Liverpool verliert Champions-League-Finale gegen Real
Liverpool-Pechvogel Loris Karius: "You'll never walk alone"
- Aktualisiert: 27.05.2018
- 00:39 Uhr
- ran.de / Marco Kieferl
Loris Karius entscheidet mit seinen Patzern das Champions-League-Finale zu Gunsten von Real Madrid. Im schwierigsten Moment seiner Karriere beweist er jedoch Größe und erfährt Trost von unerwarteter Stelle.
München/Kiew - Die Tränen kullerten nur so über die Wangen. Ganz allein stand er da. Faltete flehentlich die Hände.
Als sich Loris Karius nach Abpfiff auf den Weg zu den rund 20.000 mitgereisten Liverpool-Fans machte, konnte er nur ahnen, was ihn erwartete. Ein gellendes Pfeifkonzert? Vielleicht doch ein bisschen Trost?
Er wusste es nicht, aber er nahm diesen schweren Weg auf sich. Er wollte sich nicht drücken.
Also trat er ganz alleine diesen vermeintlichen Spießrutenlauf an, hielt kurz inne und hob dann mehrfach entschuldigend die Hände in Richtung jener Anhänger, die ihn während der zweiten Hälfte wohl mehrfach verflucht haben dürften.
Schließlich war es Karius, der Real Madrid im Champions-League-Finale gegen seinen FC Liverpool und den der Fans mit einem fürchterlichen Abwurf gegen Benzemas Fuß auf die Siegerstraße gebracht und mit einem weiteren Bock bei Bales Fernschuss das Schicksal der Reds zum 1:3 besiegelt hatte.
Kritiker fühlen sich bestätigt - Fans spenden Trost
Karius, der trotz einer guten Saison niemals unumstritten an der Anfield Road war, schien an diesem Abend all seine Kritiker zu bestätigen. Er schien das Spiel für den ruhmreichen Liverpool Football Club verloren zu haben und fühlte sich wohl deshalb dazu verpflichtet, sich bei jenen Anhängern zu entschuldigen, die das Bild dieses Vereins in der Welt prägen.
Doch Karius erwartete kein Pfeifkonzert, keine Ablehnung. Eben jene Fans zeigten ebenso wie Karius im Moment einer niederschmetternden Niederlage ihre Größe.
Karius, der bis dahin kaum von seinen Teamkollegen aufgemuntert wurde, bekam tröstenden Applaus von den in Rot getauchten Rängen. Getreu dem Vereinsmotto "You'll never walk alone" ließen ihn die Fans in diesem Moment nicht alleine im Regen stehen.
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Alleine im Moment der Enttäuschung
Es war ein kurzes Bild der Einheit, dass Liverpools Anhänger in diesem Moment nach außen sendeten. Ein Moment, beinahe so ergreifend wie 2005, als sie beim Stande von 0:3 im Champions-League-Finale gegen den AC Milan trotzig "You'll never walk alone" angestimmt hatten.
Anders als in jener Nacht in Istanbul blieb das Happy End für beide Seiten aus.
"Das wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht"
Jürgen Klopp sprach nach dem Spiel kurz mit seinem Torwart, wenn in solchen Momenten auch seinen Worten zufolge "nichts mit Substanz" dabei herumkommen mag. "Es tut mir leid für Loris. So etwas wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht", hielt Klopp wenig später bereits etwas gefasster gegenüber "Sky" fest.
Mitleid ist in solchen Momenten nur menschlich, findet im Fußball aber bekanntermaßen wenig Platz.
Vergessen ist dann auch, dass Karius sich als einstiger Neuzugang vom kleinen 1. FSV Mainz 05 seinen Platz in Liverpools Tor hart erkämpfen musste. Was er sich so mühevoll bis zum Champions-League-Finale erarbeitet hatte, dürfte er mit zwei Aktionen wieder eingerissen haben.
Konkurrenz aus Rom?
Liverpool wurde bereits vor dem Endspiel als Kandidat für einen Torwart-Transfer im Sommer gehandelt. Die Namen von Atletico Madrids Jan Oblak und Alisson Becker von der AS Roma geistern durch die Gerüchteküche. Wer es am Ende auch sein mag, ein hochkarätiger Konkurrent für Karius erscheint nach diesem Abend wahrscheinlich denn je.
Nicht zuletzt deshalb, weil Karius auch in einer guten Saison, in der er sich zur Nummer Eins entwickelt hatte, immer wieder mit Unsicherheiten in seinem Spiel auffiel. Auf Glanztaten folgten teilweise bittere Patzer.
Im Champions-League-Finale wurden diese nun bestraft, beim Halbfinal-Hinspiel gegen die AS Rom hätte dies bei Kolarovs Fernschuss an die Latte ebenfalls passieren können.
Heute Enttäuschung - morgen Entwicklung?
Bei den gewachsenen Ansprüchen an der Anfield Road reicht es für Karius nicht mehr, sein Potenzial mit starken Paraden nur anzudeuten. Liverpool benötigt einen Weltklasse-Torhüter. Es bleibt an Karius, sich in einem noch härteren Positionskampf zu diesem zu entwickeln, oder aber sein Glück an anderer Stelle zu suchen.
Für den Moment dürfte das alles dem 24-Jährigen herzlich egal sein. Karius hat die größte Chance seiner Karriere verspielt und wird diese nach einer solchen Vorstellung höchstwahrscheinlich nicht mehr bekommen. Da können ihn weder Trainer Jürgen Klopp, noch seine Mitspieler, noch die Fans trösten.
"Walk on through the wind"
Wie und wo auch immer sein Weg nach diesem bitteren Endspiel auch weitergeht - es bleibt lediglich zu hoffen, dass er sich nach der schlimmsten Nacht seines Sportlerlebens aufrappeln wird, Häme und Spott bei Seite lässt und ein weiteres Mal auf Liverpools Fans hört.
Genau dann, wenn diese in "You'll never walk alone" singen:
"Walk on through the wind
Walk on through the rain
Though your dreams be tossed and blown
Walk on, walk on
With hope in your heart
And you'll never walk alone"
Marco Kieferl
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