Vinatieri, Pineiro und Co.
Kicker-Krise in der NFL: Das große Nervenflattern
- Aktualisiert: 28.10.2019
- 22:17 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Die Kicker in der NFL sind in der Krise: 120 verpatzte Field Goals und Extrapunkte nach dem 8. Spieltag sind Negativ-Bestwert seit 1995.
München - Wo fängt man bei einer ausgewachsenen Krise an? Welchen Kicker pickt man sich heraus?
Robbie Gould, Mr. Zuverlässig von den San Francisco 49ers, der noch nie so eine schlechte Quote verwandelter Field Goals hatte - er steht bei 65 Prozent - wie 2019?
Legende Adam Vinatieri, der eine Saison irgendwo zwischen Himmel und Hölle erlebt? Er steht bei 73,3 Prozent, seit dem Start seiner langen Karriere 1996 war er nie schlechter.
Zu Beginn der Saison dachte er über einen Rücktritt nach, am 8. Spieltag war er mit einem verpatzten Field Goal und Extrapunkt erst der Depp, mit einem verwandelten Field Goal 22 Sekunden vor Schluss dann wieder der gefeierte Held bei den Indianapolis Colts.
Trauma in Chicago
Oder aber Cody Parkey, am 7. Spieltag noch der ausgelachte Buhmann, nachdem er für die Tennessee Titans mal wieder den Pfosten traf? Am 8. Spieltag war er mit einer fehlerfreien Leistung mit ein Garant für den Sieg gegen die Tampa Bay Buccaneers.
Man könnte auch die bittere Deja-Vu-Story der Chicago Bears um Eddy Pineiro aufrollen, man kann weitere Beispiele nennen, denn es gibt in diesem Jahr genug, doch das ist egal, man kommt so oder so auf das gleiche Ergebnis.
Denn es ist, wie es ist bei den Kickern: Sekt oder Selters, alles oder nichts. Ein Mittelding gibt es nicht. Fehler haben unmittelbare Auswirkungen. From Hero to Zero in Sekunden, die Fallhöhe ist hoch.
Was aber auffällt: 2019 ist noch mehr Zero als sonst.
Wie NFL Research mitteilt, sind die Kicker auf Negativkurs, haben sich nach dem 8. Spieltag 120 Fehlschüsse - Field Goals und Extrapunkte zusammen - geleistet. Die bisherigen "Bestmarken" nach dem 8. Spieltag: Jeweils 109 in den Jahren 2001 und 2017 sowie 108 in der Saison 1995.
Konkret gab es bis jetzt 454 Field-Goal-Versuche, von denen 365 verwandelt und damit 89 nicht verwandelt wurden. Eine Quote von 80,4 Prozent. Hinzu kommen 31 nicht verwandelte Zusatzpunkte, die Quote dort liegt bei 94,5 Prozent (531 von 562).
Nicht ungewöhnlich, die Quote lag dort früher zwar bei rund 99 Prozent, sie hat sich nach der Verlegung von 20 auf 33 Yards im Jahr 2015 bei 94 Prozent eingependelt.
Das Problem sind die Field Goals, deren Werte zuletzt 2005 ähnlich schlecht waren, nach der kompletten Saison lag die Quote damals bei 81 Prozent. Seit 2014 schafften die Kicker hingegen konstant eine Quote von 84 bis 85 Prozent.
Man muss sich nichts vormachen: Es ist ein undankbarer Job, denn die Aufgabe ist nicht ohne, der Druck enorm. Bei den NFL-Kickern sind es oft keine fehlenden körperlichen Fähig- und Fertigkeiten, es ist die Erwartungshaltung, auf den Punkt treffen zu müssen.
Die Bears haben das während ihres oft kritisierten Castings oft simuliert. Die Krux: Man kann es nicht zu 100 Prozent nachahmen.
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Eigentlich ein cooler Job
Der ganze Job ist vor allem eines: Kopfsache.
Denn das Perfide ist, dass man auf den ersten Blick eigentlich eine coole Aufgabe hat: Hin und wieder mal aufs Feld, verwandeln und wieder runter. Doch verwandelt man, ist man kurz der Held und gut. Der Depp ist man viel länger, wie Ex-Bears-Kicker Parkey weiß, den sein "Double-Doink" bis ans Ende seiner Karriere verfolgen wird.
Denn es ist ein Unterschied, ob man im Training ein paar Field Goals versucht, oder im Stadion vor 85.000 Fans zum möglicherweise entscheidenden Kick antritt und sich 100 Kilogramm schwere Verteidiger in Bewegung setzen.
Was bei näherem Hinschauen auch auffällt: Die Treffsicherheit aus 50 und mehr Yards hat nachgelassen. Wurden in den vergangenen Jahren im Schnitt 63 Prozent verwandelt, sind es aktuell nur 54 Prozent.
Eine weitere Auffälligkeit: Nach dem 8. Spieltag scheint sich der Trend zu bestätigen, dass es generell weniger Field-Goal-Versuche gibt als in den vergangenen Jahren.
Möglicherweise ein Ergebnis der Nervenflatterei in dieser Saison, ein Teufelskreis also.
Die Lösung? Schwierig. Denn wo fängt man bei einer ausgewachsenen Krise an?
Andreas Reiners
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