Erster Auftritt
Neuer Head Coach der New York Giants: Belichick-Schüler Joe Judge - von den Besten gelernt
- Aktualisiert: 10.01.2020
- 09:21 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Joe wer? Viele Fans bemühen Google, als die New York Giants Joe Judge als neuen Trainer verkünden. Er hat am Donnerstag seinen ersten Auftritt und deutet an, warum die Giants Feuer und Flamme sind.
München/New York - Die Reaktionen waren zu erwarten. Die sozialen Medien sind da unerbittlich. Und so bekamen die New York Giants mal wieder ihr Fett weg. Und der neue Coach auch. Kurz wurde es ungemütlich.
Joe Judge? Joe wer? Ernsthaft? WTF? "Der Daniel Jones der Trainer-Verpflichtungen", hieß es da, und der Vergleich passt, denn als die Giants den Quarterback beim Draft an sechster Stelle auswählten, war die Fan-Gemeinde ähnlich hysterisch.
Diejenigen, die bei dem Namen nicht an einen schlechten Scherz glaubten, mussten ihn erst einmal googeln. Der Wikipedia-Eintrag am Tag der Verpflichtung war da noch übersichtlich.
Denn Judge ist tatsächlich ein unbeschriebenes Blatt, 38 Jahre alt. Trainer, seit er 23 ist, aber ohne Erfahrung als Head Coach. Und klar: Wer kennt schon die Special Teams Coordinator der Liga, selbst wenn es der von den New England Patriots ist?
Schnell kam aber die zweite, viel wichtigere Frage auf: Warum Joe Judge?
Es verwunderte nicht, dass die Giants auf ihrer Homepage Trainerlegende Bill Belichick zu Wort kommen ließen. Er hat von 2012 an acht Saisons lang mit Judge zusammengearbeitet, hat ihn gefördert und auf solch einen Job vorbereitet, weil er von ihm überzeugt ist.
"Joe hat hervorragende Arbeit geleistet", sagte Belichick. "Er ist ein ausgezeichneter Trainer. Er versteht das Spiel gut, arbeitet extrem hart und ist ein sehr guter Grundlagen-Lehrer. Er ist ein außergewöhnlicher Anführer und einer der besten Trainer, mit denen ich je zusammengearbeitet habe."
2019 war er nicht nur für die Special Teams, sondern auch für die Wide Receiver zuständig, arbeitete aber unter dem Strich mit allen Spielern des Kaders zusammen. Belichick weiß: "Dies erfordert die Fähigkeit, mit vielen Dingen umzugehen, ständige Anpassungen vorzunehmen und sofort Entscheidungen zu treffen."
College-Coach-Legende Nick Saban arbeitete mit Judge von 2009 bis 2011 in Alabama zusammen, auch er durfte Lob verteilen. "Joe ist einer der klügsten jungen Trainer in unserem Beruf, und ich denke, er wird einen hervorragenden Job machen. Sie bekommen einen äußerst intelligenten Trainer, der sehr loyal, organisiert und fleißig ist." Keine Frage: Belichick und Saban sind zwei der besten, von denen man lernen kann.
Mara schwärmt von Judge
Giants-Besitzer John Mara schwärmte vom Neuen, mit dem er die komplette NFL überraschte. Das Interview mit Judge sei das Beste gewesen, bei dem er je dabei war. College-Coach Matt Rhule habe man nicht nur abgesagt, weil der geforderte Siebenjahres-Vertrag viel zu lang, sondern weil man von Judge so überzeugt gewesen sei.
Trotzdem noch Fragen? Klar!
Weitere Zweifler wollte Judge selbst überzeugen, sich vorstellen, einen Eindruck hinterlassen. Die Chance hat man dafür bekanntlich nur einmal, und es dauert auch nur wenige Sekunden.
Die Medien waren beeindruckt, als er am Donnerstag vor die Kameras trat. Erstmals in seiner Karriere stand er im Mittelpunkt, und er schlug sich gut. Selbstbewusster Auftritt, klare Ansagen, keine Umschweife, kein Blabla, kaum Nervosität. Judge wusste, dass die erste Pressekonferenz als Giants-Trainer eine wichtige ist. Er deutete an, warum die Giants Feuer und Flamme sind.
Ein Rat von Belichick
Den wichtigsten (und auch einzigen) Rat, den er von Belichick mitnahm: "'Sei du selbst.' Ich werde ich selbst sein. Wenn ich jemand anderes bin, werden es alle gleich durchschauen. Und wenn man das Team anlügt, verlieren man das Team sofort."
Er nutzte die Bühne, indem er nicht direkt über sich sprach, sondern darüber, wofür er steht.
"Wir werden Ihnen 60 Minuten lang eins auf die Nase geben. Wir werden jedes Play so spielen, als ob es eine Geschichte und ein Eigenleben hätte mit einer unerbittlichen und kämpferischen Einstellung", sagte er und stellte klar, dass er Old School ist, auf das Körperliche bedacht, schnell und aggressiv spielen lassen will.
"Die einzige Kultur, die wir hier haben werden, ist eine Sieger-Kultur. Punkt. Was bedeutet, dass jeder jeden Tag zur Arbeit kommt, unabhängig davon, wie er sich fühlt, und dass das Team an erster Stelle steht. Punkt", sagte er. Von Belichick habe er gelernt, flexibel mit dem Personal zu sein. Auf die Stärken schauen, sie nutzen, das Beste aus einem Spieler herausholen und das System auf diesen Stärken aufbauen.
Externer Inhalt
Schwieriges Umfeld
Judge weiß, dass es in einem schwierigen Umfeld wie New York ebenso kompliziert wie unerlässlich ist, das Umfeld hinter sich zu bekommen.
Ansagen, dass man etwas liefern wolle, worauf die Region stolz sein könne, weil das Team die Region präsentiere, kommen natürlich an. "Ich möchte, dass die Leute, die ihr hart verdientes Geld bezahlen, zu unseren Spielen kommen und wissen, dass die Spieler mit der gleichen Einstellung spielen, mit der sie jeden Morgen aufwachen - harte Arbeit."
Harte Arbeit wird es auch für den neuen Trainer. Er muss sich reinfinden in die neue Rolle. Mehr Aufgaben, mehr Erwartungen, mehr Verantwortung, mehr Druck – die Giants gehen deshalb nicht komplett blauäugig in die neue Ära.
Der frühere Cowboys-Trainer Jason Garrett wird als Offensive Coordinator gehandelt, auch Ex-Browns-Coach Freddie Kitchens gilt als Kandidat, er arbeitete mit Judge auf der Mississippi State zusammen. Erfahrene, helfende Hände, Assistenten, die bekannter sind als der Chef selbst. Doch das wird sich schnell ändern.
Für Judge wäre der Anfang gemacht. Vorerst. Denn sein Plan ist erst einmal in schönen Worten verpackte Theorie. Er muss seinen Worten Taten folgen lassen. Sonst könnte es schnell wieder ungemütlich werden.
Andreas Reiners
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