Ex-NFL-Profi und ran-Kolumnist
NFL-Kolumne von Markus Kuhn: "Nur ein Spiel Sperre für Gronkowski? Das ist ein Witz!"
- Aktualisiert: 10.12.2017
- 14:18 Uhr
- ran.de
In seiner Kolumne auf ran.de schreibt Ex-NFL-Profi Markus Kuhn über die schwere Verletzung von Ryan Shazier, die miesen Hits von JuJu Smith-Schuster und Rob Gronkowski und erklärt, warum es schwer ist, die Spieler in Zukunft noch besser zu schützen.
Hi Football-Fans,
in der vergangenen Woche gab es in der NFL leider wieder einmal ein paar unschöne Szenen zu beobachten - allen voran der missglückte Tackle von Ryan Shazier, der deswegen nun schwer verletzt im Krankenhaus liegt und um seine Gesundheit bangen muss. Aber auch die unschönen Hits von JuJu Smith-Schuster gegen Vontaze Burfict und George Iloka gegen Antonio Brown, die jeweils ein Spiel Sperre für den Steelers-Rookie und den Bengals-Safety zur Folge hatten. Auch Patriots-Star Rob Gronkowski wurde für eine Partie aus dem Verkehr gezogen - wegen eines späten Hits gegen Tre'Davious White von den Buffalo Bills.
Nach all diesen Vorkommnissen brandet jetzt natürlich wieder die Frage auf, ob die Spieler mehr geschützt werden müssen. Ganz klar: Ja, müssen sie. Aber: Wie? Und genau diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Warum? Das möchte ich euch in dieser Kolumne gerne erklären.
NFL misst mit zweierlei Maß
Ich weiß noch aus meiner aktiven Zeit, aber auch von vielen Ex-Kollegen, die nach wie vor aktiv sind, dass sie aufgrund der unterschiedlichen Regelauslegung sehr verunsichert sind. Was ist ein guter Hit? Was ist ein schlechter Tackle? Wann werde ich für was wie lange gesperrt? Das wird von der NFL wirklich sehr undurchsichtig gehandhabt. Denn es ist zum Beispiel offensichtlich, dass du als Spieler eine deutlich längere Sperre bekommst, wenn du einen Star-Quarterback mit einem harten Hit erwischst, als einen Spieler aus der zweiten Reihe. Da wird mit zweierlei Maß gemessen - und das ist nicht nur unfair, sondern für alle Spieler nicht nachvollziehbar. Wie sollen sie sich also richtig verhalten?
Im Fall von Ryan Shazier von den Pittsburgh Steelers war es einfach eine unglaublich traurige und unglückliche Szene. Denn es sah zunächst wie eine ganz normale Kollision zwischen einem Linebacker und einem Wide Receiver aus. Aber die Spieler werden immer größer, schneller und stärker - wenn der Körper bei einem Tackle dann nicht in der absolut richtigen Position ist, dann kann so eine schwere Verletzung wie jetzt bei Shazier leider Gottes passieren. Das ist sehr beängstigend und erschreckend, gehört letztlich aber zu unserem Sport dazu. Das ist die harte Realität der NFL. Aber ich hoffe natürlich sehr, dass Shazier so schnell wie möglich wieder vollständig gesundet und die Verletzung keine bleibenden Schäden bei ihm hinterlässt.
Externer Inhalt
Ich weiß, dass "Player's Safety" für die NFL ein großes Thema ist. Aber wie geht man letztlich damit um? Die Realität ist, dass wir Spieler auf dem Platz keine fünf Sekunden Zeit haben um zu überlegen, wie wir den Tackle oder Hit setzen. Das passiert alles im Bruchteil einer Sekunde. Und das Ziel ist es immer, den Gegenspieler so hart zu hitten, wie es eben geht. Dabei kannst du dir noch so sehr vornehmen, ihn in die Beine zu hitten, wenn dein Gegenspieler plötzlich den Kopf nach unten nimmt, ist es passiert. Da kannst du als Spieler gar nichts machen. Dafür geht es alles viel zu schnell. Und dann bekommst du für so eine Aktion vielleicht auch noch eine Flagge und hohe Geldstrafe und verstehst gar nicht, warum. Da sind wir also wieder bei dem Thema, dass die Spieler im Großen und Ganzen einfach nicht wissen, was richtig und was falsch ist.
Kopf muss am besten geschützt sein
Es ist aktuell leider schon zu beobachten, dass die Verletzungen durch Hits und Tackles immer schlimmer werden. Da müssen wir also alle deutlich besser aufeinander aufpassen. Ich weiß, dass wir immer folgenden Satz eingetrichtert bekamen: Keep your head on a swivel. Also: Halte die Augen immer nach allen Seiten offen, damit du beispielsweise einen Blind-Side-Hit wie von Smith-Schuster gegen Burfict möglichst vermeidest. Das klappt natürlich nicht immer.
Wobei es für uns Spieler auch immer einen Unterschied macht, ob solche Szenen "between the whistles" - also noch während des Spiels - passieren oder erst dann, wenn bereits abgepfiffen ist. So wie es bei Gronk der Fall war. Das war eine Szene, die aus meiner Sicht überhaupt nicht geht. Der Spielzug ist bereits beendet und Gronkowski stürzt sich mit seiner Armmanschette und seinem Helm voraus auf seinen Gegenspieler, weil er einfach sauer ist, dass der Ball abgefangen wurde. Hier hätte die NFL ein Zeichen setzen müssen. Aber nur ein Spiel Sperre? Das ist für mich ein absoluter Witz!
Was muss jetzt also passieren, um die Spieler noch besser zu schützen? Ein Patentrezept gibt es da aus meiner Sicht nicht. Vor allem dann nicht, wenn die NFL das Spiel im Kern nicht verändern will. Und genau das wollen sie ja nicht. Das ist für mich ein totaler Widerspruch. Auf der einen Seite wollen sie, dass die Spieler gesund bleiben und sich weniger verletzen, und auf der anderen Seite soll das Spiel so bleiben, wie es ist. Sorry, aber das geht gar nicht.
Aus meiner Sicht könnte man nur versuchen, die Helme noch besser, noch sicherer zu machen. Der Kopf muss unbedingt am besten geschützt sein. Denn selbst wenn der Körper nach der aktiven Karriere okay ist, weißt du nie, wann es vielleicht durch diverse Gehirnerschütterungen zu Spätfolgen im Kopf kommt. Allerdings sind bessere Helme unter Umständen auch größere "Waffen" auf dem Spielfeld - die Medaille hat halt immer zwei Seiten. Ein anderer Lösungsansatz könnte noch sein, schon den Jugendspielern beizubringen, wie man richtig tacklet oder hittet. Denn ich weiß es selbst noch aus meiner Jugend, dass das sogenannte "schädeln", also Helm gegen Helm, damals als besonders cool galt. Dann warst du ein richtiger Kerl. Rückblickend betrachtet ist das natürlich kompletter Blödsinn. Und genau das sollte man den Jungs heute auch möglichst früh klar machen.
Unter dem Strich ist "Player's Safety" ein sehr schwieriges Thema. Denn ich sehe den American Football ein bisschen wie Boxen. Da besteht letztlich immer ein gewisses Risiko auf Verletzungen, leider auch heftiger Art. Bleibt immer zu hoffen, dass solche Verletzungen die Ausnahme bleiben.
Jetzt wünsche euch erstmal viel Spaß mit den NFL-Livespielen ab 18:30 Uhr bei ranNFL auf ProSieben MAXX und ran.de.
Wir lesen uns bald wieder!
Bis dann,
Euer Markus
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