Anzeige
Motorsport DTM

Grasser-Schock durch Bodenabstand: "Dann war's das mit der Meisterschaft"

Article Image Media
© ADAC Motorsport

Schock für das Grasser-Team: Eigentlich wollte sich die Lamborghini-Truppe, die mit Werksfahrer Jordan Pepper dieses Jahr um den DTM-Titel kämpft, am Dienstag beim Test in Spielberg auf das vorletzte Saisonwochenende vorbereiten, doch dann sah man sich gezwungen, die rare Testzeit dem Vergleich von unterschiedlichen Bodenabständen unterzuordnen.

Denn vergangenes Wochenende musste der Huracan GT3 Evo2 bei der GT-World-Challenge Europe (GTWC) auf dem Nürburgring mit einem deutlich größeren Bodenabstand an der Vorderachse eingesetzt werden. Und auch die bereits veröffentlichte Balance of Performance (BoP) für das ADAC GT Masters auf dem Salzburgring, die ebenfalls um 35 Millimeter mehr Fahrhöhe an der Vorderachse aufweist, lässt für die DTM ähnliches befürchten.

"Mit einem höheren Schwerpunkt kann ich nicht schneller sein als mit einem niedrigeren", stellt Teamchef Gottfried Grasser im Gespräch mit Motorsport-Total.com klar. "Das ist Physik, das steht in meinen Büchern."

Wie sich die Änderung in der Praxis auswirkt

Das musste auch das Porsche-Team Manthey erfahren, das 2024 im Jahr nach dem DTM-Titel fast ein ganzes Jahr benötigte, um sich an den höheren Bodenabstand an der Vorderachse zu gewöhnen. Und auch Grasser hat die "Befürchtung, dass der Schritt zu groß ist. Und dann war's das mit der Meisterschaft", steht für den Österreicher, der mit seinem Team dieses Jahr die 24 Stunden von Spa gewonnen hat, der DTM-Titel auf dem Spiel. "Das wäre schade."

Aber wie wie sieht die Änderung im Detail aus? Bisher wurde der minimale Bodenabstand des Huracan GT3 Evo2 in der DTM und im ADAC GT Masters an der Vorderachse auf 70 Millimeter festgesetzt, jetzt sind es plötzlich 105 Millimeter. Auch wenn man sich vorne in der Praxis eher im Bereich von 80 Millimetern Bodenabstand bewegt, macht das immer noch 25 Millimeter Unterschied.

Die 128 Millimeter an der Hinterachse bleiben auf dem Papier laut BoP unverändert, müssen aber auch angepasst werden, um eine gewisse Anstellung des Fahrzeugs zu erreichen. Und die spielt beim Grasser-Lamborghini auch in Hinblick auf den Heckflügel offenbar eine besondere Rolle, wie Motorsport-Total.com bereits berichtete.

"Wahnsinnigen Einfluss auf die Fahrdynamik"

"Der Fahrhöhen-Unterschied hat einen wahnsinnigen Einfluss auf die Fahrdynamik", weiß Grasser. "Ob jetzt aerodynamisch oder mechanisch ist - das gilt für alle Bereiche."

Dazu kommt, dass sich der Bodenabstand im Gegensatz zu einer Änderung beim Restriktor oder beim Gewicht maßgeblich auf das Set-up auswirke. "Normalerweise müsstest du bei so einer Änderung vier, fünf Tage auf eine Strecke gehen und das in Ruhe austesten", erklärt er. "Aber wer hat diese Möglichkeit für die letzten zwei Rennen? Deswegen bin ich kein großer Fan davon, dort herumzuschrauben."

Niemand könne "vorhersehen, wie viel das ausmacht", verweist er auf die Änderung. "Es kann sein, dass man von Anfang an ein Set-up trifft und es gutgeht. Es kann aber auch sein, dass man weit weg ist, was von der Einstufung gewünscht ist, und im nächsten Moment trifft man das Set-up und fährt auf einmal gleich schnell."

110 Kilogramm in Gewichtskiste: Hat SRO keine andere Wahl?

Wie groß er den Nachteil aktuell einschätzt? "Auf jeden Fall zwischen einem und zweieinhalb Zehntel", sagt der Teamchef. Laut Informationen von Motorsport-Total.com hat der Deutsche Motor-Sport-Bund (DMSB) beim Test in Spielberg beim Grasser-Team anhand der Daten überwacht, wie sich die unterschiedlichen Bodenabstände tatsächlich auf die Performance auswirken.

Ursache für die Änderung ist - wie man hört - dass der Lamborghini bereits an der Gewichts-Obergrenze angelangt ist, was den BoP-Ballast von zuletzt 110 Kilogramm in der Gewichtskiste angeht. Der Restriktor, der sich auf die Leistung auswirkt, wurde dieses Jahr von 51 auf 50 Millimeter Durchmesser verkleinert, mit einem 49er-Restriktor gibt es beim Huracan GT3 Evo2 kaum Erfahrungswerte.

Also setzt die SRO Motorsports Group, die die BoP in DTM, ADAC GT Masters und GTWCE erstellt, nun beim Bodenabstand an. Das soll dafür sorgen, dass sich der Huracan im gleichen BoP-Fenster wie die anderen Autos bewegt. Noch sei aber nicht endgültig entschieden, ob die Änderung beim Bodenabstand auch in der DTM umgesetzt wird.

Bortolotti kritisiert Timing: "Man kann sehr viel wegschmeißen"

DTM-Champion Mirko Bortolotti, der auf dem Nürburgring bei der GTWCE im Grasser-Lamborghini saß, ist kein Fan davon. "Das Hauptthema ist, dass man das mitten in der Saison macht und das die ganze Set-up-Arbeit, die man über das Jahr gemacht hat, ein bisschen über den Haufen wirft", stört den Abt-Lamborghini-Piloten vor allem der Zeitpunkt. "Um dieses Problem zu kompensieren, musst du dir dann mit der geringen Testzeit einige Sachen einfallen lassen."

Das sei "eher das Thema als die Änderung an sich", meint er, zumal sein Abt-Team in Spielberg gar nicht getestet hat und beim Rennwochenende auf dem Red-Bull-Ring ohne Vorbereitung mit den neuen Rahmenbedingungen klarkommen muss. "Die Änderung an sich ist nicht vorteilhaft. Aber wenn man das mitten in der Saison bekommt, kann man sehr viel von dem wegschmeißen, was man bis jetzt gemacht hat."

Anzeige
Anzeige