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Whistleblower-Paar Stepanow: Schwere Vorwürfe gegen IOC und Co.
Über zehn Jahre nach seinen Enthüllungen über Russlands Staatsdoping und der anschließenden Flucht fühlt sich das damalige Whistleblower-Paar Julia Stepanowa und Witali Stepanow im Kampf um den Aufbau einer sicheren Existenz im Stich gelassen. Die Kritik richtet sich dabei gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC), weitere Spitzensport-Organisationen und Behörden. "Wir haben immer noch keine staatsbürgerlichen Rechte und Dokumente. Ich nehme an, so bedanken sich Olympia und Anti-Doping-Institutionen dafür, dass man Betrug und Doping aufgedeckt hat", erklärte Stepanow in der ARD.
Die Stepanows hatten 2014 ungeachtet aller Risiken die ersten Beweise für systematisches Doping im russischen Spitzensport geliefert. Als Konsequenz erfolgte Russlands Ausschluss von Olympischen Spielen.
Stepanow und seine früher als Mittelstrecklerin international aktive Frau Julia leben mit ihren zwei gemeinsamen Kindern letzten Informationen zufolge seit langer Zeit schon in den USA an einem geheimen Ort. Aufgrund ihrer offenbar entgegen ursprünglicher Versprechungen weiterhin nicht erfolgten Einbürgerung können die Stepanows das Land nicht verlassen und haben Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche. "Wir wissen nicht, ob wir jemals wieder wie normale Menschen leben können", klagte Stepanow.
In einem Brief an den früheren IOC-Boss Thomas Bach, die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und den Leichtathletik-Weltverband World Athletics (WA) bat der Familienvater nun auch im Namen seiner Frau nochmals um Unterstützung. "Sollten Whistleblower Rechte und Dokumente haben? Oder sollen sie getäuscht, in ein anderes Land gebracht und dann vergessen werden? Ich hoffe, dass jemand antwortet", zitierte die ARD aus dem Appell an die "menschliche Seite" der Funktionäre. Reaktionen sind bisher nicht bekannt.
Durch ihren ungeklärten Asyl-Status lebt die Familie momentan unverändert in Angst vor einer Ausweisung. Im Falle einer damit verbundenen Abschiebung in ihre Heimat befürchten die Stepanows massive Strafen in Russland für ihre als "Verrat" geltenden Doping-Aussagen. "Man versucht, nicht darüber nachzudenken, sein Leben zu leben. Aber an manchen Tagen geht das nicht", sagte Witali Stepanow: "Es ist, als wäre es in deinem Kopf."