Achtelfinale am Dienstag
EM 2021 - Kritik von allen Seiten: Gareth Southgate im Joachim-Löw-Dilemma
- Aktualisiert: 29.06.2021
- 12:47 Uhr
- ran.de / Carolin Blüchel
Vor dem Achtelfinale gegen Deutschland am Dienstag (ab 18 Uhr im Liveticker auf ran.de) steht England-Coach Gareth Southgate wegen seiner Personalentscheidungen unter Beschuss. Bislang blieb er stur.
München - Es gibt überraschend viele Parallelen zwischen der englischen und der deutschen Nationalmannschaft vor dem Duell im Achtelfinale am Dienstag (ab 18 Uhr im Liveticker auf ran.de).
Beide Teams überzeugten in der Vorrunde nicht, wenn auch England nicht so zittern musste. Und beide Trainer stehen unter Dauer-Beschuss. Medial sowie bei den Fans.
Während sich Bundestrainer Joachim Löw permanent Kritik für seine Dreierkette anhören darf und zahlreiche Experten Joshua Kimmich ins Mittelfeld beordern wollen, schüttelt halb England den Kopf über Gareth Southgate. Der Nationalcoach der "Three Lions" degradierte die BVB-Stars Jadon Sancho und Jude Bellingham in der Gruppenphase zu Bankdrückern. Sancho schaffte es zum Auftakt gegen Kroatien noch nicht einmal in den Kader.
Auch Jack Grealish ist beim Trainer bis dato nur zweite Wahl. Aston Villas Spielmacher, der wohl für rund 116 Millionen Euro zu Manchester City wechseln wird, stand im abschließenden Vorrundenspiel gegen Tschechien nur in der Startelf, weil sich Mason Mount wegen Corona-Kontakt in Quarantäne begab und Phil Foden aufgrund einer drohenden Gelbsperre geschont wurde.
Kritik an Southgate
Im Achtelfinale winkt Grealish allerdings wieder die Bank.
Sehr zum Ärger von TV-Experte Jamie Redknapp. "Ich sehe eigentlich keinen Weg, der an Grealish vorbei geht", schrieb der frühere Liverpool-Star in seiner "Sky-Kolumne". "Glaube ich, dass er in der Startelf stehen wird? Nein. Ich wäre dennoch enttäuscht. Aber es ist nicht meine Aufgabe, die Mannschaft aufzustellen. Trotzdem gibt es bestimmte Spieler, die einfach spielen müssen."
Auch das System wird in Frage gestellt. So fordern Trainerkollege Jose Mourinho und TV-Experte Gary Neville die Rückkehr zur Dreierkette. Vergeblich, versteht sich. Southgate im Löw-Dilemma. Auch der Bundestrainer muss sich regelmäßig für seine System- und Personalwahl rechtfertigen.
Überangebot in der Offensive
Ebenfalls ähnlich wie Löw hat Southgate in der Offensive einfach zu viele Optionen. Harry Kane blieb zwar bislang noch ohne Treffer, zeigte gegen Tschechien aber eine deutliche Leistungssteigerung und gehört sowieso zum Stammpersonal. Raheem Sterling auf der linken Außenbahn erzielte die beiden einzigen englischen Tore, an ihm führt scheinbar kein Weg vorbei. Und auf der rechten Seite gibt der Trainer gerne Foden den Vorzug vor Bukayo Saka und Sancho, wobei der Arsenal-Youngster gegen Tschechien als "Man of the Match" glänzte und sich für weitere Einsätze empfahl.
Bleiben noch Mount, Grealish sowie die Stürmer Marcus Rashford und Dominic Calvert-Lewin. Zuviel Offensiv-Gewalt für einen Trainer, der zum Unmut der Fans eher auf Stabilität in der Defensive setzt.
Zu Southgates Verteidigung: Dieser Plan hat sich bislang ausgezahlt. Zwar schoss England pro Spiel nie häufiger als zehnmal aufs gegnerische Tor, im Gegenzug hielt Keeper Jordan Pickford seinen Kasten jedoch sauber. Dabei gilt die Nummer eins der "Three Lions" nicht unbedingt als Sicherheitsfaktor.
Erst viermal musste Pickford überhaupt eingreifen. Manuel Neuer dürfte neidisch sein. Denn hier liegt vielleicht der größte Unterschied im Vergleich zur deutschen Mannschaft: Das DFB-Team kassierte bereits fünf Gegentreffer, geriet in jedem Gruppenspiel in Rückstand.
Externer Inhalt
Sancho und Bellingham gegen Deutschland?
Zurück nach England. Gerade vor dem Achtelfinale gegen Deutschland werden Rufe nach den Bundesliga-Legionären Sancho und Bellingham wieder laut. Immerhin kennt das BVB-Duo die DFB-Stars in- und auswendig. Es wäre trotzdem keine Überraschung, wenn Southgate in Löw-Manier an seinen eigenen Vorstellungen festhalten und beide erneut ausbooten würde.
Für Sancho gab es bislang magere sechs Minuten Spielzeit, Bellingham kommt in Summe auch nur auf eine halbe Stunde. "Wenn England Sancho gegen Deutschland nicht aufstellt, sollten wir ihm einen deutschen Pass geben", frotzelte Lothar Matthäus in der englischen Presse. Schließlich sei der 21-Jährige einer der besten Bundesliga-Spieler der Saison gewesen.
Southgate zeigte sich von all dem unbeeindruckt. Die Bundesliga sei nicht stark genug, behauptete der 50-Jährige und rechtfertigte so seine Entscheidung. Ob er dabei bleibt, wird sich am Dienstag zeigen. Fest steht schon jetzt: Egal, wen Southgate aufbietet, im Falle einer Niederlage fliegt es ihm um die Ohren.
Schon wieder so eine Parallele zur deutschen Mannschaft.
Carolin Blüchel
Du willst die wichtigsten Fussball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.