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Eiskalte Norweger verzücken Europa

Conference League: FK Bodø/Glimt: Mourinhos neuer Angstgegner - Märchengeschichte aus dem hohen Norden

  • Aktualisiert: 08.04.2022
  • 17:49 Uhr
  • ran.de / Luca Ostermeier
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© imago

In Norwegen glüht ein neuer Polarstern am Fußballhimmel über Europa. Dabei war der FK Bodø/Glimt vor fünf Jahren noch zweitklassig - jetzt steht der Verein vor dem größten Spiel der Vereinshistorie.

München - 1:6 ging der AS Rom mit Trainer José Mourinho in der Gruppenphase beim norwegischen Überraschungsteam FK Bodø/Glimt unter. Es war die höchste Auswärtsniederlage jemals für den portugiesischen Star-Trainer. Im Viertelfinale der Europa Conference League hatten er und sein Team die Chance auf Revanche - und setzten sie erneut in den Kunstrasen.

Der Römer Lorenzo Pellegrini sagte nach der 1:2-Niederlage: "Es ist eine Schande, auf Feldern zu spielen, auf denen der Ball springt, wie er will." Der Frust der Italiener über die Platzverhältnisse war angesichts der Knieverletzung von Gianluca Mancini verständlich. "Das ist ein Problem, das durch das Spielen auf einem Kunstrasen verursacht wird", mäkelte Mourinho nach dem Abpfiff.

Dass die Roma diesmal aber besser mit dem Untergrund zurechtkam als noch im Gruppenspiel, bewies sie in der ersten Hälfte. Nach der Führung durch Pellegrini machten die Gäste aber zu wenig und wurden im zweiten Durchgang bestraft. Im Rückspiel am kommenden Donnerstag hat Bodø/Glimt beste Chancen auf das Erreichen des Halbfinals.

Aber wie hat es der Klub aus der Provinz Nordland überhaupt bis hierhin geschafft?

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FK Bodø/Glimt: Auf den Spuren des Erfolgs

Vor sechs Jahren war diese Möglichkeit für den kleinen Verein aus Norwegen noch meilenweit entfernt. Nach drei Jahren Erstklassigkeit stand der Abstieg.

Doch mit diesem und Trainer Aasmund Bjørkan folgte die Trendwende. Der direkte Wiederaufstieg gelang als souveräner Zweitligameister. Der ehemalige Profi gab die Fackel jedoch anschließend an seinen Co-Trainer Kjetil Knutsen ab, der die Mannschaft als neue Größe in Norwegen etablierte. Bjørkan selbst wurde Sportvorstand.

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Dem Verein fehlte es gegenüber den großen Teams in Norwegen natürlich an finanziellen Mitteln. Mit einigen Glücksgriffen im Talent-Scouting und vor allem erfolgreicher Nachwuchsarbeit sollten die Norweger jedoch bald die erfolgreichste Zeit der Klubgeschichte einläuten. Fast ein Drittel der Spieler sind in Bodø geboren und haben die hauseigene Akademie durchlaufen.

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FK Bodø/Glimt: Eine neue Talentschmiede

Philip Zinckernagel beispielsweise kam vom dänischen Verein SønderjyskE Fodbold und verhalf seinem neuen Arbeitgeber mit 35 Toren und 38 Vorlagen zu zwei Meistertiteln. Anschließend wechselte er zum FC Watford nach England.

Fredrik Bjørkan, Sohn des Sportdirektors, ist mittlerweile in Deutschland angekommen und spielt seit Winter bei Hertha BSC. Ein weiteres Eigengewächs ist Patrick Berg, der für 4,5 Millionen Euro zum RC Lens wechselte. Mittelfeldjuwel Ulrik Saltnes spielt noch heute für den Verein.

Der heißeste Export vom Polarkreis ist aber Jens Petter Hauge. Nach seinem Auftritt gegen den AC Mailand in der Europa-League-Qualifikation 2020 verpflichteten die "Rossoneri" ihn eine Woche später für fünf Millionen Euro Ablöse.

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FK Bodø/Glimt: Die Ein-Mann-Scoutingabteilung

Der restliche Kader, der nicht aus der eigenen Jugend stammt, setzt sich aus Spielern zusammen, die niemand auf der Rechnung hat, oder niemand mehr haben will. Besonders stolz ist Sportdirektor Bjørkan auf Marius Lode, den er damals aus der dritten Liga holte. Mittlerweile steht der 29-Jährige bei Schalke 04 unter Vertrag und darf sich norwegischer Nationalspieler nennen. 

Auch Sascha Mockenhaupt, heute in Diensten des SV Wehen Wiesbaden, kam durch Zufall zu Bodø/Glimt, weil sein Berater vor Ort und der Verein auf der dringenden Suche nach einem Innenverteidiger war. In einem Interview mit "Sportbuzzer" erklärte der ehemalige Kaiserslauterer, was so besonders an dem Klub und den Menschen vor Ort ist.

"Die Atmosphäre im Stadion hat einen besonderen Einfluss. In Norwegen ist es nicht so, dass man sich einen Verein aussucht, von dem man dann Fan ist. Das ist alles sehr regional behaftet, da Bodø sehr abgelegen liegt. Alle in der Region feuern deshalb den einen lokalen Klub an und dann sind immer dieselben Leute im Stadion", betont Mockenhaupt.

Und weiter: "Durch diese Fanbase, einen Fan-nahen Präsidenten, der am Spieltag auch mal mit Megafon durch die Stadt fährt, und viele ehrenamtliche Helfer entsteht eine familiäre Stimmung innerhalb des Vereins - und das überträgt sich auch aufs Feld."

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FK Bodø/Glimt: Mit einer Spielphilosophie aus den 90ern

Ungeachtet des Kaders wird in Bodø seit 1992 mit einem 4-3-3 gespielt. Der damalige Trainer Trond Sollied brachte das System von Rekordmeister Rosenborg Trondheim mit zu seinem ersten Trainerposten. "Seitdem habe sich kaum etwas geändert", verriet Björkan dem "kicker": "Wir haben den Ansatz lediglich weiterentwickelt und sind ein bisschen besser geworden (...) Früher waren wir eine Kontermannschaft, das haben wir jetzt noch mit Ballbesitz und Dominanz kombiniert."

Und genau dieses Erfolgsrezept führte 2020 zu einer dominanten Meisterschaft. In dem Jahr sicherten sich die Nordnorweger bereits fünf Spieltage vor Schluss den Titel und schlossen die Saison mit einem Torverhältnis von 103:32 ab. Für ein Engagement in Europa reichte es allerdings noch nicht, in der dritten Qualifikationsrunde für die Europa League schieden sie gegen den AC Mailand aus.

Ein Jahr später wiederholte Bodø/Glimt den Meisterschafts-Coup und qualifizierte sich anschließend für die Gruppenphase der Europa Conference League.

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FK Bodø/Glimt: Noch vier Spiele bis zum Happy End

Im eigenen Land ist die Mannschaft vom Polarkreis mittlerweile bei der Konkurrenz auf dem Zettel. Spätestens jetzt sollte der Verein auch im Rest Europas bekannt sein. In der gesamten Europa-Conference-League-Saison sind die Norweger noch ungeschlagen und schalteten bisher Celtic Glasgow und den AZ Alkmaar in der K.o.-Phase aus. 

Mit dem 2:1 im Hinspiel gegen die Roma steht das Tor zum Halbfinale bereits einen Spalt offen. Am kommenden Donnerstag kann Bodø/Glimt das nächste Kapitel vollenden - in der Vorschlussrunde könnte es sogar zum Duell der "Märchenteams" mit Englands 2016er Sensationsmeister Leicester City kommen.

Und vielleicht erzählt man sich in der Zukunft die Geschichte der Norweger mit den Worten: "Es war einmal, in der Europa Conference League..."

Luca Ostermeier

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