US Open: Kerbers nächster Schritt zur Nummer eins
- Aktualisiert: 06.09.2016
- 16:46 Uhr
- SID
Das Rennen um die Führung in der Weltrangliste ist zu einem Zweikampf zwischen Angelique Kerber (Kiel/Nr. 2) und Serena Williams (USA/Nr. 1) geworden. Kerber trifft auf Roberta Vinci.
New York - Wenn die Nacht über Flushing Meadows hereinbricht und die Scheinwerfer das Arthur-Ashe-Stadium hell erleuchten, ist die Verwandlung bereits abgeschlossen. Für die 20.000 Zuschauer im größten Tennis-Kessel der Welt steht dann nicht Angelique Kerber, die Tennisspielerin aus dem fernen Germany, auf dem Platz. Sie staunen über Angie Körbör, die einzige Frau, die es mit Superheldin Serena Williams aufnehmen kann.
Das Rennen um die Führung in der Weltrangliste ist nun zu einem Zweikampf der beiden Tennis-Amazonen geworden. Die Polin Agnieszka Radwanska, die ebenfalls Chancen auf den Tennis-Thron hatte, unterlag bei den US Open in New York bereits im Achtelfinale der 18 Jahre alten Kroatin Ana Konjuh 4:6, 4:6.
Sollte Kerber in Flushing Meadows am Samstag ihren zweiten Grand-Slam-Titel gewinnen, stößt sie Williams sicher von der Spitze. Verliert die 22-malige Majorsiegerin vor dem Finale, übernimmt die deutsche Nummer eins ebenfalls die Führung. Kerber trifft am Dienstag (ab 18.00 Uhr im LIVETICKER) im Viertelfinale auf Roberta Vinci aus Italien, Williams bekommt es am Mittwoch mit Simona Halep aus Rumänien zu tun.
Kerber genießt die Atmosphäre
Kerber hat sich längst an die einzigartige Atmosphäre der Nightsession in New York gewöhnt. An den Lärm, das Licht, den späten Spielbeginn - die ganze Show im Big Apple. "Heute habe ich das Match wirklich genossen", sagte sie nach dem ungefährdeten 6:3, 7:5 im Achtelfinale gegen die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova, ihrem vierten Zweisatzsieg bei den US Open in Serie: "Es ist unglaublich, wenn du da rausgehst, und das Stadion ist voll. Ein großartiges Gefühl, von so vielen Fans angefeuert zu werden."
Noch vor einem Jahr hätte Kerber das Rampenlicht, in dem sie als Anwärterin auf den Thron der großen Serena Williams steht, wahrscheinlich verstört. Vor dem Viertelfinale am Dienstag gegen Vorjahresfinalistin Roberta Vinci aus Italien umgibt sie eine Aura der Selbstsicherheit auf und neben dem Platz, die im gesamten Frauentennis sonst nur Williams besitzt. Bundestrainerin Barbara Rittner sagt: "Natürlich können andere an guten Tagen auch eine Rolle spielen. Aber Angie und Serena sind die Konstanten."
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Final-Niederlage in Wimbledon als Befreiung
In den USA rätseln die Fachleute, wann sich die einst zaghafte und schüchterne Kielerin in die selbstbewusste Titelkandidatin verwandelt hat. Wann Angelique Kerber zu Angie Körbör geworden ist. Rittner glaubt, es war die Niederlage im Wimbledonfinale, als ihre Nummer eins der Welt bewies, dass sie Serena Williams in Bestform mindestens auf Augenhöhe begegnen kann. "Das hat sie total befreit", sagt die Fed-Cup-Teamchefin. Es war das Match, in dem Kerber endgültig zeigte, dass ihr Triumph bei den Australian Open im Januar keine Eintagsfliege war.
Kerber selbst sieht ihre Entwicklung als einen Prozess mit vielen positiven und negativen Erfahrungen, die sie an den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit geführt haben. "Es sollte wohl so sein, dass ich mit 28 mein bestes Tennis spiele und nicht schon mit 18", sagt sie: "Ich habe vieles gelernt und mich als Person weiterentwickelt."
Gelernt hat sie vor allem, mit der Erwartungshaltung umzugehen. Der eigenen und der von außen. "Druck ist, wenn einem zu viele Gedanken im Kopf herumschwirren. Wenn man sich fragt: Was passiert, wenn ...", erklärt Kerber: "Die Gedanken sind immer noch da, Druck kann man nicht abschalten. Ich versuche heute, anders zu denken. Das gelingt mir im Moment ganz gut."