Reifer und stärker: Die zweite Chance des Renato Sanches beim FC Bayern

Vom EM-Helden zum Flop

Mit reichlich Vorschusslorbeeren, dem Europameister-Titel 2016 und der Auszeichnung "Bester junger Spieler der EM", kam der Mittelfeldspieler vor zwei Jahren für 35 Millionen Euro von Benfica Lissabon zum deutschen Rekordmeister - und avancierte zum Flop. Nach Sanches' kurzer Saisonvorbereitung setzte Trainer Carlo Ancelotti lieber auf gestandene Spieler im Mittelfeld, etwa auf Xabi Alonso oder Thiago.

Es folgte eine Leihe zu Swansea City 2017/18, doch auch aufgrund einer langwierigen Oberschenkelverletzung konnte er sich in der Premier League nicht durchsetzen. Und das obwohl mit Paul Clement zunächst ein Coach bei den Walisern war, der Sanches aus seiner Bayern-Zeit kannte. Denn Clement war Assistent unter Ancelotti.

Sanches' letzte Chance bei Bayern

Nun ist Renato Sanches wieder beim FC Bayern. Es ist seine letzte Chance in München. Aber Trainer Niko Kovac glaubt an den 20-Jährigen.

Der neue Coach weiß um den schwierigen Start, den Sanches bei Bayern hatte. "Wenn ein Spieler aus einem fremden Land, aus einer anderen Kultur, einer anderen Umgebung kommt, kann man nicht erwarten, dass er schnell Fuß fasst. Man muss ihm Zeit geben. Die hat man ihm - glaube ich - nicht gegeben", sagt er.

Kovac glaubt, das Heilmittel für Sanches gefunden zu haben. "Er ist kein schwieriger Typ. Er ist ein ganz einfacher Junge, der aber Zuneigung und Unterstützung von allen Seiten braucht. Nicht nur von den Mitspielern oder den Trainern. Auch vom gesamten Klub."

Kovac hat sich damit schon jetzt den Ruf des Talente-Verstehers erabeitet. Aber nicht nur bei den jungen Spielern auch bei den Routiniers wie Franck Ribery kommt Kovac gut an. "Diese Art gefällt mir", lobte ihn Ribery jüngst.

Unterstützung bekommt Sanches. Bayern-Präsident Uli Hoeneß etwa kam im Flieger auf dem Weg in die USA auf Sanches zu, wie der 20-Jährige verriet. Er sagte, "dass er viel von mir erwartet in dieser Saison".

Wieder lastet Druck auf Sanches. Druck, den auch Clement bei Swansea erkannt hatte. "Als er hier ankam war er noch zerstörter, als ich dachte. Es war wirklich traurig. Er war ein Junge, der das Gewicht der Welt auf seinen Schultern trug. Im Training, wenn es keinen Druck gab, war er der beste Spieler. Dann, in den Spielen, sah ich die Entscheidungen, die er traf. Er schoss aus 40 Metern und aus spitzem Winkel und er machte diese Fehler immer wieder", sagte Clement einst der "Times".

Aber kann Sanches mit dem Druck nun besser umgehen? "Ich bin etwas reifer geworden und habe auch meinen Spaß wiedergefunden", sagt der Youngster selbst.

Bereit für den Konkurrenzkampf 

Das sieht man dem Portugiesen an. Und er macht einen durchtrainierten Eindruck. Seit Wochen schwitzt er täglich auf dem Trainingsplatz an der Säbener Straße, ist engagiert, ackert, um auf sich aufmerksam zu machen.

Er wolle sich "jeden Tag durch hartes Training anbieten", sagt Sanches. Sein Ziel: "Ich will für den Verein einen Mehrwert darstellen." 

Das ist auch nötig, denn die Konkurrenz im Mittelfeld ist mit Thiago, Arturo Vidal, Corentin Tolisso, Sebastian Rudy, Leon Goretzka und Javi Martinez riesig, sofern der Klub keinen Spieler mehr abgibt. Der Portugiese ist bereit für den Konkurrenzkampf. Seine Chance auf den Durchbruch in der kommenden Saison ist um einiges höher als vor zwei Jahren.