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Formel 1

Autofahrer-Nation Deutschland in der Sackgasse: 13 Millionen Euro für eine Karriere

  • Aktualisiert: 27.02.2023
  • 17:42 Uhr
  • ran / Andreas Reiners
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© IMAGO/Eibner
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Sebastian Vettel und Mick Schumacher fahren in der Formel 1, aus deutscher Sicht sieht es dahinter aber mau aus. David Schumacher nimmt 2022 den Umweg DTM (live auf ProSieben und ran.de) - und weiß, wie kompliziert der Weg in die Königsklasse ist.

Von Andreas Reiners

München - Es ist kompliziert. Frustrierend. Ernüchternd. Und unfair ist es. Nein, Motorsport ist schon länger kein fairer Sport mehr.

David Schumacher weiß das. Er macht aus seinem Frust auch gar keinen Hehl. Er musste 2022 eine Art Karriere-Vollbremsung einlegen, nimmt mit der DTM einen Umweg, nachdem die Formel 2 nicht zu finanzieren war.

Denn ein konkurrenzfähiges Cockpit kostet im Unterbau der Motorsport-Königsklasse rund 2,5 Millionen Euro. "Der Formelsport ist finanziell nicht mehr zu stemmen, man findet kaum Sponsoren. In meinen Augen ist es praktisch unmöglich geworden", sagte Schumacher ran. Zum Vergleich: Der Einsatz eines DTM-Autos kostet eine Million Euro, was deutlich leichter darstellbar ist.

2,5 Millionen – das ist jede Menge Holz, in einer Rennfahrer-Karriere auf dem Weg in die Formel 1 – so pervers sich das anhört – nur ein Teil der Aufwendungen. 

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Zwölf, 13 Millionen Euro für eine Karriere

"Mit Kart, Formel 4, zwei Jahren Formel 3 und Formel 2 brauchst du um die zwölf, 13 Millionen Euro", sagte Schumacher. "Alleine eine Kartsaison kommt bei einem guten Team auf 350.000 Euro." Kart – da startet eine Rennfahrer-Karriere gerade erst. Und schon da sind die Summen für Normalsterbliche nicht zu bezahlen.

Womit wir bei einem essenziellen Grund dafür sind, warum die Autofahrer-Nation Deutschland ein Nachwuchs-Problem hat und auf eine Sackgasse zusteuert. Sebastian Vettel steht mit 34 Jahren vor der Entscheidung, ob er seine inzwischen sehr blasse sportliche Karriere noch auf Sparflamme weiterführt.  

Und Mick Schumacher steht mit seinen 23 Jahren noch ganz am Anfang, dafür aber in seinem zweiten Jahr schon am Scheideweg.

Mick Schumacher und die Zukunft: Mögliche Optionen

Mick am Scheideweg: Die Optionen für die Zukunft

Mick Schumacher steht in seinem zweiten Formel-1-Jahr gehörig unter Druck, es wird viel über das Können, die Optionen und die Zukunft des 23-Jährigen diskutiert. ran mit einer Bestandsaufnahme.

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Sogar die jüngeren Formel-1-Fans dürften sich erinnern: 2010 noch fuhren noch sieben (!) deutsche Fahrer in der Königsklasse, 2022 sind es – böse gesagt - anderthalb. 

Die Krux: Dahinter? Kommt erst einmal nichts.  

Weder in der Formel 2, noch in der Formel 3 ist ein deutscher Fahrer vertreten. Bei den beiden Talenten Lirim Zendeli und David Beckmann scheiterte es zuletzt in der Formel 2 auch am Geld, sie mussten mitten in der Saison aussteigen und sich umorientieren. Zendeli fuhr zuletzt ein Rennwochenende als Ersatzmann in der Formel 3, zukunftsträchtig wirkt das allerdings nicht.

Der Formel-1-Traum? Ist wohl ausgeträumt.

Ähnlich lief es auch für Maximilian Günther, der auf dem Weg in die Formel 1 ebenfalls einen Umweg nehmen musste, weil es nur für ein schwaches Formel-2-Team reichte – in den Nachwuchsklassen ist das verbranntes Geld. 

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Formel E als Glücksgriff

Er entschied sich damals für die Formel E – ein Glücksgriff, er absolviert aktuell seine vierte Saison in der Elektro-Rennserie. 

"Es ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, die hohen Summen zu finanzieren. Bei mir war es Jahr für Jahr ein Überlebenskampf, um das Budget zusammenzukratzen. Eine goldene Formel gibt es leider nicht", sagte Günther ran. Er habe gelernt, dass alles an der Performance hänge, erklärte der Deutsche: "Das war die wichtigste Grundlage, die ich hatte, Jahr für Jahr. Wäre die ausgeblieben, wäre es sofort vorbei gewesen. Deshalb habe ich gelernt, den Fokus auf mich zulegen, denn das ist das Einzige, das ich wirklich beeinflussen kann. Sich ständig zu verbessern – nur so hat man eine Chance."

Oft reicht aber auch das nicht, davon können auch die aktuellen Formel-1-Stars berichten. Glück, Kontakte und Timing sind Komponenten, die zum Beispiel zu einer Förderung durch ein Team oder einen Hersteller führen können. Über allem steht: das Geld. "In meiner Zeit als Kartfahrer in Finnland gab es so viele vielversprechende Fahrer, die aber keine finanzielle Unterstützung hatten", sagte Alfa-Romeo-Pilot Valtteri Bottas: "Es ist schade und sicher kein fairer Sport. Du musst zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein", so der Finne.

Oder aber Millionärskind. Paydriver.

Paydriver blockieren die Plätze

Wie zum Beispiel Guanyu Zhou bei Alfa Romeo, "er bringt mit einem chinesischen Sponsoren zig Millionen mit und bekommt einen Platz", so Schumacher. Dafür muss ein Top-Talent wie Oscar Piastri als Alpine-Ersatzfahrer in Reihe zwei auf seine Chance warten. Er hatte in den letzten beiden Jahren die Formel 3 und Formel 2 gewonnen. Geld schlägt Talent, und das nicht zum ersten Mal. Und sicher nicht zum letzten Mal.

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Shitstorm gegen TV-Expertin: Hamilton springt Schiff zur Seite

Naomi Schiff ist Rennfahrerin und seit dieser Saison Formel 1-Expertin für die britischen Sky-Kollegen. Jetzt befindet sich die junge Rennfahrerin mitten in einem Shitstorm. Ihre Expertise kam bei den Zuschauern nicht nur gut an.

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Lance Stroll und Nicholas Latifi werden den Paydriver-Ruf ebenfalls nicht los, da sie offenbar auch mehr Geld als Talent haben. Und die Plätze blockieren, so die Kritiker.

Eine Hoffnung: Es kann über Umwege funktionieren, wie zum Beispiel Alex Albon bewies, der 2021 ein Jahr in der DTM fuhr, ehe er in die Formel 1 zurückkehrte. Aber als Red-Bull-Mann hatte er natürlich die Kontakte, der Rennstall brachte ihn bei Williams unter.

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DTM als Chance, auf dem Radar zu bleiben

"Natürlich ist es einfacher, wenn man Formel-2-Champion ist", sagte DTM-Chef Gerhard Berger ran, "aber die DTM ist die nächstbeste Chance, auf dem Radar zu bleiben". Wenn sich zum Beispiel Schumacher behaupte, so Berger, "ist die Richtung Formel 1 nicht ausgeschlossen". Dieser hat bereits für ein paar kleinere Highlights gesorgt, auf seinen ersten Punkt wartet er aber noch. An diesem Wochenende in Imola (live auf ProSieben und ran.de) hat er die nächsten Chancen.

Allerdings findet Berger, dass es sich manche Talente grundsätzlich hin und wieder zu einfach machen, "dass Geld der Grund ist, warum man nicht weiterkommt". Jos Verstappen habe seinen Sohn Max "mit viel Leidenschaft und Fachwissen" dorthin gebracht, wo er heute sei. Und, so Berger, "auch Sebastian Vettel hat sein Kart mit seinem Vater am Küchentisch zusammengebaut und ist vier Mal Weltmeister geworden".

Ganz so romantisch war es dann auch nicht, wie Vettel im vergangenen Jahr selbst verriet. Er hatte das Glück, dass er Leute fand, die ihn finanziell unterstützten.

Auch der hochdekorierte Champion kennt das Nachwuchs-Problem. An eine schnelle Lösung glaubt Vettel nicht, "aber es gibt bestimmte Dinge, die man angehen könnte, um den Sport für alle Arten von Herkunft und alle Kinder zugänglicher zu machen". Welche das sein können, ließ er offen.

Davids Vater Ralf Schumacher nahm bei Sky die Formel 1 in die Pflicht: "Die Formel 1 – Liberty Media und die FIA - ist in der Verantwortung, Juniorteams zu errichten und die aus dem Gemeinschaftstopf zu finanzieren. Das kann bei dem Erfolg der Formel 1 nicht so schwierig sein, um jungen Talenten die Möglichkeit zu geben."

Kann die Formel 1 helfen?

Auch sein Sohn denkt in die ähnliche Richtung. "Die Formel-1-Teams oder die Formel 1 selbst könnten die Teams der Formel 2 und Formel 3 unterstützen", sagt David Schumacher. "Dass man ein festes Budget bekommt, 300.000 bis 500.000 Euro, das der Fahrer selbst stützt oder mit Sponsoren von außerhalb. Die Summe kann man hinbekommen, alles darüber ist viel zu viel."

Klar ist bei ihm: Mit 20 Jahren hakt man die Formel 1 noch längst nicht ab, aber er möchte sich "erst einmal auf 2022 konzentrieren". Die mittelfristige Zukunft ist kein Thema, zumindest nicht nach außen. "Ich denke an das Hier und Jetzt. Was danach kommt, ist erst einmal egal", sagt er. 

Es ist auch so kompliziert genug.

von Andreas Reiners

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