Die NFL-Saison live auf ProSieben, ProSiebenMAXX und ran.de
Zwei Jahre nach Super Bowl LIII: Alles oder Nichts für die Los Angeles Rams
- Aktualisiert: 12.09.2020
- 19:29 Uhr
- ran.de/Tom Offinger
Mit einer riskanten Strategie gelang den Los Angeles Rams in wenigen Jahren der Aufstieg aus den unteren Tabellenregionen an die Spitze der NFL. Doch der schnelle Erfolg hat seinen Preis - und könnte die Franchise zurück in den Abgrund stürzen.
Los Angeles/München - Der Preis für Erfolg im Sport ist hoch - in der NFL gibt es wohl kein Team, das dieses Mantra so repräsentiert wie die Los Angeles Rams. Kostspielige Verpflichtungen sollten den Weg an die Spitze ebnen, doch stattdessen stehen die Rams zwei Jahre nach dem Einzug in den Super Bowl mit dem Rücken zur Wand.
2018: Der Traum zum Greifen nah
Die Saison 2018 werden viele Fans der Los Angeles Rams niemals vergessen: Nach Jahren des Misserfolgs und verpasster Playoff-Teilnahmen spielt die Mannschaft von Head Coach Sean McVay eine beeindruckende Saison und gewinnt 13 Spiele.
Sowohl Quarterback Jared Goff, als auch Running Back Todd Gurley spielen die Saison ihres Lebens, Gurley gilt lange Zeit gar als MVP-Kandidat. Defensive Tackle Aaron Donald wird zum zweiten Mal in Folge als Defensive Player of the Year ausgezeichnet und ist der unumstrittene Anführer einer dominanten Defense.
Trotz der Niederlage in Super Bowl LIII scheint das aggressive Vorgehen von General Manager Les Snead aufzugehen: Innerhalb weniger Jahre sind die Rams durch Trades und teure Free-Agent-Neuzugänge an die Spitze der NFL vorgerückt - vorerst noch ohne den erwarteten Erfolg.
Folgen machen sich bemerkbar
Nicht einmal zwei Jahre sind seitdem vergangen. Nach einer durchwachsenen Saison 2019, in der die Rams die Playoffs verpassten, steht die Franchise nun vor der Frage, wie es weitergehen soll. Der erhoffte Super-Bowl-Sieg hat sich nicht materialisiert, stattdessen schweben die Folgen der aggressiven Strategie wie ein schwarzer Schatten über den Hügeln von Hollywood und die nahe Zukunft der Franchise.
Die Rams gehen mit dem zweitniedrigsten Cap-Space-Volumen aller NFL-Teams (3,6 Millionen Dollar, Stand 7. September, Quelle: spotrac.com) in die Saison 2020 (live auf ProSieben, ProSiebenMAXX und ran.de), zudem fehlen wertvolle Draftpicks für zukünftige Spieler.
Externer Inhalt
Katastrophales Cap-Space-Management
Bereits frühzeitig wurden etliche Leistungsträger mit teils hochdotierten Verträgen an die Franchise gebunden und belasteten damit die Salary Cap für die kommenden Jahre.
Receiver Brandin Cooks unterschrieb im Juli 2018 einen Fünfjahresvertrag in Höhe von 81 Millionen Dollar, wovon ihm 50,5 Millionen garantiert wurden. Wenige Tage später wurde auch Gurley langfristig gebunden und erhielt einen neuen Vierjahresvertrag mit einem maximalen Gehalt von 60 Millionen Dollar (45 Millionen garantiert).
Obwohl sich die Investments für die Saison 2018 auszahlten, sind beide Spieler mittlerweile nicht mehr ein Teil der Los Angeles Rams. Cooks wurde 2020 nach Houston getradet, während Gurley mit Kniebeschwerden, die sich später als Arthritis herausstellen sollten, im März 2020 entlassen wurde.
Durch das vorzeitige Ausscheiden beider Spieler verlieren die Rams bis 2021 rund 40 Millionen Dollar Cap Space.
Jared Goffs Monster-Vertrag
Neben Cooks und Gurley wurde auch Jared Goff von den Rams fürstlich entlohnt. Obwohl er offiziell noch bis zum Ende der Saison 2020 mit einem kostengünstigen Rookie-Vertrag ausgestattet war, wurde auch der Franchise-Quarterback frühzeitig gebunden.
Im September 2019 unterschrieb er einen neuen Vierjahresvertrag in Höhe von 134 Millionen Dollar, wovon ihm die unglaubliche Summe von 110 Millionen Dollar garantiert wurden.
Auf den ersten Blick schien der neue Vertrag - gerade nach den Leistungen der Vorsaison - gerechtfertigt, doch mit einem Blick auf die Salary Cap werden die Auswirkungen deutlich: Goff ist mit einigem Abstand der Topverdiener der Franchise und wird 2021 knapp 20 Prozent des verfügbaren Gehalts aufsaugen, selbst wenn er entlassen werden sollte.
Bereits im April diesen Jahres wurde der Kontrakt neustrukturiert, um die Salary Cap zu entlasten und sieben Millionen Dollar verfügbar zu machen. "Ich stehe voll hinter dieser Entscheidung", versicherte Goff damals. Gerade die durchwachsenen Leistungen der vergangenen Saison ließen zuletzt Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vertrags aufkommen.
Auch Donalds Cap-Hit ist nicht zu unterschätzen - im Gegensatz zu Jared Goff beweist der Star-Verteidiger aber in jedem Spiel seinen Wert.
Drohendes Free-Agency-Chaos
Cooper Kupp, Jalen Ramsey und John Johnson III - drei Leistungsträger mit einer Gemeinsamkeit: Ihre Verträge laufen zum Ende der Saison 2020 allesamt aus.
Durch den fehlenden Spielraum in Sachen Cap Space wird es für General Manager Les Snead nahezu unmöglich, alle drei Spieler zu behalten. Kupp ist der Lieblingsreceiver von Jared Goff, während Ramsey und Johnson die Passverteidigung koordinieren.
Ramseys Wunsch wird erfüllt
Während Johnson noch auf einen neuen Vertrag wartet, werden Ramsey und Kupp der Franchise definitiv erhalten bleiben. Wenige Tage vor dem Saisonauftakt gegen die Dallas Cowboys unterschrieb Ramsey einen neuen Fünfjahresvertrag, der ihn mit einem Jahresgehalt von 21 Millionen Dollar zum bestbezahlten Cornerback der NFL-Geschichte aufsteigen lässt.
Kupp verlängert seinen Vertrag um drei Jahre und bekommt in dieser Zeit bis zu 48 Millionen Dollar.
Unter den beschriebenen Umständen sind insgesamt 37 Millionen Dollar pro Jahr für Kupp und Ramsey eine Menge Geld, aber vor allem ein Investment in die Zukunft der Rams. Ramsey, der während der vergangenen Saison per Trade von den Jacksonville Jaguars nach Los Angeles gewechselt war, zählt zu den besten Passverteidigern der NFL und sieht sich selbst als Führungsspieler der Franchise.
"Ich hoffe, dass Los Angeles für immer mein Zuhause bleibt", erklärte der Pro Bowler im Rahmen der Dokumentationsserie Hard Knocks (hier geht's zu Folge 1-4). Ramsey hatte sich demonstrativ bei einer Hausbesichtigung filmen lassen und dabei mehrmals deutlich gemacht, wie viel ihm an einem Verbleib in Kalifornien liege.
Unter diesen Umständen wird es für die restlichen Free Agents – allen voran Johnson – schwierig werden, einen ähnlich hohen Vertrag wie Ramsey oder Kupp abzustauben. Andererseits hat General Manager Les Snead auch keinen großen Gestaltungsspielraum und wird daher auf ein Entgegenkommen der Spieler hoffen müssen.
Spätestens im kommenden Frühjahr werden wir Antworten erhalten.
Geringes Draft-Kapital
Da zu erwarten ist, dass die Rams nicht an all ihren Free Agents festhalten können, müssen die entstandenen Löcher im Roster durch Talente aus dem Draft aufgefüllt werden. Doch auch hier haben sich die Spuren von Les Sneads Vorgehen abgezeichnet: Für die kommenden zwei Drafts verfügen die Rams nur noch über zehn Picks.
Von 2017 bis einschließlich 2021 täuschte die Franchise vier der fünf Erstrundenpicks gegen Spieler ein, den 31. Pick im Jahr 2019 täuschten die Rams mit den Atlanta Falcons.
Sowohl die vier Picks im Jahr 2021 (jeweils eine Auswahl in der 2., 3., 6. und 7. Runde), als auch die sechs Picks ein Jahr später (jeweils eine Auswahl in der 1., 2., 3., 5., 6. und 7. Runde) müssen regelrechte Volltreffer werden, ansonsten droht den erheblicher Qualitätsverlust.
Alles oder Nichts
So vielversprechend der Aufstieg der Los Angeles Rams begann, umso schmerzhafter könnte der Fall am Ende werden. Die Verantwortlichen um General Manger Les Snead setzten früh alles auf eine Karte und müssen ihr Vorgehen nach einer verkorksten Saison überdenken.
Allerdings ist die "Mission Super Bowl" noch nicht komplett gescheitert, vorausgesetzt die Rams können Anfang Februar die Vince-Lombardi-Trophy in Empfang nehmen.
So oder so müssen im kommenden Frühjahr einige schwere Entscheidungen gefällt werden. Durch das katastrophale Cap-Space-Management werden nicht alle auslaufenden Verträge von Leistungsträgern verlängert werden können - ein Aderlass scheint unausweichlich.
Quarterback Jared Goff ist ebenfalls gefragt: Er trägt durch seinen gigantischen Vertrag alle Erwartungen der Franchise auf seinen Schultern und schien dem Druck in der vergangenen Saison nicht gerecht werden zu können.
Ein Super-Bowl-Sieg wird die Probleme der Franchise zwar nicht eigenhändig lösen, aber zumindest das riskante Vorgehen der Verantwortlichen legitimieren. Somit ist die Marschrichtung für die Saison 2020 klar: Die Los Angeles Rams sind zum Siegen verdammt.
Tom Offinger
Du willst die wichtigsten NFL-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.