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Quarterback mit besonderen Lauf- und Fangqualitäten

Eine Allzweckwaffe ist nicht genug: New Orleans Saints wollen Stevens zu Hill 2.0 formen

  • Aktualisiert: 01.05.2020
  • 15:29 Uhr
  • ran.de / Marcus Giebel
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© Getty Images, imago

So mancher NFL-Konkurrent dürfte die New Orleans Saints um Taysom Hill beneiden. Denn der eigentliche Quarterback hat sich zur Allzweckwaffe gewandelt. Nun hat das Team aus Louisiana mit Tommy Stevens noch einmal nachgelegt - der Rookie überragt sein Vorbild bereits.

New Orleans/München - Für die New Orleans Saints schien der Draft 2020 eigentlich mit dem zweiten Tag abgeschlossen zu sein. Alle drei übrig gebliebenen Picks waren bereits genutzt. Für Center Cesar Ruiz in Runde 1, Linebacker Zack Baun in Runde 3 und Tight End Adam Trautman als Compensatory Pick ebenfalls im dritten Durchgang.

Die übrigen Picks wurden in Trades mit den Cleveland Browns und den Minnesota Vikings verschifft. General Manager Mickey Loomis und Head Coach Sean Payton hätten den finalen Tag also anderweitig verbringen können. Doch irgendwie ließ sie das Gefühl nicht los, dass Tatenlosigkeit sie teuer zu stehen kommen könnte.

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Dank Texans landet Stevens in Runde 7 bei den Saints

Denn eines der vielen Talente, die für die Öffentlichkeit unter dem Radar flogen, wollten sich die Saints unbedingt noch sichern. Tommy Stevens. Taysom Hill 2.0. Aber dazu später mehr.

Zu Loomis' und Paytons Glück fand sich mit den Houston Texans spontan ein williger Trade-Partner, der für einen Sixth Rounder im Draft 2021 den 240. Pick bei dieser Talenteshow herausrückte. Und so sicherten sich die Saints spät in Runde 7 quasi zum Ausklang des virtuellen Draft doch noch den Quarterback von Mississippi State. So weit, so unspektakulär.

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Payton wollte auf Nummer sicher gehen

"Ich hatte das Gefühl, dass wir ihn anders nicht mehr beklommen hätten", betonte Payton laut "CBS" in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Ursprünglich bestand offenbar die Hoffnung, den 23-Jährigen als Undrafted Free Agent unter Vertrag zu nehmen.

Aber dann sickerte die Info durch, dass Stevens den Carolina Panthers versprochen sei, falls er nicht gedraftet werde. Das verriet Payton "The Athletic": "Ich wolle mir diesen Jungen auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen." Also gingen die Saints auf Nummer sicher.

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Vier Quarterbacks bei den Saints unter Vertrag

Damit stehen Payton nach den Vertragsverlängerungen mit Drew Brees und Hill, dem Deal mit Jameis Winston und nun also Stevens vier Playmaker zur Verfügung. Ein bisschen viel, könnten Kritiker unken. Zumal die drei Etablierten allesamt auf mehr als eine Nebenrolle aus sein werden.

Aber der Rookie ist eben wie Hill weit mehr als ein reiner Quarterback. Nämlich eine Allzweckwaffe. Wie es sie wohl nur bei den Saints gibt.

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Erst Safety, dann Quarterback, mittlerweile Allzweckwaffe

Stevens schob seine bemerkenswerte Metamorphose selbst an. Begann er seine Football-Karriere als Safety und übernahm im zweiten Jahr auf der High School die Verantwortung als Quarterback, folgte 2016 ein herber Rückschlag, der sich rückblickend als Glück im Unglück bezeichnen lässt.

Damals stand Stevens vor seiner zweiten Saison für Penn State und hatte gerade das Duell um den QB-Starterjob gegen Trace McSorley verloren. Entsprechend sah er sich den Großteil der Saison am Spielfeldrand schmoren.

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Stevens bringt sich als Special Teamer ins Gespräch

Doch das wollte Stevens sich auf keinen Fall geben. "Ich bin zu meinem damaligen Offensive Coordinator Joe Moorhead gegangen und habe gefragt: 'Hey Coach, gibt es eine Möglichkeit, bei Kickoffs mitzulaufen oder den Puntreturner zu attackieren, irgend so etwas?'", erinnerte er sich im "Indianapolis Star".

Er wollte schlicht "meinen Beitrag leisten". Und wenn es als Special Teamer sein muss.

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OC Moorhead staunt über Athletik und Fähigkeiten von Stevens

Bei Moorhead, der einer seiner wichtigsten Förderer werden sollte, lief Stevens damit offene Türen ein. "Wir saßen eines Tages im Trainerstab zusammen, das Training Camp war absolviert. Trace hatte den Starter-Job gewonnen und wir diskutierten, wie toll sich Tommy gemacht hatte, wie athletisch er ist und welche einzigartigen Fähigkeiten er besitzt", schilderte der 46-Jährige den Tag, der Stevens' Weg in eine neue Richtung lenken sollte.

Das Ergebnis jedenfalls war eindeutig: Den Backup schlicht am Seitenrand versauern zu lassen, kam gar nicht infrage. "Also sagten wir uns: 'Wir können doch sicher dafür sorgen, dass beide gleichzeitig auf dem Feld stehen.'", wiederholte Moorhead den entscheidenden Satz.

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Schon früher Gedanken an zweiten Quarterback in der Formation

Schon in seiner Zeit als Head Coach in Fordham von 2012 bis 2015 habe er mit dem Gedanken gespielt, einen Allrounder auszubilden. Doch damals sei die Zeit noch nicht reif gewesen, "einen Wide Receiver oder Tight End für einen zweiten Quarterback vom Feld zu nehmen".

Nun aber hatte er mit dem aus Indianapolis stammenden Talent den perfekten Kandidaten unter seinen Fittichen. 2017 - im selben Jahr nahm Hills Triumphzug in New Orleans seinen Anfang - erzielte Stevens für die Nittany Lions neun Touchdowns. Drei als Passgeber, vier als Rusher und zwei als Receiver. Von allem etwas und von keinem wirklich wenig.

Stevens als Running Back, als Tight End, als Wide Receiver

"Ich habe eine Art Running Back gespielt, Pässe aus dem Backfield gefangen, als Tight End agiert, bin dem Ball entgegengelaufen oder in die Tiefe gestartet. Ich wurde als Receiver aufgestellt", umschrieb Stevens sein Aufgabengebiet.

Penn State kreierte sogar eine neue Positionsbezeichnung: Der Mann für alle Fälle war schlicht der "Lion" unter den Lions. Laut "CBS" gelangen ihm als erst zweitem Quarterback des Colleges in einem Spiel mehr als 100 Rushing Yards und drei Läufe in die Endzone, dazu warf und fing er je einen Touchdown-Pass in jener Partie.

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Verletzungspech wird zum ständigen Begleiter

Es schien der Beginn einer fabelhaften Football-Karriere zu sein. Doch Stevens' Körper forderte seinen Tribut. 2018 warf ihn eine Fuß-OP zurück. Er verpasste Teile der Vorbereitung, die ersten vier Saisonspiele und auch das Bowl Game.

Seinen Backup-Job hatte Stevens da ohnehin schon an Sean Clifford verloren. Und auch im Jahr darauf - seinem fünften am College - blieb ihm das Verletzungspech treu. McSorley hatte sich in Richtung NFL Draft verabschiedet, wo ihn die Baltimore Ravens in der sechsten Runde auswählten, und wieder bremste den Allrounder eine OP aus.

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2019 flieht Stevens zu Mississippi State und Moorhead

Im April schließlich ergriff Stevens die Flucht. Vielleicht - so mag der Pechvogel überlegt haben - kann er den Verletzungsfluch einfach hinter sich lassen. Neues College, neues Glück.

Das wollte er bei Mississippi State finden. Am College in Starkville hatte Moorhead 2018 den Posten des Head Coaches übernommen. So könnte Stevens wieder unter seinem Mentor spielen.

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Schulter ausgekugelt, Knöchel verstaucht, Rippe gebrochen

Es wäre wohl zu schön gewesen. Wahr wurde dieser Traum nur bedingt. Im zweiten Spiel kugelte sich Stevens die Schulter aus, drei Wochen später verstauchte er sich den Knöchel und als er von all diesen Blessuren endlich genesen war, beendete eine gebrochene Rippe und ein damit verbundener Lungenriss seine Saison bereits im November.

Trotz einer Spielzeit voller Schmerzen brachte Stevens beachtliche 1155 Passing Yards für elf Touchdowns bei fünf Interceptions und 381 Rushing Yards mit vier Touchdowns zustande. Das Interesse in der NFL war geweckt.

Auch Ravens und Chiefs sollen Interesse gehabt haben

"Ich bin mir sicher, ich habe mich jedem Team mindestens einmal gezeigt, einigen sogar zwei- oder dreimal", verriet Stevens im "Indianapolis Star". Dem Blatt zufolge sollen neben den Saints auch die Ravens, die New York Jets und die Kansas City Chiefs intensiv über ihn nachgedacht haben.

"Ihm steht die Welt offen. Den Leuten, die mich über ihn ausfragen, sage ich, ihm fehlt es nur an Erfahrung", verdeutlichte Moorhead, der aber auch die vielen Verletzungen nicht außer Acht ließ.

Stevens-Förderer: "Guten Menschen widerfährt Gutes"

Doch letztlich konstatierte der ehemalige Quarterback, der 1996 für die Munich Cowboys spielte, bei "Mississippi Today" überglücklich: "Guten Menschen widerfährt Gutes. Tommy Stevens ist ein großartiger Mensch."

Ob es Glück war, oder letztlich doch allein das Ergebnis harter Arbeit: Im Januar durfte sich Stevens in St. Petersburg in Florida im Rahmen des East-West Shrine Bowl mehrere Tage lang vor NFL-Scouts und Talentspähern beweisen. Der eigentliche Pro Day von Mississippi State zwei Monate später fiel dagegen der Corona-Pandemie zum Opfer.

Persönlicher QB-Coach feilt an Passqualitäten

Stevens wusste aber bereits, woran es noch zu feilen galt, um es in der NFL wirklich packen zu können. Und so schuftete er gemeinsam mit seinem privaten Coach Will Hewlett, der wie auch Kyle Shanahan, dessen Vater Mike, Sean McVay oder Matt LaFleur als Teil von "QB Collective" eine intensivere und ganzheitliche Ausbildung der Quarterbacks anstrebt.

Hewlett fokussierte sich auf Stevens' Passqualitäten. Denn davon wird es vorrangig abhängen, ob sein Schützling am Ende einen Kaderplatz ergattert. "Allein von der Wurfarmkraft gehört er zu den besten, er kann ziemlich weit werfen", skizzierte der QB-Coach seinen Ansatz: "Wir mussten den Ablauf etwas optimieren, um seine Konstanz zu verbessern und es etwas müheloser aussehen zu lassen."

Stevens braucht für 40 Yards nur 4,49 Sekunden

Bei 1,98 Meter Körpergröße und einem Gewicht von 106,5 Kilogramm ein wohl gar nicht so leichtes Unterfangen. Stevens ist jedenfalls der längste und schwerste der vier Saints-Quarterbacks.

Und dazu anscheinend noch einen Tick schneller als Hill: Bei einem Pro Day in Tampa Bay soll er mit 4,49 Sekunden im 40-Yard-Dash gestoppt worden sein - deutlich schneller als jeder Signal Caller beim Combine 2020.

Nur im letzten College-Jahr als Quarterback gestartet

"Viele seiner sportlichen Fertigkeiten, seine Größe, sein Gewicht, seine Schnelligkeit, alles macht wirklich einen guten Eindruck", frohlockte Payton in schon erwähnter Telefonkonferenz. Da fällt es auch nicht ins Gewicht, dass Stevens überhaupt nur in seinem letzten College-Jahr als Starting Quarterback agierte.

"Wir haben das Gefühl, dass er sowohl im Passing Game als auch im Running Game helfen und sich hinter jemandem wie Taysom Hill entwickeln kann, der aktuell diese Rolle einnimmt", machte Payton kein Geheimnis um die Pläne mit dem neuen Schweizer Taschenmesser.

Stevens schaut zu Vorbild Hill auf

Muss Hill, dessen Ambivalenz ihm erst jüngst einen mit 21 Millionen US-Dollar dotierten Zweijahres-Vertrag eingebracht hatte, also schon bald um seine Sonderrolle bangen? Für Stevens ist der neue Kollege längst ein Vorbild.

"Er ist auf dem höchstmöglichen Level erfolgreich, ein ähnlicher Typ, mit ähnlichen Körpermaßen", lobte der Seventh Rounder den Undrafted Free Agent von 2017: "Es ist wirklich cool, das zu verfolgen, weil er somit Türen öffnen könnte für andere Typen, die wie ich oder er sind."

Diese Aussage stammt aus der Zeit vor dem Draft. Nun kann Stevens also im tagtäglichen Vergleich zeigen, ob er ein Ebenbild von Hill sein kann. Oder sogar mehr.

Marcus Giebel

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