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Schüttler: Deutsches Tennis nicht so schlecht

  • Aktualisiert: 16.01.2014
  • 20:05 Uhr
  • ran.de / tennis.de / Dominik Hechler
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Rainer Schüttler war einer der erfolgreichsten deutschen Tennisspieler in den vergangenen zehn Jahren. Im Jahr 2003 stand der Hesse unter anderem im Finale der Australian Open und rangierte zwölf Monate später in der Weltrangliste sogar auf Position fünf. Im exklusiven Gespräch mit ran.de und tennis.de spricht Schüttler über die besonderen Bedingungen bei den Australian Open, die Erfolgschancen der Deutschen und die Davis-Cup-Begegnung zwischen dem DTB-Team und Spanien.

München - Er war während seiner aktiven Zeit immer ein Kämpfer, jemand, dem auf dem Tennisplatz kein Weg zu weit war und der keinen Ball verloren gab. Dieser Ehrgeiz hat Rainer Schüttler im Jahr 2004 bis auf Weltranglisten-Position fünf gebracht. Ein Jahr zuvor stand der gebürtige Hesse unter anderem im Finale der Australian Open - dort unterlag er damals dem US-Amerikaner Andre Agassi.

Heute steht der 37-Jährige zwar nicht mehr selbst auf dem Platz, ist seinem Sport aber dennoch treu geblieben. Unter anderem kümmert er sich um die gemeinsam mit seinem ehemaligen Davis-Cup-Kollegen Alexander Waske gegründete Schüttler-Waske-Tennis-University in Offenbach und ist Organisator des ATP-Turniers in Düsseldorf. 

Im exklusiven Gespräch mit ran.de und tennis.de spricht Rainer Schüttler über …

… seinen Finaleinzug bei den Australian Open 2003: Natürlich war das damals ein Riesenerfolg für mich. Und es war auch sicherlich im Vorfeld nicht zu erwarten, dass ich bis ins Finale kommen werde. Aber ich habe mich körperlich gut gefühlt und von Runde zu Runde immer mehr Selbstvertrauen gewonnen. Dieser Erfolg wird immer einer der schönsten in meiner Tenniskarriere bleiben.

… die besonderen Verhältnisse in Melbourne: In Australien kann es mal sehr heiß oder windig, aber auch stürmisch oder kalt sein. Es ist also sehr extrem, man hat jeden Tag neue Bedingungen. Da kann es von Vorteil sein, wenn man im Stadion spielt. Denn dort ist es ein bisschen geschützter. Was ich in Australien immer als sehr angenehm empfunden habe, ist, dass man dort weit weg war und deutlich weniger Trubel hatte, als bei den anderen Grand-Slam-Turnieren. Man konnte in Ruhe trainieren und seine Matches bestreiten. Zudem sind die Wege in Melbourne sehr kurz, weil die Stadt nur zehn Minuten von der Anlage entfernt ist.

… die wichtigsten Voraussetzungen, um beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres erfolgreich sein zu können: Generell muss man erst einmal zu einhundert Prozent fit sein. Das gilt aber für jedes Grand-Slam-Turnier. Denn diese Fünf-Satz-Matches sind schon eine enorme Belastung - für jeden Spieler. Wenn man heute sieht, wie Rafael Nadal oder Novak Djokovic spielen, dann hat man keine Chance, wenn man nicht fit genug ist. Denn durch eine gute körperliche Fitness zieht man Selbstvertrauen und gewinnt damit letztendlich auch seine Matches.

… die Erfolgschancen der deutschen Profis: Für Tommy Haas hat das Jahr in Auckland ja nicht so gut begonnen. Aber er ist immer gut dafür, bei einem Grand-Slam-Turnier sehr weit zu kommen. Dafür spielt Tommy einfach zu stark. Er hat im vergangenen Jahr ein sensationelles Comeback hingelegt, ihm macht Tennis wieder richtig viel Spaß. Nachdem er vier, fünf Jahre aufgrund von Verletzungen verloren hat, ist er jetzt extrem hungrig und will nochmal sein Bestes geben. Wir haben in Melbourne ja dieses Mal insgesamt sieben oder acht deutsche Spieler im Hauptfeld. Und das zeigt, dass das deutsche Tennis lange nicht so schlecht ist, wie es immer wieder gemacht wird. Ganz im Gegenteil. Es ist sehr breit aufgestellt. Was uns halt fehlt, ist ein Top-Ten-Spieler, der bei einem Grand Slam weit kommt und die breite Öffentlichkeit das dann auch wieder wahrnimmt.

Die deutschen Damen haben in den letzten Jahren sehr gut aufgeholt und auch prima gespielt. Mit Angelique Kerber steht unter anderem ja eine deutsche Spielerin in den Top-Ten der Weltrangliste. Und ich bin mir auch sicher, dass eine Andrea Petkovic in diesem Jahr wieder nach vorne kommt. Sie ist einfach unheimlich ehrgeizig und hungrig auf Erfolg. Auch eine Julia Görges, die im vergangenen Jahr nicht so gut gespielt hat, wird wieder zurückkommen. Denn sie ist eine ganz tolle Spielerin, mit guten körperlichen Voraussetzungen und gefährlichen Schlägen. Hinzu kommen natürlich noch Sabine Lisicki und jetzt auch Annika Beck. Da ist also wirklich sehr viel zu erwarten, weil man bei den Damen sehr breit aufgestellt ist.

… die Chance, dass eine deutsche Spielerin oder ein deutscher Spieler in naher Zukunft mal wieder ein Grand-Slam-Turnier gewinnt: Um einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen muss schon sehr viel zusammenpassen. Da muss man auf den Punkt topfit sein und auch ein bisschen Glück mit der Auslosung haben. Es wäre natürlich schön, wenn es mal wieder klappen würde. Bei Sabine Lisicki war es im vergangenen Jahr nicht mehr weit davon entfernt. Warum soll es also nicht möglich sein? Sowohl bei den Damen, als auch den Herren.

… seine Erwartungen an das deutsche Davis-Cup-Team, das direkt nach den Australian Open in Frankfurt/Main auf Spanien trifft: Das ist natürlich gleich ein Hammer! Schön wäre gewesen, wenn man erstmal einen Gegner zugelost bekommen hätte, der nicht so ein Kracher ist wie Spanien. Aber da muss man eben durch. Die Deutschen haben zumindest den Vorteil, dass sie den Belag wählen dürfen. Ich gehe davon aus, dass es ein etwas schnellerer Platz sein wird, auf dem der Ball nicht so hoch abspringt. Ich habe gehört, dass Rafael Nadal gegen uns spielen will. Das ist natürlich schön für die Zuschauer, aber für das deutsche Davis-Cup-Team nicht ganz so schön. Aber trotzdem haben wir sicherlich Chancen, wenn die Jungs heiß und richtig gut vorbereitet sind.

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