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WM 2022 – Immer wieder dramatisches Scheitern! So gewinnt England nie einen Titel – ein Kommentar
- Aktualisiert: 11.12.2022
- 19:00 Uhr
- ran.de
Wenn ein Trauma zur Tradition wird: Selbst mit einer goldenen Generation gewinnt England keine Titel. Das könnte noch länger so bleiben. Ein Kommentar.
Von Andreas Reiners
München – Auf England ist Verlass. Denn irgendwas ist immer.
Gerne war es früher Deutschland, das England auf dem Weg zum zweiten großen Titel nach 1966 im Weg stand. Gerne auch mal ein Elfmeterschießen (WM 1990, EM 1996, WM 1998, EM 2004, WM 2006, EM 2012, EM 2021), hin und wieder sogar in Kombination mit dem DFB-Team.
Manchmal war es auch die eigene Dummheit. Der eigene Torhüter. Der Schiedsrichter. Oder Pech.
Doch wie sagt man so schön: "Immer Glück ist Können, immer Pech ist Unvermögen."
Das englische Unvermögen mag für Außenstehende inzwischen beste Unterhaltung sein, für das Mutterland des Fußballs ist es ein Trauma, das tiefe Wunden gerissen hat, die möglicherweise nicht mehr verheilen.
Das Trauma wird zur Tradition.
Auch die goldene Generation schafft es nicht
Denn angesichts der goldenen Generation, die Trainer Gareth Southgate da zur Verfügung hat, fragt man sich, was noch passieren muss, damit die sehnsuchtsvolle Warterei Englands endlich ein Ende hat. Selbst die sonst überschwängliche Negativität, die das Team oft umgab, konnte er verscheuchen.
Jude Bellingham, Harry Kane, Bukayo Saka, Phil Foden, Raheem Sterling, Marcus Rashford – der Kader hat zudem jede Menge Extraklasse zu bieten.
Mehr noch: Laut transfermarkt.de haben die 26 Spieler im Schnitt einen Marktwert in Höhe von 48,46 Millionen Euro – mehr als alle anderen Mannschaften. Auf Platz zwei liegt Brasilien fünf Millionen Euro dahinter. England-Bezwinger Frankreich liegt bei knapp 40 Millionen Euro.
Spielereien, klar, denn bei den großen Turnieren sind Nuancen und auch andere Dinge entscheidend und teilweise sogar entscheidender als pure Qualität. Wie zum Beispiel Faktoren wie Zusammenhalt, Mentalität, Psyche, Willen, Killerinstinkt. Marokko lässt grüßen.
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Irgendwas war halt immer
Und die England-Legenden auch. Denn David Beckham, Wayne Rooney, Frank Lampard, Tony Adams, Alan Shearer, Paul Gascoigne – auch sie blieben alle ohne Titel. Zufall ist das nicht mehr.
Irgendwas war halt immer.
Deshalb haben gewisse Eigenschaften teilweise tatsächlich Tradition, weil sie irgendwann eine Mannschaft ausmachen. Sie brennen sich förmlich ein. Positiv wie negativ.
Brasilien stirbt seit Jahren in Schönheit, Kroatien ist der unangenehme Underdog und die Niederlande hat das Scheitern auch perfektioniert. Manche Dinge werden im Fußball zum Gesetz, weil das Spiel zum Glück nicht bis in die letzte seltsame Wendung erklärbar oder vorhersehbar ist. Deshalb gibt es auch kein Allheilmittel.
Wohl aber einen Trost. Denn vielleicht heilt ja doch die Zeit die Wunden, denn Uralt-Traditionen können gebrochen werden. Es ist also noch nicht alles verloren.
Deutschland zum Beispiel war immer eine Turniermannschaft. Das ist inzwischen kein Gesetz mehr, sondern nur noch eine Floskel. Denn verlässlich ist bei der WM inzwischen nur noch das Vorrunden-Aus.