Motorsport DTM
"Auto reagiert deutlich besser": Wieso es bei Timo Glock dennoch nicht rund lief
Die Ergebnisse bestätigen es noch nicht so richtig, doch Timo Glock zeigt nach dem Lausitzring-Wochenende und seinem McLaren-Fahrzeugtausch mit dem Daumen nach oben. "Ich hatte das Gefühl, dass wir erstmals seit dem Portimao-Test (3. - 4. März; Anm. d. Red.) ein Auto hatten, das konstant und gleichbleibend war und sich nicht geändert hat", zeigt sich der Dörr-McLaren-Pilot im Gespräch mit Motorsport-Total.com ermutigt.
"Das fühlt sich völlig anders an als das, was ich vorher hatte", sieht Glock eine eindeutige Verbesserung. "Darauf können wir jetzt aufbauen." Der Ex-Formel-1-Pilot war nach großen Balance-Problemen mit dem Vorjahresauto von Vorgänger Clemens Schmid vor dem zweiten Saisonwochenende auf das Vorjahresauto seines Teamkollegen Ben Dörr umgestiegen.
Im Samstags-Qualifying war Glock mit 0,729 Sekunden Rückstand 21. und wurde im Rennen nach einem verpatzten Stopp 17. Sein 20-jähriger Teamkollege startete mit 0,321 Sekunden Rückstand von Platz zehn und landete auf Platz neun. Am Sonntag startete Glock (+0,652) von Platz 19, Dörr (+0,141) sogar von Platz fünf. Dafür wurde Glock im Rennen Zehnter, Dörr nach vielen Kollisionen 13.
"Single-Wheelspin" macht Glock das Leben schwer
"Das Auto reagiert definitiv deutlich besser und auch wie ein normales Auto reagieren sollte", lautet Glocks positives Urteil. "Ob es auf dem Stand von einem ganz Neuen ist, müssen wir weiter analysieren. Da waren uns übers Wochenende hinweg ein bisschen die Hände gebunden."
Was er damit meint? Der 43-Jährige, der die Dörr-Truppe mit seiner Erfahrung vorwärts bringen will, litt am Lausitzring unter einem Problem mit dem Differenzial, das von seinem ehemaligen Einsatzauto übernommen wurde. Das habe sich bereits am Freitag im Freien Training "leicht angedeutet", am Samstag habe es sich dann immer stärker gezeigt. Die Rede ist vom sogenannten "Single-Wheelspin" - ein einseitiger Radschlupf.
Was das ist? "Wenn das Differenzial nicht so sperrt wie es soll, dann bremst du in die Kurve rein, und es kann sein, dass das entlastete kurveninnere Hinterrad anfängt stehenzubleiben", sagt Glock.
Übersteuern am Eingang, Untersteuern in der Kurve
Das werde zwar durch das ABS-System verhindert, "aber dadurch gerät das Auto schon mal am Kurveneingang aus der Balance. Du kommst also mit Übersteuern in die Kurve rein, was schlecht ist. Und wenn du dann am Kurvenausgang aufs Gas gehen willst, ist das innere hintere Rad immer noch entlastet. Das kreiert Wheelspin, dadurch greift die Traktionskontrolle und hält natürlich zurück."
So könne man nicht ordentlich aus der Kurve beschleunigen. Normalerweise versucht man, dieses Phänomen über die Einstellung des Differenzials zu verhindern. "Aber wenn das Differenzial zu stark abgenutzt ist, kann es nicht mehr mit der übliche Vorspannung sperren", erklärt Glock, warum man mit mehr Vorspannung fahren musste.
Warum das Problem bis Zandvoort gelöst sein sollte
Der unangenehme Nebeneffekt: "Dann hast du zwar die Problematik gelöst, dass das Rad am Kurveneingang nicht mehr stehen bleibt, aber da jetzt beide hintere Räder gleichzeitig nach vorne fahren wollen, lenkt das Auto in der Mitte der Kurve nicht mehr so gut ein. Damit kreierst du ein Untersteuern."
Das sei laut Glock "der Nachteil" gewesen, während Teamkollege Ben Dörr mit viel weniger Vorspannung (Preload) fahren konnte. Warum man das Differenzial nicht getauscht habe? "Bens altes war gerade in der Revision, weil es von den Kilometern auch drüber war, bei mir wäre das jetzt der Fall gewesen. Deswegen hatten wir keine Möglichkeit", antwortet Glock.
Das Problem sei aber vor dem kommenden Rennwochenende in einer Woche in Zandvoort leicht lösbar, stellt er klar. Langfristig müsse man die Laufzeiten anpassen, "weil wir jetzt einfach auf einem anderen Niveau unterwegs sind", sagt er. "Da zählt jedes Zehntel - deswegen ist das eben die Erfahrung, die wir uns gerade erarbeiten, damit wir eine gute Basis für die Zukunft aufbauen."
Glocks 18,9-Sekunden-Stopp war kein Mechanikerfehler
Den Aufwärtstrend des Teams zeigt in den Qualifyings bislang vor allem Youngster Ben Dörr, doch auch Glock konnte in den Rennen im Gegensatz zu Oschersleben ordentlich mithalten und kämpfen - trotz seines Problems. "Ich habe mich einigermaßen drauf einstellen können, dann ging das im Rennen", erklärt er. "Ich bin dann mitgeschwommen, habe mich aus allem herausgehalten, um nach vorne zu kommen."
Dass am Samstag kein gutes Ergebnis möglich war, ist auf den Boxenstopp zurückzuführen, der 18,9 Sekunden dauerte, weil es ein Problem hinten rechts gab. "Das war wohl darauf zurückzuführen, dass ich einen Kontakt hatte, und die Felge war hinten beschädigt. Dadurch ging das Rad nicht runter", stellt er klar, dass es sich um keinen Mechanikerfehler handelte.
Der Blick ist aber jetzt schon nach Zandvoort gerichtet, wo Schmid im Vorjahr mit dem McLaren 720S GT3 Evo in die erste Reihe fuhr und mit Platz vier das bislang beste Dörr-Ergebnis einfuhr. Ein gutes Zeichen? "Das hoffen wir", sagt Glock. "Ich bin selbst gespannt. Der Test war nicht so überragend, aber da war ich noch im alten Auto."