Motorsport DTM
"Werden geschlachtet": Halten Grasser-Rivalen am Samstag Leistung zurück?
Teamchef Gottfried Grasser, dessen Pilot Jordan Pepper auf Platz drei der DTM-Wertung weiterhin voll um den Titel kämpft, wirft der Konkurrenz vor, an den Samstagen absichtlich nicht die volle Leistung zu zeigen, um bei der Balance of Performance nicht benachteiligt zu werden. "Wir haben ein Problem, bei dem wir nicht ganz mitkommen", holt der Österreicher aus, der das Grasser-Racing-Team führt.
"Wir schaffen es an so einem Wochenende - wenn alles perfekt läuft - am Samstag gerade mal in die Top 5 - und dann werden wir schon geschlachtet. Und nur mit einem super Rennen mit 6,6er-Boxenstopps schaffen wir es überhaupt, die Position zu halten, können überhaupt nicht kämpfen - und am Sonntag sind wir weg. Das ist jetzt jedes Wochenende ein bisschen so."
Peppers Gridstrafe, die am Nürburgring-Sonntag für eine Rückversetzung von Startplatz vier auf Rang neun sorgte, sei nicht der Grund dafür gewesen, dass der Südafrikaner auf Platz neun ins Ziel kam. "Wenn wir auf Platz vier wegfahren, kommen wir mit dieser Performance trotzdem auf Platz neun ins Ziel. Und die anderen lernen so viel von Samstag auf Sonntag. Ich möchte die Lehrbücher mal kennen, mit denen sie sich befassen", grinst Grasser.
Grasser ortet BoP-Spiel der Konkurrenz: "BMW fällt mir ein"
Aber ist es vorstellbar, dass Teams tatsächlich ein besseres Ergebnis am Samstag opfern, um nicht negativ von einer Änderung der Balance of Performance (BoP) betroffen zu sein? "Ja logisch", sagt Grasser, der viel Erfahrung im GT3-Sport hat. "Ich glaube, die Autos, die die Kilos von Samstag auf Sonntag behalten oder sie sogar rauskriegen, spielen ein besseres Spiel", ist er überzeugt.
Um welche Teams oder Marken es sich handle? "Da sieht man ja ein paar, die am Sonntag immer sehr stark sind", will Grasser zunächst keine Namen nennen. "Ich brauche nur die Ergebnislisten durchzählen - eins bis fünf. Witzigerweise tauchen die am Samstag im Qualifying nicht auf." Später konkretisiert er: "BMW fällt mir ein."
Mehr Punkte am Samstag als Lösung gegen "Bremser"?
Wie man dagegen vorgehen soll? "Ich würde für das Samstagsrennen anständig Punkte vergeben für die Meisterschaft", könnte sich Grasser eine Reglementänderung vorstellen. "Dann würde man bei den Samstag-Qualis eher die Autos sehen, die am Sonntag auf einmal vorne sind. Ich glaube, so könnte man sie ein bisschen rauslocken aus der Verdeckung des Samstags-Qualifyings."
Eine andere Möglichkeit wäre für Grasser, dass das Samstags-Qualifying mit mehr Punkten als am Sonntag aufgewertet wird. "Also nicht wie jetzt für die Top 3, sondern eher für die Top 7", schlägt er vor, dass der Polesetter sieben Punkte und der auf Platz sieben liegende Fahrer einen Punkt erhält. "Diese Punkte willst du nicht liegen lassen, weil das sind dann 56 Punkte mehr in der Meisterschaft."
Rast holte 90 seiner 117 Punkte in den Sonnntagsrennen
Aber was sagen die Zahlen über das Samstag-Sonntag-Gefälle? Tatsächlich fällt auf, dass das Grasser-Team am Sonntag in der Regel weniger Punkte holt als am Samstag, während die Tendenz vor allem bei der BMW-Truppe Schubert eine andere ist: Allein Rene Rast hat 90 seiner 117 Punkte in den Sonntagsrennen geholt. Bei Schubert ist das Verhältnis zwischen Samstag und Sonntag 64:148.
Unter die Top 5 im Qualifying kam der BMW aber bisher sowohl am Samstag als auch am Sonntag in dieser Saison nur einmal, wenn man das Zandvoort-Wochenende mit dem Sonntags-Qualifying am Freitagabend, bei dem Rast die Pole holte, nicht berücksichtigt. Diesbezüglich könnte es eine Rolle spielen, dass auch die Evo-Version des M4 GT3 im Rennen traditionell besser ist als im Qualifying.
Torsten Schubert selbst forderte zuletzt immer wieder ein, dass der BMW von Anfang an ordentlich eingestuft wird - und nicht erst über das Wochenende über die BoP an das Feld herangeführt wird.
Rast sieht schwache Samstage als "größtes Problem"
Zuletzt auf dem Nürburgring war am Samstag Platz fünf durch Marco Wittmann das BMW-Highlight, am Sonntag feierten Rast und Wittmann einen Doppelerfolg. "Rennen wie heute machen es nicht einfacher für die Entscheidungsträger, denn gestern haben wir nicht geglänzt und heute schon - und nichts hat sich geändert", zeigte Rast nach dem Sieg sogar Verständnis für die BoP-Verantwortlichen.
Der M4 GT3 Evo wurde tatsächlich nur nach dem Samstags-Qualifying um 15 Kilogramm leichter gemacht, das Auto profitiert aber ähnlich wie der Ford Mustang GT3 mehr als andere, wenn im Verlauf des Wochenendes mehr Grip auf der Strecke entsteht. Rast hofft nun, "dass es bei den letzten drei Wochenenden und sechs Rennen einen fairen Wettbewerb gibt und jeder ein Auto hat, mit dem er um Top-5-Ergebnisse fahren kann".
"Denn unser größtes Problem war es in der Vergangenheit, dass wir beim Start ins Wochenende im Hintertreffen waren und uns dann noch vorne kämpfen mussten. Wir hoffen also, dass wir am nächsten Wochenende schon beim ersten Rennen aus den Top 10 und nicht aus den Top 20 starten können", fordert der dreimalige Champion, dem im Gesamtklassement auf Platz vier 20 Punkte auf DTM-Leader Lucas Auer fehlen.