Motorsport Formel 1
Jetzt spricht Helmut Marko: Darum ist Mekies nicht der "neue Horner"
Helmut Marko sieht den Teamchef-Wechsel bei Red Bull Racing, der in den vergangenen Wochen medial heiß diskutiert wurde, pragmatisch - und verrät, dass es sich dabei nicht nur um einen einfachen Tausch der Person handelt. Sondern mit dem Wechsel von Christian Horner zu Laurent Mekies habe die Red Bull GmbH das Profil der Teamchef-Aufgabe auch gleich neu definiert.
In einem Interview mit der Kleinen Zeitung sagt Marko, der Motorsportkonsulent der Red Bull GmbH: Grundsätzlich konzentriere sich Mekies "mehr auf das Renngeschehen", und der Franzose sei "nicht so in andere Abteilungen involviert. Es ist entscheidend, dass die Aufgabenbereiche für ihn als Teamchef gegenüber Horner reduziert wurden."
Dazu muss man wissen: Horner war nicht nur Chef von Red Bull Racing, sondern kontrollierte de facto das komplette operative Formel-1-Geschäft von Red Bull. Dazu gehören mehrere Firmen; neben Red Bull Racing auch Red Bull Technology, Red Bull Powertrains, Red Bull Advanced Technologies und Red Bull Advanced Services.
Wie genau sich Mekies' neue Rolle von jener Horners unterscheidet, ist Stand jetzt nicht bekannt. Aber zwischen den Zeilen kann man rauslesen, dass die Red Bull GmbH die Machtfülle, die Horner auf sich selbst gebündelt hatte, beschneidet und die damit einhergehende Arbeitslast in Zukunft auf mehrere Schultern verteilen wird.
Mekies: Ein Karriereweg mit vielen Stationen
Mekies werde man jetzt die Möglichkeit geben, in seine neue Rolle hineinzuwachsen, kündigt Marko an. Für den 48-Jährigen (dreieinhalb Jahre jünger als Horner) ist Red Bull Racing die bisher größte Aufgabe seiner Karriere in der Formel 1. Die begann bei Teams wie Arrows und Minardi, als Renningenieur für Fahrer wie Mark Webber, Justin Wilson oder Zsolt Baumgartner.
Als Minardi Ende 2005 von Red Bull übernommen und in Toro Rosso umbenannt wurde, stieg Mekies zum Chefingenieur auf. Er war damals gerade mal 28 Jahre alt. 2014 wechselte er als Sicherheitsdirektor zur FIA, wo er kurzzeitig auch Stellvertreter von Charlie Whiting als Rennleiter war.
2018 kam dann der Ruf aus Maranello, wo er zuerst Ferrari-Sportdirektor und dann unter Mattia Binotto Stellvertretender Teamchef wurde. Ehe er dort, wo für ihn alles angefangen hatte, nämlich in Faenza, die Chance hatte, als Teamchef in die erste Reihe vorzurücken. Seit 2024 führte Mekies die Racing Bulls als Doppelspitze mit Peter Bayer.
Was Marko über Mekies' Aufgaben sagt
Während Bayer Red-Bull-intern als "Horner-Mann" galt und vermutlich auch deswegen nicht als dessen Nachfolger in Frage kam, soll Mekies jetzt eine faire Chance bekommen, das Team in Milton Keynes auf seine Weise anzuführen. "Wir werden ihm Zeit geben. Derzeit kann er ja nur das bestehende Programm weiterführen", sagt Marko.
"Es entwickelt sich in der Formel 1 mit den Wechseln wie im Fußball. Wenn es nicht klappt, muss der Trainer eben gehen. [...] Der Übergang ist sehr gut erfolgt. Laurent ist ein Menschenkenner, der geht auf die Leute zu und das hat hoffentlich einen positiven Effekt", ergänzt der 82-Jährige und relativiert Medienberichte, wonach große Teile der Belegschaft in Milton Keynes über Horners Abgang unglücklich sein sollen, wenn er sagt: "Uns ist nichts bekannt."
Das sagt Verstappen über den Teamchef-Wechsel
Max Verstappen hat in den vergangenen Wochen zwar einerseits die Leistungen von Horner in zwei Jahrzehnten bei Red Bull gewürdigt, unter anderem mit dem Foto einer gemeinsamen Umarmung auf Instagram. Gleichzeitig erhofft sich der viermalige Weltmeister aber von Mekies neue Impulse, die das Team wieder auf die Siegerstraße bringen sollen.
Mekies sei "unglaublich motiviert, und das gefällt mir. Man kann das Feuer in seinen Augen sehen. Natürlich ist er neu in dieser Rolle. Aber es ist aufregend", sagt Verstappen. Sein erster Eindruck vom neuen Chef sei "ein guter. Ich mag Laurent. Er ist ein sehr netter Kerl, und ein sehr kluger Kerl. Er hat schon in verschiedenen Funktionen im Formel-1-Paddock gearbeitet. Und ich denke, das kann hilfreich sein."
Liam Lawson kennt sie beide: Horner als seinen Chef am Saisonbeginn bei Red Bull Racing, Mekies als seinen Chef bei den Racing Bulls. Er beschreibt es als "ganz besondere Stärke" von Mekies, "ein Team zu führen und die Menschen dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen. Er schafft es, die Motivation im Team hochzuhalten und eine starke Arbeitsethik zu fördern. In dieser Hinsicht war er wirklich außergewöhnlich."
Dazu kommt: "Er arbeitet extrem hart und ist immer präsent. An einem Rennwochenende ist er donnerstags praktisch immer einer der Ersten, die an der Strecke sind. Einfach, um dem gesamten Team zu zeigen, wie wichtig das alles ist."
Sainz: "Ein ausgesprochener Profi"
Auch Carlos Sainz, der bei Ferrari mit Mekies zusammengearbeitet hat, hält den Franzosen für "einen ausgesprochenen Profi. Ich habe ihn als jemanden erlebt, der unglaublich hart gearbeitet hat. Er hat die Fahrer sehr gut verstanden. Er hatte ein besonderes Gespür für sie und eine besondere Art der Kommunikation, die es einem als Fahrer sehr angenehm und offen macht."
"Seit seiner Zeit bei der FIA, dann bei Ferrari, jetzt bei Visa und nun bei Red Bull ... Er bringt eine enorme Erfahrung mit, um eines der größten Teams in der Formel 1 zu führen. Ehrlich gesagt, ich finde, er passt perfekt zu diesem Team. Also: Glückwunsch an ihn, er hat sich diesen Aufstieg wirklich verdient. Und ich glaube, er wird daran große Freude haben."
Yuki Tsunoda, der Mekies ebenfalls schon bei den Racing Bulls kennengelernt hat, ist "überzeugt, dass er einen guten Job machen wird. Laurent war früher selbst Ingenieur. Das ist eine seiner großen Stärken. Nach jeder Session hat er konsequent versucht zu verstehen, wo die aktuellen Limitierungen liegen. Er hat direkt mit den zuständigen Bereichen kommuniziert und sich teilweise Rückmeldungen direkt von den Teammitgliedern eingeholt."
"Diese Reaktionsschnelligkeit, die unmittelbaren Reaktionen und sein technisches Verständnis, mit dem er das Feedback eingeordnet hat, das war schon sehr stark. Ich bin mir sicher, dass er genau das auch hier wieder so machen wird", sagt der Japaner.
Mit einem Augenzwinkern ergänzt Tsunoda: "Wir hatten immer eine gute Beziehung. Mit ihm kann ich reden, ohne erstmal eine Beziehung aufbauen zu müssen. Ich bin mit ihm gemeinsam in den Paddock gegangen, und wir haben uns ganz normal unterhalten. Es fühlt sich an wie früher bei VCARB - nur dass wir beide jetzt ein anderes Shirt tragen. Das ist cool!"