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Henkel erwartet "keine Topleistungen" in Tokio
Die frühere Hochsprung-Weltmeisterin Heike Henkel blickt skeptisch auf die Chancen der deutschen Mannschaft bei der Leichtathletik-WM in Tokio (ab Samstag). "Generell glaube ich, dass wir viele gute, aber keine Topleistungen deutscher Athleten sehen werden", sagte die Olympiasiegerin von 1992 im Interview mit der Funke Mediengruppe: "Es gelingt in Deutschland immer weniger, junge Athleten in die Spitze zu führen."
Als Henkel selbst bei der WM 1991 in Tokio Gold mit übersprungenen 2,05 m geholt hatte, war die Leichtathletik-Welt noch eine andere. Fünf WM-Titel und insgesamt 17 Medaillen nahmen deutsche Athletinnen und Athleten aus Japan mit nach Hause. Bei der zurückliegenden WM 2023 in Budapest stand kein Deutscher mehr auf dem Podium.
Für Henkel ist der Niedergang der deutschen Leichtathletik auch ein System-Problem. Andere Länder seien im Vorteil. "Die Niederlande sind nicht groß, von überall ist man schnell an einem zentralen Stützpunkt. Und in Frankreich geht es ohnehin zentralistisch zu: Da wird gesagt, ihr kommt jetzt alle hierher und gut. Das geht bei uns in einem föderalen System nicht", sagte die 61-Jährige.
Die Leichtathletik müsse "Zentren für Disziplinen zu schaffen, an denen die Athleten von sich aus trainieren wollen, indem dort die besten Trainer und Bedingungen gestellt werden." Das sei einst in Deutschland so gewesen: "Wer gut im Sprint werden wollte, ging zum Beispiel nach Wattenscheid, Hochspringerinnen gingen nach Leverkusen. Aber klar, man muss auch der Typ dafür sein, seine Heimat zu verlassen."
Immerhin eine Überraschung in Tokio traut Henkel ihren Nachfolgerinnen im Hochsprung Christina Honsel und Imke Onnen zu. Zwei Meter müssten es für eine Medaille aber schon sein. "Das Potenzial haben beide", sagte Henkel "hoffnungsvoll". Die deutsche Meisterin Honsel hat die magische Marke sogar schon einmal überquert.