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Borussia Mönchengladbach - Gladbach-Legende Karlheinz Pflipsen: "Das ist für einen Klub wie Borussia tödlich"
- Aktualisiert: 03.10.2025
- 11:30 Uhr
- Andreas Reiners
Wie prekär ist die Lage in Gladbach? Was muss sich ändern? Wie muss sich der Klub aufstellen? Wir haben mit Karlheinz Pflipsen darüber gesprochen.
Das Interview führte Andreas Reiners
Für Karlheinz Pflipsen war die Antwort sofort klar.
Borussia Mönchengladbach aus der Krise helfen? Natürlich! Die Gladbach-Legende wäre sofort zur Stelle, wenn der sich in einer ausgewachsenen Krise befindliche Traditionsklub melden würde.
"Ich bin gebürtiger Mönchengladbacher, der fast die komplette Karriere in diesem Verein gespielt hat. Wenn man mich fragt, würde ich sofort mit anpacken und helfen, in welcher Form auch immer, weil mir der Verein am Herzen liegt", sagte Pflipsen im ran-Interview.
Pflipsen, der im Alter von zehn Jahren zur Borussia wechselte, bis 1999 dort spielte und 1995 mit dem Klub den DFB-Pokal gewann, erlebt als Schwiegervater von Rocco Reitz hautnah mit, wie schwierig die Lage rund um die Mannschaft aktuell ist.
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Sein Ratschlag für das Spiel am Sonntag gegen den SC Freiburg: Über das Kollektiv kommen. "Das heißt, es wird wichtig sein - wie es die Mannschaft in Leverkusen hervorragend gemacht hat - die Räume eng zu halten, damit es einfacher wird, Zweikämpfe zu gewinnen und sich darüber das Vertrauen in die eigene Stärke zurück zu holen."
Das Wichtigste in Kürze
Im ran-Interview spricht Pflipsen zudem über fatale Fehler in der Vergangenheit, die Arbeit von Roland Virkus, Eugen Polanski und die neue sportliche Führung.
Gladbach in der Krise: "Definitiv besorgniserregend"
ran: Herr Pflipsen, wie groß sind Ihre Sorgen, dass die Borussia absteigt?
Karlheinz Pflipsen: Aktuell stehen wir auf dem letzten Tabellenplatz, und die Situation ist definitiv besorgniserregend. Positiv für die Zukunft sehe ich, dass wir noch in einer frühen Phase der Saison sind und dass in den nächsten Wochen der eine oder andere wichtige Spieler wieder fit wird und so der Mannschaft helfen kann. Es sollte mit allen Mitteln versucht werden, so schnell wie möglich einerseits Ruhe in den Verein zu bekommen, und andererseits positive Ergebnisse zu erringen, damit der Druck auf die Mannschaft nachlässt.
ran: Welche Fehler sind rund um den Verein in der Vergangenheit vor allem gemacht worden, dass die Situation jetzt so prekär ist?
Pflipsen: Auf der einen Seite hat man den kompletten Machtapparat der letzten Jahre mit Max Eberl, Rolf Königs, Hans Meyer und Stephan Schippers verloren. Das ist für jeden Verein schwer aufzufangen. Des Weiteren hat man in der Vergangenheit Spieler wie Marcus Thuram, Ramy Bensebaini oder auch Matthias Ginter ablösefrei verloren, wodurch ein finanzielles und sportliches Loch entstanden ist. Wir reden hier über geschätzt 50 bis 60 Millionen Euro, die in der Kasse für neue Transfers fehlen. Das ist für einen Klub wie Borussia tödlich und darf in der Form nicht passieren.
ran: Wie beurteilen Sie die Arbeit von Roland Virkus?
Pflipsen: Ich finde es immer schwer, von außen die Arbeit eines Einzelnen zu bewerten. Sicherlich hat Roland nicht alles im Alleingang entschieden. Dazu gehören immer mehrere Personen. Ich glaube, dass die Situation, die er vorgefunden hat, nicht ganz einfach war und immer noch ist. Am Ende wird jeder an seinen Erfolgen gemessen und diese blieben zuletzt leider aus. Roland hätte sich am Ende der letzten Saison von Gerardo Seoane trennen müssen, um so einem neuen Trainer die Einbindung in Transfers zu ermöglichen und ebenso die komplette Vorbereitung mit der Mannschaft zu erleben. Trotzdem finde ich es aus menschlicher Sicht schade, wenn Roland nach über 30 Jahren nicht mehr Teil der Borussen-Familie ist. Er hat sicherlich sehr viel für den Verein geleistet und auch geopfert.
ran: Wo sehen Sie die größten Probleme in der Mannschaft bzw im Kader?
Pflipsen: Zurzeit fehlen wirklich wichtige Spieler mit Tim Kleindienst, Robin Hack und Franck Honorat. Die kann man nicht mal eben so ersetzen. Trotzdem hat man sich im Sommer dazu entschieden, wichtige und auch erfahrene Spieler wie Alassane Plea, Ko Itakura und Julian Weigl ziehen zu lassen, wodurch es aus meiner Sicht im Moment auch an Erfahrung und Führungsspielern fehlt. Das ist gerade in der jetzigen Phase sehr wichtig. Darüber hinaus finde ich die Zusammensetzung des Kaders nicht ideal. Auf manchen Positionen ist man überbesetzt und auf anderen Positionen fehlt es an qualitativen Alternativen.
Externer Inhalt
Pflipsen über Möcnhengladbach: "Über das Kollektiv kommen"
ran: Wenn man das Spiel gegen Frankfurt sieht: Was braucht das Team jetzt vor der Partie gegen Freiburg, um wieder in die Spur zu kommen?
Pflipsen: Ich glaube, dass man übers Kollektiv kommen muss. Das heißt, es wird wichtig sein - wie es die Mannschaft in Leverkusen hervorragend gemacht hat - die Räume eng zu halten, damit es einfacher wird, Zweikämpfe zu gewinnen und sich darüber das Vertrauen in die eigene Stärke zurück zu holen.
Borussia Mönchengladbach entlässt Gerardo Seoane: Entscheidung um Eugen Polanski - die Trainer-Kandidaten
ran: Ihr Schwiegersohn Rocco Reitz versucht, auch als Kapitän voranzugehen. Wie erleben Sie ihn im Moment?
Pflipsen: Auch für ihn ist es aktuell wie für jeden anderen eine schwierige und unbefriedigende Situation, aber Rocco ist ein Spieler, der immer alles gibt und ich weiß, dass er alles dafür tun wird, um schnellstmöglich den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Aber wie ich vorhin schon sagte, geht das am besten übers Kollektiv.
ran: Joe Scally kritisierte, Gladbach habe "zu viele Egos im Team". Haben Sie ebenfalls den Eindruck?
Pflipsen: Das kann ich von außen nicht beurteilen, aber man sollte eine solche Aussage aus dem Kreise der Mannschaft ernst nehmen und wenn es so sein sollte, schnellstmöglich abstellen. Weil die Grundlage, um aus einer schwierigen Phase heraus zu kommen, ist immer, dass man zusammenhält und nicht anfängt, sein Ego in den Vordergrund zu stellen.
ran: Ist Eugen Polanski der geeignete Trainer? Sollte die Borussia weiter auf ihn setzen?
Pflipsen: Ich finde, man kann Eugen als Trainer nach zwei Spielen nicht abschließend beurteilen. Eines davon in Leverkusen war richtig gut und das andere gegen Frankfurt war einfach schlecht. Ich würde mich für ihn freuen, wenn man ihm weiterhin die Chance gibt und ich wünsche ihm, dass er die Mannschaft wieder zum Erfolg führt. Es ist auch für ihn eine alles andere als einfache Aufgabe, die er da vor der Brust hat.
ran: Auch in der sportlichen Führung stellt die Borussia sich neu auf. Wen sehen Sie als geeignete(n) Kandidaten?
Pflipsen: Das entscheide am Ende nicht ich, sondern die verantwortlichen Personen im Verein. Auch das ist sicherlich keine leichte Aufgabe und ich hoffe, dass man Personen findet, die einerseits dem Verein nahestehen und andererseits sportliche Kompetenz mitbringen.
Borussia Mönchengladbach: Pflipsen "würde sofort mit anpacken"
ran: Sollte man Leute mit Stallgeruch holen oder besser externe?
Pflipsen: Es geht nicht um Stallgeruch oder extern, sondern darum, dass man Personen findet, die eine gewisse sportliche Kompetenz haben und dadurch dem Verein dienlich sein können. Darüber hinaus glaube ich, dass es der Borussia gut tun würde, wenn man sich hinterfragt und versucht, Schwachstellen schnellstmöglich, aber gut überlegt, zu beheben oder zu optimieren.
ran: Wären Sie bereit zu helfen, in welcher Form auch immer?
Pflipsen: Ich bin gebürtiger Mönchengladbacher, der fast die komplette Karriere in diesem Verein gespielt hat. Wenn man mich fragt, würde ich sofort mit anpacken und helfen, in welcher Form auch immer, weil mir der Verein am Herzen liegt. Aber auch das entscheide nicht ich, sondern andere Personen.
ran: Was muss sich im Verein grundsätzlich ändern für die Zukunft?
Pflipsen: Das Wichtigste wird sein, dass man in dieser Saison nicht den Worst Case erlebt. Und parallel dazu gilt es, den Verein sukzessive wieder in die Spur zu bringen. Dazu benötigt es die eine oder andere Veränderung beim Personal, sowohl bei der Mannschaft als auch im gesamten Verein. Weiterhin müssen in der Zukunft gute und kluge Entscheidungen getroffen werden, auch und besonders bei Transfers, um so die Qualität der Mannschaft anzuheben.