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Babbel im ran-Interview

FC Liverpool - Markus Babbel exklusiv: "Das 2:5 gegen Real Madrid macht mir Mut"

  • Aktualisiert: 22.02.2023
  • 16:11 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
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© IMAGO/Propaganda Photo

Der FC Liverpool erlebt im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Real Madrid einen rabenschwarzen Abend. Nach einer 2:0-Führung musste sich die Elf von Coach Jürgen Klopp den "Königlichen" noch mit 2:5 geschlagen geben. Im exklusiven Interview mit ran spricht der Ex-Liverpool-Star und Europameister von 1996, Markus Babbel, unter anderem über die Gründe, warum ihm dieses Ergebnis im Hinblick auf die "Reds" trotzdem Mut macht und warum Jürgen Klopp nach wie vor der richtige Trainer an der Anfield Road ist.

Von Dominik Hechler

ran: Markus Babbel, Sie haben von 2000 bis 2004 selbst für den FC Liverpool gespielt und tragen die "Reds" nach wie vor im Herzen. Mit welchen Gedanken haben Sie das 2:5 der Elf von Coach Jürgen Klopp im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Real Madrid verfolgt?

Markus Babbel: Ich habe vor allem in der ersten Halbzeit von beiden Mannschaften ein unfassbar gutes Fußballspiel gesehen. Es ging hin und her, man hatte kaum Zeit zum Atmen. Absolut fantastisch.

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Sowohl von Liverpool als auch von Real. Nichtsdestotrotz habe ich mir trotz der 2:0-Führung der "Reds" gedacht, dass Liverpool weiterhin extrem hart arbeiten muss, um dieses überragende Madrid zu besiegen. Mir war somit klar, dass das noch lange nicht durch war. Denn ich hatte bei Real immer das Gefühl, dass sie ruhig geblieben sind und auf ihre Chancen gelauert haben – die ja auch kamen.

Und dafür mussten sie nicht einmal einen besonders hohen Aufwand betreiben. Es lief dann allerdings auch sehr viel gegen Liverpool, die ich in diesem Spiel wahrlich nicht schlecht gesehen habe. Im Gegenteil. Mir haben sie sogar sehr gut gefallen – trotz des Ergebnisses. Wenn du als Mannschaft aber auch nur minimale Fehler begehst, ist Real Madrid eiskalt und nutzt diese aus. Wenn ich allein das erste Tor von Vinicius Junior sehe, das war absolute Weltklasse. Und es hat gezeigt, warum dieser Spieler bei einem möglichen Verkauf 100 oder 200 Millionen Euro Ablöse in die Kasse spülen würde.

Trotz allem bleibe ich dabei, dass Liverpool kein schlechtes Spiel abgeliefert hat. Vor allem wenn man bedenkt, wie die vergangenen Wochen sportlich so verlaufen sind und dass sie deswegen aktuell sicherlich nicht vor Selbstvertrauen strotzen.

ran: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des FC Liverpool in den vergangenen Wochen?

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Babbel: Eher positiv. Ich habe die letzten beiden Ligaspiele in der Premier League gegen den FC Everton und gegen Newcastle United gesehen und da haben sie mir vor allem im Stadtduell gegen Everton schon sehr gut gefallen. In dieser Partie standen sie enorm unter Druck, sind aber extrem dominant aufgetreten und haben diese Aufgabe bravourös gemeistert.

Am letzten Wochenende haben sie gegen Newcastle sicherlich etwas glücklich gewonnen, aber dieses Spiel hat mir das Gefühl gegeben, dass eben auch dieses Spielglück wieder ein Stück weit an die Anfield Road zurückkehrt. Denn es lief in dieser Saison bislang schon sehr, sehr viel gegen sie. Viele Verletzte, keinen Rhythmus gefunden.

Aber vielleicht ist all das ja auch gut. Denn es zeigt allen Verantwortlichen in Liverpool schwarz auf weiß, dass sie wieder etwas tun müssen. Vielleicht haben sie einfach zu lange an einzelnen, verdienten Spielern festgehalten und brauchen "frisches Blut" im Kader. Und damit meine ich eben nicht nur Talente aus der eigenen Jugend.

Das sind alles sicherlich gute Jungs, aber die helfen dir sportlich eben nicht sofort weiter. Somit wäre es vielleicht sinnvoll, mal wieder den einen oder anderen gestandenen Spieler dazu zu holen.

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ran: Wie sehen Sie die Rolle von Jürgen Klopp an der Merseyside?

Babbel: Er ist für mich nach wie vor ein herausragend guter Trainer und ich höre ihm in seinen Interviews immer noch wahnsinnig gerne zu. Natürlich waren da zuletzt auch mal Aussagen dabei, bei denen man ihm deutlich angemerkt hat, dass er brutal frustriert und gereizt ist.

Das hätte er sicherlich souveräner lösen können. Auf der anderen Seite zeigt das: der Hund brennt. Und zwar richtig. Deswegen ist er auch so unglücklich, dass es in Liverpool nicht so läuft, wie er und vor allem die Fans es sicherlich gerne hätten.

Klopp will die Menschen dort glücklich machen – und das kann er aktuell einfach nicht. Das hat verschiedene Gründe. Wenn mir jetzt also einer erzählen will, dass die Zeit von Klopp in Liverpool vorbei ist oder er sogar ein schlechter Trainer geworden ist, dem würde ich sagen: Bleib' mal locker! Das ist ein Top-Trainer, der hoffentlich die Zeit bekommen wird, Liverpool aus der Krise zu führen.

Denn nochmal: die anderen Premier-League-Vereine investieren wie verrückt in neue Spieler, geben Geld aus ohne Ende, nur Liverpool ist diesbezüglich für englische Verhältnisse eher zurückhaltend unterwegs. Doch sie werden was tun müssen, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen. Und deswegen ist die aktuelle Situation in Liverpool vielleicht gar nicht so schlecht – denn sie zeigt, dass die Verantwortlichen handeln müssen.

ran: Wo sehen Sie denn die Gründe für die durchwachsene Saison der "Reds"?

Babbel: Sie konnten eine ganze Zeit lang im Mittelfeld einfach nicht dagegenhalten. Das war für mich das Hauptproblem. Deswegen hat die Abwehr auch oftmals schlecht ausgesehen und vorne haben sie einfach keine gefährlichen Torchancen kreiert.

Fabinho war beispielsweise wochenlang jenseits der Donnerkuppel. Und das als extrem wichtiger und zentraler Spieler dieser Mannschaft. Gleiches gilt für Jordan Henderson, der ebenfalls extrem mit seiner Performance zu kämpfen hatte.

Thiago, der aktuell natürlich auch verletzt ist, spielte davor aber auch überhaupt keine Rolle, agierte auf dem Platz zum Teil ganz furchtbar. Er wurde zwar immer für seine tollen Flankenwechsel im Mittelfeld gefeiert, war aber an keinem Tor beteiligt und arbeitete dir auch nach hinten nichts weg.

Das sind dann einfach zu viele, gestandene Mittelfeldspieler, die es in dieser Saison nicht geschafft haben, wieder an ihr maximales Leistungsvermögen heranzukommen. Jetzt wird das aber so langsam aber sicher wieder besser – vor allem bei Fabinho und Henderson. Und schon ist auch das gesamte Spiel des FC Liverpool wieder auf einem ganz anderen Niveau …

ran: … aber ist es nicht auch die Aufgabe des Trainers, die Spieler wieder an ihre Leistungsgrenzen zu bringen?

Babbel: Klopp wird viel mit diesen Jungs arbeiten. Extrem viel sogar. Davon bin ich total überzeugt. Allerdings: das sind auch nur Menschen. Sie haben schon sehr viel für diesen Verein geleistet, können im Augenblick aber ihre Form nicht so abrufen.

Warum das so ist, kann ich aus der Ferne nur schwer beurteilen. Da spielen womöglich Verletzungen eine Rolle, die dich zum Zuschauen zwingen und wegen denen du dann auch nicht so in deinen Rhythmus kommst. Dann startest du als Mannschaft schlecht in die Saison, bist somit sowieso schon nicht voll mit Selbstvertrauen und dann kommst du auf einmal in so eine Negativspirale.

Da dann wieder rauszukommen, ist extrem schwierig. Dennoch macht mir vor allem dieses 2:5 gegen Real Madrid Mut, weil Henderson und Fabinho wieder deutlich besser drauf sind, der junge Stefan Bajcetic unbekümmert drauf los spielt und sie so wieder deutlich mehr Torchancen kreieren. Zudem haben sie gegen Everton und Newcastle in der Liga jeweils zu Null gespielt und gegen Madrid sind sie letztlich von einer wahnsinnigen Qualität überrollt worden. Wenn du den Madrilenen auf dem Rasen auch nur einen Zentimeter platzt gibst, hauen die dir die Bälle ins Netz.

ran: Also wird Klopp das "verflixte 7. Jahr" in Liverpool nicht zum Verhängnis?

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Babbel: Nein. Also wenn die Verantwortlichen in Liverpool nicht ganz dämlich sind – und das sind sie meiner Meinung nach nicht – dann wird Jürgen Klopp an der Anfield Road Trainer bleiben. Und das ist auch gut so. Man muss auch mal gemeinsam durch so eine schwierige Zeit durchgehen. Klopp hat ihnen alle Titel gebracht, die er ihnen auch versprochen hatte. Ich erinnere mich daran, dass er mal auf einer Pressekonferenz über seine Zeit in Mainz und Dortmund gesprochen hat. In Mainz war es nach sieben Jahren Zeit, den nächsten Schritt zu machen und beim BVB war er nach sieben Jahren müde, kaputt und ausgelaugt. In Liverpool ist all das nicht der Fall. Klopp ist voll da. Deswegen glaube ich nicht, dass da was passieren wird.

ran: Sie sehen bei Klopp also auch noch das nötige "Feuer"?

Babbel: Auf jeden Fall. Der brennt nach wie vor lichterloh für diese Aufgabe, ist top motiviert. Klopp kann immer noch wahnsinnig schlecht verlieren, der kotzt bei jeder Niederlage. Diese Einstellung macht einen guten Trainer aus. Da kann ich keinen Unterschied zu früher feststellen.

ran: Inwiefern glauben Sie an einen großen Kader-Umbruch beim FC Liverpool im Sommer?

Babbel: Du musst schon mal wieder etwas verändern. Allerdings musst du natürlich auch erstmal bessere Spieler finden als die, die schon da sind. Das ist sicherlich auch keine leichte Aufgabe.

Hinzu kommt, dass man ja gerne dazu tendiert, an gestandenen Spielern, die all das in Liverpool in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, festzuhalten. Diese Loyalität und Treue spricht ja auch für einen Jürgen Klopp, für seinen einwandfreien Charakter.

Dennoch glaube ich, dass man nach dieser Saison zu dem Fazit kommen wird, dass es eben "frisches Blut" im Liverpooler Kader benötigt – und da denke ich wirklich an gestandene Spieler. Denn letztlich macht es ja die Mischung aus jungen, talentierten, aber eben auch erfahrenen und gestandenen Spielern. Und da haben sie in Liverpool meiner Meinung nach Nachholbedarf und werden somit genau dort die Hebel im Sommer ansetzen.