FC Barcelona in der Krise
Verrücktes Spanien: FC Barcelona am Boden, Real Sociedad San Sebastian oben
- Aktualisiert: 04.11.2020
- 19:25 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Während der FC Barcelona sportlich und finanziell in einer schweren Krise steckt, drehen kleinere Vereine wie Real Sociedad San Sebastian und der FC Cadiz auf.
München - Pep Guardiola steht für die erfolgreichste Ära des FC Barcelona (heute ab 21 Uhr gegen Dynamo Kiew im Liveticker auf ran.de).
Von 2008 bis 2012 gewann er mit den Katalanen 14 Titel, darunter zwei Mal die Champions League. Kein Wunder also, dass der aussichtsreiche Präsidentschafts-Kandidat Joan Laporta, der in seiner ersten Amtszeit Guardiola zum Cheftrainer befördert hatte, den Erfolgstrainer gerne zurückholen würde.
Doch eine Rückkehr ist für Guardiola keine Option. "Meine Karriere als Trainer in Barcelona ist vorbei", stellte er gegenüber der Presse klar.
Vielleicht weil er weiß, dass der FC Barcelona von heute nur noch wenig mit dem FC Barcelona von damals gemein hat.
Barcelona muss 189 Millionen Euro Gehälter einsparen
Die Verluste in der Corona-Pandemie zwingen Barca zum radikalen Sparkurs. Die englische Tageszeitung "The Sun" berichtet, dass die Spanier am heutigen Mittwoch Gehaltseinsparungen von rund 189 Millionen Euro vereinbaren müssen, um nicht möglicherweise Konkurs zu gehen.
Die finanzielle Situation ist beängstigend: Die Einnahmeverluste durch die Corona-Krise summieren sich auf rund 200 Millionen Euro. Der Schuldenberg wächst und wächst, soll bereits rund 490 Millionen Euro betragen.
Der größte Kostentreiber: die Gehälter.
Rund 393 Millionen Euro werden pro Jahr an die Spieler überwiesen. Gehaltskürzungen von 30 Prozent sollen nun im Gespräch sein.
Barcelona droht im Chaos zu versinken. Der überraschende Rücktritt von Präsident Josep Bartomeu sorgte ebenfalls für Unruhe.
Carles Tusquets übernahm interimsweise die Vereinsführung und schlägt Alarm: "Die Finanzen Barcas sind durch die Pandemie enorm strapaziert. Die Klub hängt stark vom Tourismus ab, der aber komplett tot ist."
Die Probleme im Verein wirken sich auf die Mannschaft aus. Keines der vergangenen vier Ligaspiele konnte Barcelona gewinnen. Acht Punkte nach sechs Spielen ergibt einen enttäuschenden 12. Tabellenplatz.
Kurios: Während Barcelona tabellarisch im Mittelfeld zu versinken droht, drehen kleinere Vereine richtig auf.
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Real Sociedad San Sebastian: Ohne Transferausgaben erfolgreich
Der aktuelle Tabellenführer der La Liga ist Real Sociedad San Sebastian. Der Verein aus dem Norden von Spanien hat die letzten vier Ligaspiele allesamt gewonnen.
Ein Grund für den Erfolg ist die gut durchdachte Vereinspolitik.
Während andere Vereine wie Barcelona, Real Madrid oder Atletico Madrid seit Jahren hohe Summen auf dem Transfermarkt verschleudern, agiert San Sebastian sehr vorsichtig.
Im vergangenen Sommer wurden 25,25 Millionen Euro durch Transfers eingenommen. Die Transferausgaben? Keine. Real Sociedad setzt konsequent auf den Nachwuchs und eine eingespielte Mannschaft.
Der Großteil des Kaders spielt seit Jahren zusammen. Vier der fünf Neuzugänge, wenn man diese überhaupt so nennen kann, entsprangen der eigenen B-Mannschaft. Hinzu kommt der 34-jährige Routinier David Silva, der ablösefrei von Manchester City kam und der Mannschaft im offensiven Mittelfeld eine Struktur verschafft.
Der 23 Jahre alte Nationalspieler Mikel Oyarzabal, der aus dem eigenen Nachwuchs stammt, führt aktuell mit fünf Toren die Torschützenliste der spanischen Liga an. In Mikel Merino, Adnan Januzaj und Alexander Isak zählen auch drei ehemalige Spieler von Borussia Dortmund zum Kern der Mannschaft.
Dass Real Sociedad auch in der Europa League vertreten ist und dadurch eine Mehrfachbelastung hat, scheint dem drittjüngsten Kader der Liga - der Altersschnitt liegt bei 25,7 Jahren - keine Schwierigkeiten zu bereiten.
FC Cadiz: Der Aufsteiger auf der Überholspur
San Sebastian ist nicht die einzige Überraschungsmannschaft der spanischen Liga. Auf Tabellenplatz 4 rangiert der FC Cadiz. Spätestens seit dem 1:0-Sieg gegen Real Madrid vom 6. Spieltag hat die Mannschaft aus Andalusien bewiesen, kein Aufsteiger wie jeder andere zu sein.
Cadiz investierte nach dem Aufstieg 10,2 Millionen Euro in den Kader. Das klingt nicht viel, ist für Cadiz aber ein Vermögen. Seit 15 Jahren hatte der Verein auf dem Transfermarkt keine Millionenbeträge mehr investiert, zahlte jahrelang sogar überhaupt keine Ablösen.
Noch immer ist die Vereinsführung dazu in der Lage, aus verhältnismäßig wenig Geld viel zu machen.
Mittelstürmer Alvaro Negredo, der bislang zwei Tore erzielt hat, kam im vergangenen Sommer ablösefrei. Mit seinen 35 Jahren bringt er viel Erfahrung mit, spielte unter anderem bereits für Manchester City und den FC Valencia.
Dass Vereine wie San Sebastian und Cadiz in der Tabelle vor den FC Barcelona rangieren, sagt viel über die schwierige Situation der Katalanen aus.
Der ehemalige Nationalspieler und Spanien-Experte Bodo Illgner rät: "Barcelona sollte sich auf die angespannte finanzielle Lage fokussieren. Das kann ein neuer Präsident auch nicht über Nacht beheben."
Genauso wenig wie Pep Guardiola das könnte.
Oliver Jensen
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