Motorsport DTM
"Nächste Generation": Lamborghini enthüllt brandneuen Temerario GT3!
Etwas später als ursprünglich angedacht erblickt der brandneue Lamborghini Temerario GT3 heute beim legendären Festival of Speed in Goodwood offiziell das Licht der Welt. Der GT3-Nachfolger des erfolgreichen Huracan, der auf Basis des R8 noch in Audis Windschatten entstanden war, bedeutet für die italienische Sportwagen-Marke einen Aufbruch in neue Sphären.
Denn erstmals wurde ein Rennfahrzeug ausschließlich in Sant'Agata Bolognese designt, entwickelt und gebaut. "Wir wollen den nächsten Schritt machen", stellt Lamborghinis Technikvorstand Rouven Mohr klar. "Wenn man sich das GT3-Feld anschaut, dann ist klar, dass die neuen GT3-Autos spätestens seit dem Ende der GTE-Klasse auf einem neuen Ausführungsniveau sind."
Auch wenn der Huracan "immer noch erfolgreich" sei und weltweit insgesamt 96 Titel einfuhr, merke man dem Mittelmotor-Boliden, der bereits durch zwei Evo-Pakete überarbeitet wurde, seine zehn Jahre an. "Daher ist es nun Zeit für die nächste Generation", kündigt der ehemalige Audi-Mann Mohr an.
GT3-Auto beim Serienfahrzeug bereits mitgedacht
Optisch unterscheidet sich der Bolide deutlich vom Vorgänger und weist eindeutige Parallelen zum Serienfahrzeug auf, wie die schmalen Lichter und die seitlichen Kühlluft-Einlässe vor den Hinterrädern. "Wir haben mit dem Projekt vor zweieinhalb Jahren begonnen", gibt Mohr Einblicke. "Mit dem Basismotor des Straßenfahrzeugs haben wir bereits vor vier Jahren angefangen."
Wie beim Huracan sei es "herausragend, dass wir zu jenen gehören, bei denen die Ähnlichkeiten zwischen dem Straßenauto und dem GT3 am größten sind", sagt er nicht ohne Stolz - und verweist dabei zum Beispiel auf die bereits beim Serienauto günstige Position des Motors und die Rohkarosse.
"Das ist jetzt vielleicht ein bisschen provokant, aber es gibt auch Autos im GT3-Feld, wo man eine Limousine - oder ein nicht wirklich rennorientiertes Auto - hat und daraus ein Rennauto machen möchte", spielt er - ohne Namen zu nennen - auf die GT3-Ableger des BMW M4 oder des Ford Mustang an. "Dafür braucht man viele Prototypenlösungen."
Bei der Entwicklung des Temerario-Serienautos habe man aber das GT3-Fahrzeug bereits mitgedacht, verrät Mohr: "Es war klar, dass wir vom Straßenauto auch ein Rennauto ableiten werden. Und einige der kinematischen Entscheidungen haben wir bereits bei der Serienbasis so getroffen, dass sie uns beim Rennauto nicht limitieren."
Emanzipation von Audi: Lamborghini setzt auf eigene Kompetenz
Das Ziel der Audi-Tochter war es beim neuen GT3-Hoffnungsträger, die Kernbereiche im Gegensatz zum Vorgänger selbst in die Hand zu nehmen. "Ich will die Kontrolle über die Performance haben", stellt Mohr auf Nachfrage von Motorsport-Total.com klar.
"Man kann alles mit Zulieferern machen, aber dann wird man nie exzellent sein. Um den Unterschied zu machen, benötigt man - auch bei den Serienautos - in den Kernbereichen die Kompetenz im eigenen Haus. Sonst kann man nur nehmen, was der Zulieferer anbietet. Und das wird nie ausreichen für die Spitze."
Da nun Audi nicht mehr die Vorarbeit leistete und Lamborghinis vor den Toren Bolognas ansässige Sportabteilung Squadra Corse nur rund 25 Leute umfasst, war man beim ambitionierten Projekt dennoch auf Partner angewiesen.
Aerodynamik im Sauber-Windkanal entwickelt
"Bei der Aerodynamik haben wir mit Sauber zusammengearbeitet", sagt der Lamborghini-Technikvorstand. "Nicht weil Sauber in der Formel 1 ist, denn wir nutzen den Windkanal auch für unsere Straßenautos. Es gibt jetzt eine engere Zusammenarbeit zwischen 'Lambo', Audi und Sauber Technologies, nicht Sauber F1. Wir haben also starke Partner, haben aber auch eine starke Kompetenz im eigenen Haus."
Während die Rohkarosse bei Audi in den Böllinger Höfen entsteht, ist der Motor eine komplette Eigenentwicklung. Statt der Audi-Basis des 5,2-Liter-V10-Saugmotors im Huracan wird der Temerario mit einem Vier-Liter-V8-Biturbomotor ausgestattet, der die gleiche Basis hat wie beim Serienauto, nur ohne Hybridantrieb.
Biturbo-Motor hat Basis im Serien-Temerario
"Wir haben jetzt unseren eigenen Motor", betont Mohr - und verweist auf Hardware, Kolben, Pleuelstangen und den Motorblock. Abgesehen von den verkleinerten Turboladern mit Luft-Luft-Ladeluftkühler und der fehlenden Elektrifizierung sei das "1:1 der Motor aus dem Temerario-Straßenwagen". Dadurch könne man auch Synergien mit der Serie besser nutzen.
Durch die Balance of Performance (BoP), die die Leistung im GT3-Sport ohnehin begrenzt, müsse man das Potenzial des Triebwerks im Rennbetrieb nicht komplett ausloten. "Unser Serienmotor kommt auf 10.000 Umdrehungen, der Rennmotor nicht, denn es gibt ohnehin das BoP-Fenster", erklärt Mohr. "Er kommt auf ein bisschen mehr als 8.000."
Laut Informationen von Motorsport-Total.com spielte ein ehemaliger McLaren-Mann eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Serienmotors, der mit acht Zylindern, zwei Turboladern und vier Litern Hubraum die gleichen Eckdaten aufweist wie beim 720S GT3 Evo. Ein Zufall? "Es stimmt, dass es Ähnlichkeiten gibt, aber im Detail nicht wirklich", antwortet Mohr und verweist auf Unterschiede beim "technischen Konstruktionsniveau".
Erster Renneinsatz bei zwölf Stunden von Sebring
Das Auto hatte seinen ersten Test bereits Anfang Juni und soll - wie man hört - bislang zuverlässiger laufen als erwartet. 2026 soll die Entwicklungsphase abgeschlossen werden, als erster Einsatz sind die 12h von Sebring im März 2026 geplant.
Lamborghini plant ein Übergangsjahr, in dem der Huracan und der Temerario zunächst parallel eingesetzt werden, ehe das neue Fahrzeug den Vorgänger endgültig ersetzen soll, von dem insgesamt über 200 Stück verkauft wurden.