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Motorsport Formel 1

Experten-Meinung: Warum ein McLaren-Crash "fast unausweichlich" ist

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© Sutton Images

"Wenn sie so weitermachen, dann fahren sich Lando Norris und Oscar Piastri dieses Jahr noch in die Karre", sagt Ralf Schumacher im Sky-Podcast "Backstage Boxengasse". Der frühere Formel-1-Fahrer spricht damit aus, was viele vermuten: dass das Teamduell bei McLaren um den WM-Titelgewinn 2025 nach der Sommerpause eskaliert.

Beim Ungarn-Grand-Prix wäre es bereits fast passiert: Piastri wagte kurz vor Rennende eine Attacke gegen Norris, verbremste sich jedoch und verfehlte das Heck seines Teamkollegen nur knapp.

"Es war mehr Glück als Verstand, dass die beiden sich da nicht berührt haben", meint Schumacher. Allein diese Szene zeige, "wie viel Druck da drauf ist" bei McLaren. "Und je mehr Druck auf dem Kessel ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass du Fehler machst."

"Deshalb glaube ich: Entweder müssen sie sich alle einmal hinsetzen und ein bisschen Gas rausnehmen. Oder wir werden irgendwann Zak Brown vor uns haben, der stinksauer ist, weil zwei McLaren nicht angekommen sind."

Laut dem früheren Formel-1-Teamchef Günther Steiner kann ein solches Szenario bei McLaren "jederzeit" eintreten. "Es hat ja schon mehrfach fast gekracht. Da war oft Glück im Spiel. Deshalb sage ich: Dass es zwischen den beiden irgendwann kracht, ist fast unausweichlich", erklärt Steiner im Gespräch mit web.de.

Was McLaren-Boss Brown zur Crashgefahr sagt

McLaren-Boss Brown zeigt sich realistisch: "Wir wissen natürlich, dass Zwischenfälle passiert sind und auch wieder passieren werden. Entscheidend ist, wie gut man auf solche Momente vorbereitet ist und wie man mit ihnen umgeht."

Der Kanada-Grand-Prix habe McLaren bereits einer Zerreißprobe unterzogen. Dort waren Norris und Piastri im Positionskampf kollidiert - Verursacher Norris schied sofort aus, Piastri fuhr weiter. Doch die Situation eskalierte nicht.

Deshalb sagt Brown: "Montreal war ein glänzendes Beispiel dafür, wie hervorragend alle mit der Situation umgegangen sind."

Das muss bei möglichen künftigen Zwischenfällen aber nicht der Fall sein. Dessen ist sich Brown bewusst: "Ich bin nicht naiv. Das Adrenalin und der Druck werden steigen." Er erwartet dennoch eine "weiterhin harmonische Zusammenarbeit" von Norris und Piastri - obwohl sich der Titelkampf weiter zuspitzt.

Brown erklärt die McLaren-Haltung

Denn nach 14 von 24 Rennwochenenden liegen nur neun Punkte zwischen WM-Tabellenführer Piastri und Norris als seinem schärfsten Verfolger. Das ist etwas mehr als der Unterschied zwischen einem ersten und einem zweiten Platz - so knapp ist das Teamduell bei McLaren.

Deshalb will Brown seine Fahrer weiter frei fahren lassen: "Nichts gefällt uns mehr, als den beiden dabei zuzusehen, wie sie sich duellieren. Uns ist das Risiko zwar bewusst, aber wir werden Oscar und Lando die gleichen Chancen geben. Möge also der Bessere gewinnen!"

Diese Haltung ist "aufregend für uns und für die Formel 1", meint Brown. "Die Vorteile dieser Vorgehensweise überwiegen bei Weitem die Konsequenzen - auch wenn wir wissen, dass Zwischenfälle passieren können."

Was Steiner über McLaren denkt

Ex-Teamchef Steiner applaudiert McLaren für den Mut, nicht in den Titelkampf eingreifen zu wollen: "Das ist doch das, was wir sehen wollen. Beide sind auf Augenhöhe, wie willst du da einen zur Nummer zwei machen? Das wäre der totale Motivationskiller."

"Die Formel 1 lebt auch von Emotionen. Wenn man jetzt sagt, einer muss den anderen unterstützen, dann verliert man einen Teil der Magie. Sie gewinnen die Konstrukteurs-WM sowieso. Also: frei fahren lassen!"

Welcher McLaren-Fahrer ist besser?

Dann müssen es die McLaren-Fahrer im direkten Zweikampf auf der Rennstrecke ausmachen. Doch Steiner glaubt zu wissen, wer sich dabei durchsetzen wird: Für ihn ist "ganz klar" Piastri der Titelfavorit.

Steiner erklärt: "Er ist konstanter, ruhiger, macht weniger Fehler und ist mental sehr reif. Bei Norris schleichen sich immer wieder kleine Fehler ein."

Das könnte ein Nachteil sein für Norris - und ihn womöglich zu fragwürdigen Manövern gegen Piastri zwingen. Das aber glaubt Schumacher nicht: "Norris würde das nicht tun."

"Man kann natürlich sagen, das ist ein schlechter Charakterzug für jemanden, der Weltmeister werden will. Aber ich vermute: Er denkt dann viel zu viel daran, was er in Kanada gemacht hat - da hat er sich total verschätzt. Er würde jetzt nicht so spät bremsen und das Teamergebnis in Gefahr bringen."

Eine einmalige Gelegenheit?

Andererseits stellt die Saison 2025 für Norris und Piastri vielleicht die einzige Gelegenheit dar, Formel-1-Weltmeister zu werden. Denn 2026 kommen neue technische Regeln, die für ein neues Kräfteverhältnis sorgen könnten.

"Wer weiß, was 2026 ist?", sagt Steiner. "Jetzt kannst du um die WM fahren. Und was du einmal hast, kann dir keiner mehr nehmen."

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