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Quantensprung auch ohne Boll: Fan-Zhendong-Hype in der TTBL
Timo Bolls Schläger liegt erst knapp einen Monat in der Ecke, da schreibt der chinesische Olympiasieger Fan Zhendong in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) ohne einen einzigen Ballwechsel schon an einem gänzlich neuen Kapitel. Durch den neuen Superstar von Champions-League-Sieger 1. FC Saarbrücken-TT haben das Interesse am deutschen Oberhaus und besonders das Ticketing eine selbst zu Boll-Zeiten unvorstellbare Dimension erreicht.
"Es ist eine tolle Sache, dass wir Fan bekommen haben, aber es prasselt ganz schön etwas auf uns ein", sagt Saarbrückens Teammanager Nicolas Barrois im SID-Gespräch über die veränderte Aufgabenstellung.
Im Schnelldurchgang mussten sich die bei allen Erfolgen bodenständig gebliebenen Saarländer auf eine neue, eine spektakuläre Wirklichkeit im Rampenlicht einstellen. Denn übertragen auf Fußball-Verhältnisse dürfte die Verpflichtung eines Tischtennis-Weltstars von Fans Kaliber etwa einem Wechsel von Spaniens Wunderkind Lamine Yamal oder früher Lionel Messi zu Bayer Leverkusen oder Eintracht Frankfurt entsprechen.
Hatte die TTBL bisher eine stabile Position im Schatten der größeren Sportarten festigen können, kommt das schlagartig gestiegene Interesse rund um den Globus an Fans neuer Wahlheimat geradezu einem Quantensprung gleich - zumal der Saisonstart erst in mehr als fünf Wochen erfolgt.
In Saarbrücken macht sich beim Klub des deutschen Stars Patrick Franziska die neue Popularität vor allem durch eine in die Höhe geschossene Nachfrage für Eintrittskarten bemerkbar. Die ersten zwei Heimspiele sind schon ausverkauft, so früh wie nie zuvor.
90 Prozent der Tickets, berichtete Barrois im Saarländischen Rundfunk, hätten sich Asiaten und Chinesen gesichert, die zu den Spielen ihres Idols einfliegen werden. Das Problem: "Wir müssen Lösungen finden, wie wir unsere Stammzuschauer der letzten 15 Jahre bedienen."
Auch Saarbrückens Rivalen haben bereits eine Ahnung von Fans Anziehungskraft vor allem auf seine Landsleute bekommen. "Als wir Mitte Juli unseren Online-Ticketshop aufgeschaltet haben", schildert Manager Andreas Albert von Play-off-Halbfinalist TSV Bad Königshofen in einer SID-Umfrage unter Saarbrückens kommenden Auswärtsgegnern, "kamen alle zwei Minuten Bestellungen - aus Canberra, New York, Peking, Shanghai, von Chinesen in Belgien und den Niederlanden, gefühlt von fast überall in der Welt."
Bei den Franken bestreiten Fan, Franzisa und Co. ihr erstes Saisonspiel in einer fremden Halle, entsprechend herrscht nicht nur in der Region Neugier: "Wir würden", meint Albert, "auch eine größere Halle in Coburg mit 3000 Leuten vollbekommen. So etwas gab es noch nie. Bei Spielen gegen Timo Boll und Borussia Düsseldorf war unsere Halle auch immer voll, aber der Vorverkauf war verglichen mit dem kommenden Saarbrücken-Spiel jetzt total zäh."
Wie Albert hat auch sein Kollege Sascha Greber bei Werder Bremen von Saarbrücken Signale für Fans Einsatz an der Weser bekommen. "Wir haben daraufhin", beschreibt Greber die Reaktion der Hanseaten auf den nicht vorhergesehenen Hype um Saarbrückens zweimaligen Weltmeister, "unsere Kontingente für Vereinsmitglieder für dieses besondere Spiel aus dem Online-Vorverkauf genommen. Ansonsten wären diese Tickets in kürzester Zeit ganz sicher von Chinesen aus allen möglichen Ländern aufgekauft worden. Das haben wir noch nicht erlebt."