln wird man erzählen können, wo man war, was man tat, was man an hatte, als: Robert Lewandowski den Globe Soccer Award für den besten Spieler verliehen bekam!
Den was? Den Globe Soccer Award, natürlich! Seit 2010 wird diese Auszeichnung in verschiedenen Kategorien vergeben und ist laut Wikipedia auch als "Dubai d'Ors" bekannt. Wem dieser Preis überhaupt und dann noch unter diesem Namen geläufig ist - außer vielleicht den Globe-Soccer-Awards-Veranstaltern, die den Wikipedia-Eintrag höchstwahrscheinlich selbst verfasst haben - bleibt ein Mysterium.
Ronaldo und sein Berater sind Dauersieger
Jedenfalls haben sich die Organisatoren dieses Preises auf die Fahne geschrieben, "nicht nur die besten Spieler und Trainer auszuzeichnen, sondern auch die Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten und bisher nicht gewürdigt wurden".
So wird beispielsweise auch der "Beste Agent" geehrt, weil Spielervermittlern durch fürstliche Transferbeteiligungen ja nicht genug geschmeichelt wird. Bei den Globe Soccer Awards gewann in neun von zehn Jahren Ronaldo-Berater Jorge Mendes.
Und Cristiano Ronaldo dürfte einer der wenigen Menschen sein, denen der Globe Soccer Award für den Spieler des Jahres etwas bedeutet. Aber nur, weil er Lionel Messi dort weit hinter sich gelassen hat (6:1).
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Ruhe hätte Lewandowski mehr genutzt
Dass Robert Lewandowski seinen Preis persönlich in Dubai entgegennahm, war offensichtlich mit seinen Vorgesetzten beim FC Bayern abgesprochen. Der Stürmer beließ es bei einem Kurztrip ins arabische Emirat: hin, Trophäe krallen, zurück. Aufenthalt: keine 48 Stunden. Vor Ort noch schnell einen Corona-Test, damit er beim Trainingsauftakt am Dienstag anwesend sein kann.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen darf die Sinnhaftigkeit dieses globalen Abholdienstes schon allein aus regenerativen Maßnahmen hinterfragt werden. Die vor der Winterpause sehr müde wirkenden Profis der Münchner erwartet ein strapaziöses Programm nach der kurzen Verschnaufpause. Da wäre die Nach-Weihnachtszeit wohl besser auf dem Sofa verbracht worden als im Flieger.
Der Fußball sendet das falsche Signal
Der schwerwiegendere Einwand lautet aber wie so oft dieser Tage: Corona. Ist es während einer Pandemie nötig, um die halbe Welt zu fliegen und einen belanglosen Preis abzuholen? Sicher, Lewandowski und der FC Bayern werden vorbildlich aufgepasst haben, dass sich der Pole das Virus nicht einfängt. Aber es geht auch um das Zeichen, das gesendet wird.
Während viele Menschen überlegen, ob sie ihre Verwandten besuchen und wie sie Kontakte reduzieren, jetten zahlreiche Fußballpersönlichkeiten (neben Lewandowski waren auch Infantino, Casillas, Ronaldo und Pique vor Ort) mal kurz nach Dubai, um sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Da können die Vorsichtsmaßnahmen noch so gut gewesen sein, den Trip hätten sie sich allesamt besser gespart.
Ausgerechnet die Fifa als Vorbild
Das Emirat wird diese PR-Maßnahme gefreut haben, genauso wie die Handvoll Sponsoren und Partner, die sich eher im Luxussegment tummeln als da, wo der gemeine Fußballfan sich herumtreibt. Aber die Verleihung zeigt einmal mehr, wie weit sich die Fußballbranche in vielerlei Hinsicht von seiner Basis entfernt.
Dass es auch anders geht, hatte ausgerechnet die Fifa - die sonst auch gerne mal in ein Fettnäpfchen hechtet - gezeigt, als sie die Auszeichnung zum Weltfußballer größtenteils per Videokonferenz abhielt. Der Moment, in dem Lewandowski diese Trophäe erhielt, wird tatsächlich vielen Menschen im Gedächtnis bleiben, die es dem Bayern-Stürmer gegönnt hatten.
Tim Brack
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