Fußball-WM
WM 2022: Kadernominierung von Hansi Flick ist mutig - eine Kolumne von ran-WM-Experte Torsten Frings
- Aktualisiert: 11.11.2022
- 14:42 Uhr
- ran.de / Torsten Frings
Die Würfel sind gefallen. Bundestrainer Hansi Flick hat seinen 26-Mann-Kader für die Weltmeisterschaft in Katar benannt – inklusive der einen oder anderen Überraschung. ran-WM-Experte Torsten Frings findet die Nominierung mutig. Und ihm fehlt ein wenig Erfahrung. Eine Kolumne.
Von Torsten Frings
München/Frankfurt – Jetzt ist es also raus, der 26-Mann-Kader der deutschen Fußball-Nationalmannschaft steht fest. Meine ersten Gedanken, als ich die Namen gesehen habe: eine mutige Nominierung mit vielen mutigen Entscheidungen. Denn meiner Meinung nach fehlt dem Kader ein wenig Erfahrung. Und was ich zudem persönlich extrem schade finde, ist, dass es Marco Reus nicht rechtzeitig geschafft hat, fit zu werden. Es ist einfach Wahnsinn, was für ein Pech der Junge hat und ich muss wirklich sagen, dass er mir leid tut – zumal er unserer Mannschaft mit seinen Qualitäten gut getan hätte.
Die größte Überraschung unter den 26 Namen ist für mich definitiv Armel Bella-Kotchap. Er ist noch ein junger Spieler, erst 20 Jahre alt, und in Deutschland ein noch recht unbeschriebenes Blatt – auch wenn er bereits mit dem VfL Bochum in der Bundesliga gespielt hat. Aber dort spielte er eben bei einem Verein, bei dem er – mit Verlaub – schon ein wenig unter dem Radar agierte.
Doch jetzt überzeugt er mit starken Leistungen in der Premier League und ist beim FC Southampton Stammspieler. Das sind natürlich alles gute Argumente für eine Nominierung.
Lieber Hummels statt Bella-Kotchap
Und ich kann auch Hansi Flicks Erklärung, lieber auf junge Spieler zu setzen, durchaus und generell nachvollziehen – deswegen hat Bella-Kotchap ja auch den Vorzug vor Mats Hummels erhalten. Aber man braucht bei einer WM auch Erfahrung. Natürlich sind Niklas Süle, Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck gestandene Spieler in unserer Defensive, und da kann man dann durchaus einen jungen Spieler wie Bella-Kotchap mit dazu nehmen, aber ich hätte es anders gemacht und lieber Hummels mit nach Katar genommen.
Nicht nur wegen seinen seit Wochen und Monaten starken Leistungen, sondern eben auch aufgrund seiner langjährigen Erfahrung. Nicht nur auf höchstem Niveau in der Bundesliga oder Champions League, sondern auch mit der deutschen Nationalmannschaft bei großen Turnieren. Hummels weiß einfach, was bei einer WM oder EM gefordert ist. Ich hätte ihn somit definitiv mitgenommen.
Dass Niklas Füllkrug vom SV Werder Bremen dabei ist, ist für mich keine große Überraschung mehr. Er hat sich diese Nominierung redlich verdient, weil er seine Torjägerqualitäten nicht nur in diesem Jahr, sondern auch schon davor immer wieder nachgewiesen hat. Und durch den verletzungsbedingten Ausfall von Timo Werner kam Flick nun schon gar nicht mehr an ihm vorbei.
Da erstaunt mich dann schon eher die Nominierung von Youssoufa Moukoko. Das ist für mich ebenfalls eine Riesenüberraschung. Denn Moukoko hat in seiner noch sehr jungen Karriere erst ein paar wenige Bundesliga- und Champions League-Spiele von Anfang an gemacht. Erfahrung ist da überhaupt nicht vorhanden. Eine sehr mutige Entscheidung.
Auf der anderen Seite kann Moukoko diese WM-Teilnahme in seiner persönlichen und sportlichen Entwicklung extrem weiterhelfen und der 17-Jährige kann der deutschen Mannschaft mit seiner Unbekümmertheit womöglich das gewisse Etwas verleihen.
Immerhin hat er zuletzt viele Tore gemacht und sich in seinem noch sehr jungen Alter einen Stammplatz bei Borussia Dortmund erspielt. Das verdient Respekt und rechtfertigt dann auch wieder ein Stück weit sein Ticket für Katar.
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Freude über Nominierung von Götze
Dass Mario Götze wieder mit dabei ist, freut mich persönlich sehr. Ihm hat diese Zwischenstation in den Niederlanden extrem gut getan, dort konnte er fast unbeobachtet von der Öffentlichkeit wieder zu alter Stärke finden. Und mit dem Wechsel zu Eintracht Frankfurt im Sommer hat er alles richtig gemacht. Er kam dort in eine funktionierende Mannschaft, ein gewachsenes System, ein tolles Umfeld und bringt sich dort überragend ein.
Eine total verdiente Nominierung. Zumal wir in Deutschland sonst kaum einen Spieler haben, der so eine Qualität auf der Spielmacherposition hat wie Götze. Dieses Auge für den Nebenmann und die eigene Torgefährlichkeit sind schon sehr speziell und zeichnen Götze auch aus.
Für mich ist das also insgesamt – und obwohl es ein wenig an Erfahrung fehlt – ein guter Kader, mit dem wir in Katar eine gute Rolle spielen können. Allerdings dürfen jetzt nicht mehr viele Verletzungen passieren, so dass womöglich noch weitere Leistungsträger ausfallen. Das würde uns schon sehr hart treffen. Und dann wird es eben interessant sein, wie gut es die erfahrenen Spieler schaffen, die jungen zu führen. Denn bei einer WM wird jeder noch so kleine Fehler bestraft. Wir dürfen alle sehr gespannt sein.
Neuer - Kehrer, Süle, Rüdiger, Raum - Goretzka, Kimmich - Musiala - Sane, Gnabry - Müller