Thiagos Abschied könnte Cuisances Chance sein
Michael Cuisance: Wenn Thiago geht, steht der Kronprinz beim FC Bayern schon bereit
- Aktualisiert: 19.07.2020
- 14:51 Uhr
- ran.de
Thiagos Abschied vom FC Bayern scheint beschlossene Sache. Die Lücke im Mittelfeld könnte mit Youngster Michael Cuisance einer füllen, der sich nach der Coronapause in den Vordergrund gespielt hat. Hat er das Zeug, um Thiagos Kronprinz zu werden?
München - Thiagos Wechsel zum FC Liverpool scheint eine Frage der Zeit zu sein. Der Abschied des Mittelfeld-Allrounders wäre ein herber Schlag für den FC Bayern.
Doch ein möglicher Kronprinz steht bereits in den Startlöchern. Es ist einer, den viele schon vorschnell abgeschrieben hatten: der Ex-Gladbacher Michael Cuisance.
Der 20-Jährige spielte sich nach der Coronapause auf einmal in den Vordergrund. Im Training überzeugte er zunächst seine Mannschaftskollegen und schließlich auch den Trainerstab um Hansi Flick. Die logische Konsequenz: Nach dem Re-Start der Bundesliga sammelte der Youngster 267 Spielminuten, 230 mehr als an den ersten 25 Spieltagen zusammen.
Zum Saisonabschluss gegen den VfL Wolfsburg durfte Cuisance sogar erstmals von Beginn an ran - und rechtfertigte seinen Startelf-Einsatz mit einem sehenswerten Treffer und einem Assist.
"Er hat nach Corona sehr gut gearbeitet, auch an seiner Fitness", lobte Flick im Anschluss. "Dass er ein klasse Fußballer ist, hat er schon immer bewiesen. Jetzt geht er auch mit der nötigen Mentalität, die man braucht, ran an die ganze Sache."
Cuisance, der "kleine Thiago"
Tatsächlich gilt Cuisance als Ausnahmetalent. Technisch steht er Thiago in nichts nach, sein Passspiel und seine Übersicht sind herausragend. Zudem ist der 20-Jährige ebenso vielseitig. Auch wenn er sich auf der Acht am wohlsten fühlen dürfte, ist er im offensiven, zentralen sowie im defensiven Mittelfeld flexibel einsetzbar.
Zwar wäre es überzogen zu glauben, Cuisance könnte Thiago eins zu eins ersetzen. Hierfür fehlt dem Franzosen einfach noch die Erfahrung. Aber er hat durchaus das Potenzial in eine neue Rolle hineinzuwachsen.
Möglicherweise erhofften sich die Bayern genau diese Entwicklung, als sie das Mittelfeld-Juwel im vergangenen Sommer für zwölf Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach weggelotst hatten.
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Große Anlaufschwierigkeiten
Dabei galt der Wechsel in den Monaten vor der Corona-Zwangspause schon als Fehler. Cuisance kam ihn der Profi-Mannschaft kaum zum Zug, auch in der dritten Liga lief es nicht besser. Schuld daran waren neben Verletzungen auch die mangelnde Einstellung des 20-Jährigen. Ein altbekanntes Problem, das ihn schon in Gladbach ausgebremst hatte.
Den Transfer zum FC Bayern hatte Cuisance damals nahezu erzwungen. Weil ihm Trainer Dieter Hecking sowie dessen Nachfolger Marco Rose keinen Stammplatz einräumen wollten, forderte er von Sportdirektor Max Eberl lautstark die Freigabe. "Der Junge schwankt zwischen Genie und Wahnsinn", kommentierte Hecking Cuisances Spirenzchen einmal. Und Rose stellte wenige Wochen nach Dienstbeginn fest, dass die Borussia für den damals 19-Jährigen wohl zu klein geworden sei.
In Gladbach am eigenen Ego gescheitert
Dabei hatte der U20-Nationalspieler der "Equipe Tricolore" 2018/19 gar keine so erfolgreiche Saison bei den Fohlen absolviert. Nur elf Bundesliga-Spiele standen zu Buche. Verglichen mit seiner ersten Profisaison, in der er 24 Mal zum Einsatz gekommen war, ein deutlicher Rückschritt.
Cuisance stand sich seinerzeit mit überzogenen Anforderungen und lascher Einstellung offensichtlich selbst im Weg, so ist es zu hören. Wenn es nicht nach seinem Kopf lief, zelebrierte er Lustlosigkeit und ließ auch den Teamgeist vermissen, verweigerte beispielsweise nach einem Foul an einem Mannschaftskollegen den obligatorischen Handschlag.
Absage an Olympique Marseille
Beim FC Bayern konnte Cuisance im Schatten der Stars reifen. Er hat Demut gelernt, zumindest erweckt er diesen Eindruck. Von Großspurigkeit ist aktuell nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil.
Als Olympique Marseille Interesse am jungen Franzosen signalisierte, fühlte dieser sich geschmeichelt. "Es ist ein legendärer Klub, der die Champions League gewonnen hat", so Cuisance laut "L'Equipe". Er lobte Trainer Andre Villas-Boas und dessen Arbeit, schloss einen Wechsel aber höflich aus. "Heute konzentriere ich mich weiterhin auf das, was ich tun muss. Und das ist mein Projekt beim FC Bayern."
Konkurrenz im Mittelfeld immer noch groß
Würde Thiago in München bleiben, wäre eine Leihe durchaus denkbar gewesen, um Spielpraxis zu sammeln. Doch die veränderten Vorzeichen an der Säbener Straße öffnen nun eine Tür, durch die der Kronprinz gehen muss.
Mit klangvollen Namen wie Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Corentin Tolisso, Javi Martinez und Thomas Müller ist die Konkurrenz im Mittelfeld beim Rekordmeister zwar immer noch groß, doch die Einsatzwahrscheinlichkeit ist stark gestiegen. Vor allem auch, weil die Bayern womöglich auf anderen Positionen dringenderen Einkaufsbedarf verspüren als im gut besetzten Mittelfeld.
Beim Sprung ins kalte Wasser könnte Cuisance sein großes Selbstvertrauen vielleicht sogar zum Vorteil gereichen. Denn das braucht man, um sich in einem Star-Ensemble wie dem FC Bayern mit 20 Jahren durchzusetzen.
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