Motorsport DTM
"Nichts mehr gespürt": Fabio Scherer über Le-Mans-Sieg mit Knochenbrüchen
Fabio Scherer, der nach seinem verpassten Top-10-Ergebnis in der Lausitz in Zandvoort mit Platz elf sein bisher bestes Saisonergebnis im neuen Ford Mustang GT3 einfuhr, kommt in der DTM immer besser zurecht. "Fabio lernt schnell", zeigt sich HRT-Teamchef Ulrich Fritz vom GT3-unerfahrenen Schweizer nicht überrascht. "Du gewinnst nicht Le Mans, wenn du nicht Autofahren kannst."
Eine Anspielung auf die 24 Stunden von Le Mans des Jahres 2023, als der 26-Jährige mit gebrochenem Fuß den LMP2-Klassensieg einfuhr. Ein Drama, das Scherer noch heute als den "besten Tag meines Lebens" bezeichnet. Aber was war passiert? "Nur eine Stunde nach Rennbeginn fuhr in der Boxengasse ein anderes Auto über meinen Fuß", erinnert er sich auf Instagram an den Zwischenfall mit der Corvette.
"Ich hatte drei Brüche. Und ich dachte, mein Traum sei vorüber, bevor er überhaupt losgegangen war. Aber irgendwie habe ich weitergemacht", blickt er auf den Zwischenfall zurück.
Adrenalin linderte Scherers Schmerzen
Scherer saß damals gemeinsam mit dem Spanier Albert Costa und dem Polen Jakub Smiechowski bei der 100. Ausgabe des Langstrecken-Klassikers beim polnischen Inter-Europol-Team am Steuer eines Oreca-Prototypen. Und gab trotz aller Widerstände nicht auf.
"Ich bin wieder und wieder ins Auto geklettert - durch die Nacht, durch die Schmerzen, durch den Regen", erzählt er. "Das Adrenalin, das Team, das Ziel ... all das hat mich gepusht. Ich habe gar nichts mehr gespürt. Es gab nur den Fokus."
Scherer verzichtete damals sogar auf einen Besuch beim Arzt und biss die Zähne zusammen. In der letzten Stunde des Rennens brach dann auch noch der Funkkontakt mit seinem Team ab, weshalb er im Auto in der entscheidenden Phase komplett auf sich alleine gestellt war.
"Wenn Traum groß genug ist, kann dich kein Schmerz aufhalten"
Scherer wusste nicht genau, wie weit sein Verfolger hinter ihm war, zudem sorgte eine Durchfahrts-Strafe wegen des Überholens bei Nacht in der Safety-Car-Phase für eine Nervenprobe. Das Team wollte den Piloten mit selbstgebauten Boxentafeln auf dem Laufenden halten, handelte sich dafür aber auch noch eine Verwarnung ein.
Und dennoch setzte sich Scherer mit 21 Sekunden Vorsprung gegen Ex-Formel-1-Pilot Robert Kubica, Louis Deletraz und Rui Andrade im WRT-Oreca durch. "Nachdem ich diesen letzten Stint durchgezogen hatte, überfuhr ich 23 Stunden nach dem Unfall die Ziellinie als Erster", schreibt er nicht ohne Stolz. "Wir hatten Le Mans gewonnen - das größte Rennen der Welt."
Noch heute sorgt der Sieg gegen sein ehemaliges DTM-Team, mit dem er 2020 im Class-1-Auto die große Motorsportbühne betrat, bei Scherer für große Emotionen. "Wenn ich mir diese Videos anschaue, läuft es mir kalt den Rücken hinunter", offenbart er.
Und es dient bis heute auch in schwierigen Zeiten als Motivation: "Dieses Rennen hat mich gelehrt: Wenn der Traum groß genug ist, dann kann dich kein Schmerz aufhalten. Man macht einfach weiter, hört nicht auf. Niemals. Denn Momente wie dieser sind das alles wert."