Playoff-Anwärter?
Das improvisierte All-In: Die merkwürdige Free Agency der Dallas Cowboys
- Aktualisiert: 31.03.2020
- 10:16 Uhr
- ran.de/Sebastian Kratzer
Die erste große Welle der Free Agency in der NFL ist vorüber und bei den Dallas Cowboys standen wichtige Entscheidungen an. Neben Star-Cornerback Byron Jones verlor man weitere Stützen in der Defense und setzte besonders auf routinierte Spieler als Ersatz.
München/Dallas - Die Free Agency der Dallas Cowboys verlief alles andere als optimal.
Zwar konnte man sich mit Wide Receiver Amari Cooper langfristig einigen und Star-Quarterback Dak Prescott mit dem Franchise Tag belegen, doch besonders in der Defense sind einige Stützen weggebrochen.
Die Cowboys unter Mike McCarthy
Die Verantwortlichen bei den Dallas Cowboys reagierten auf die fehlenden Erfolge und entließen zum Jahreswechsel Head Coach Jason Garrett nach neun Jahren. Mit Mike McCarthy kommt zwar das Gegenteil eines jungen oder unverbrauchten Coaches nach Texas, dennoch könnte sein Stil zu den Cowboys passen.
Bei den Green Bay Packers formte er aus Aaron Rodgers einen Superstar, mit Dak Prescott hat er erneut einen Diamanten, den er weiter schleifen kann. In McCarthys System geht es nicht um Schönheit, sondern um Effektivität und maximalen Erfolg.
Dazu kommt mit Offensive Coordinator Kellen Moore einer der Lichtblicke in der vergangenen Saison zurück, der mit Prescott und Co. die meisten Yards pro Spiel aller NFL-Teams zu Stande brachte.
McCarthy machte von Beginn an deutlich, dass er bestimmte Vorstellungen von Spielern hat, die in Zukunft das Trikot mit dem Stern auf der Brust tragen. "Wenn man ein neues defensives System hat, bei dem bestimmte Spielertypen nötig sind, ist es klar, dass man sich personell einschränken muss", sagte er über die drohenden Abgänge vor dieser Free Agency. "Wir setzen auf Größe und Athletik".
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Fehlendes Geld in der Defensive
Und in der Tat mussten sich die Cowboys von einigen Leistungsträgern trennen. Durch die verpasste Vertragsverlängerung von Dak Prescott sowie die teilweise zu teuren Verlängerungen mit Running Back Ezekiel Elliott oder Defensive End Demarcus Lawrence bauten sich die Cowboys ihren Cap Space gewaltig zu.
Die Folge: Viele Bausteine der tief besetzten Defense wollten ebenfalls bezahlt werden und suchten sich in dieser Offseason eine neue sportliche Heimat. Bestes Beispiel ist hierbei Star-Cornerback Byron Jones, der inzwischen bei den Miami Dolphins zum bestbezahlten Corner der NFL avancierte. Satte 82 Millionen Dollar verdient Jones am South Beach über die nächsten fünf Jahre.
Auch Defensive End Robert Quinn verließ die Texaner in dieser Offseason und unterzeichnete bei den Chicago Bears einen Fünfjahresvertrag, der ihm insgesamt 70 Millionen Dollar einbringt. In der vergangenen Saison war Quinn mit 11,5 Sacks der beste Pass Rusher in Dallas. Sowohl Jones als auch Quinn werden nur schwer zu ersetzen sein.
Neues System statt individueller Klasse
Dass Spieler wie Jones oder Quinn in der Verteidigung gehen durften, könnte zudem ein Fingerzeig für den neuen Defensivstil sein, den McCarthy mit den Cowboys gehen will. Passend dazu verpflichtete er mit Mike Nolan den ehemaligen Linebacker-Coach der New Orleans Saints als neuen Defensive Coordinator. Besonders die Defensive Line soll im Run Stop verbessert werden und es wird weniger Wert auf Coverage gelegt.
Auch die Kaderzusammenstellung schien trotz der hohen Qualität nicht optimal gewesen zu sein. Zu viele Häuptlinge, zu wenig Einsatz. Defensive End Demarcus Lawrence fasste die Situation bei den Cowboys nach dem Verpassen der Playoffs in der vergangenen Saison harsch zusammen.
"Nur Talent ohne der Vorgabe einer Richtung führt im Endeffekt zu gar nichts", motzte er nach der vorentscheidenden Niederlage gegen die Philadelphia Eagles.
Dass McCarthy Personalplanung kann, zeigt er auch mit der Vertragsverlängerung von Center Joe Looney, der den zurückgetretenen Superstar Travis Frederick ersetzen soll. Was erst als unnötige Ergänzung angesehen wurde, erweist sich im Nachhinein als vorausblickende Maßnahme. Schon in der Saison 2018 ersetzte Looney Frederick aufgrund einer schwerwiegenden Krankheit und überzeugte. Looney gilt trotz langjähriger Ersatzrolle als fähiger Center in der NFL.
Routiniers für die Verteidigung
Freilich waren die Cowboys auf dem Markt nicht untätig und konnten für die ein oder andere Überraschung sorgen. Man erfüllte die Wünsche von McCarthy und verpflichtete mit Gerald McCoy und Dontari Poe zwei Defensive Tackle der Marke Masse und Wucht.
Mit McCoy erhält "America's Team" einen erfahrenen Tackle der sowohl im Pass Rush als auch im Run Stop überzeugen konnte. Dontari Poe hingegen passt als exzellenter Run Stopper perfekt ins neue Defensiv-Scheme.
Spieler, die McCarthys Vorstellungen entsprechen.
"Ich brauche Spieler, die Erfahrung haben und alles über ein Play wissen. Dieses Mindset und diese Fähigkeiten suchen wir."
Da in Zukunft weniger Augenmerk auf Coverage gelegt werden soll, wurde mit Maurice Canady eine günstige Cornerback-Alternative zu Byron Jones gefunden. Auf der Safety-Position gelang mit der Verpflichtung von Ha Ha Clinton-Dix zudem eine Verbesserung in Sachen Tackling, nachdem Jeff Heath zu den Las Vegas Raiders abwanderte.
Auffallend ist bei den Neuverpflichtungen in der Defense das fortgeschrittene Alter der Free Agents, so sind die bekannten Verpflichtungen allesamt um die 30 Jahre oder älter. Damit tauschen die Cowboys individuell starke Eigengewächse gegen langjährige NFL-Erfahrung ein. Neutral gesehen musste man somit einiges an defensiver Qualität einbüßen, dennoch wurden die Grundlagen für ein neues stabiles Defensivgerüst gelegt.
Gezwungenes Vertrauen in die offensiven Waffen
In der kommenden Saison bezahlen die Cowboys dem offensiven Trio um Prescott, Elliott und Cooper mehr als 50 Millionen US-Dollar, in den Jahren drauf steigt die Summe wohl auf 70 Millionen US-Dollar an. Damit haben sich die Cowboys zu ihren offensiven Grundpfeilern finanziell bekannt, nun muss dies auch im Game Plan erfolgen.
Zumindest in der Free Agency wurden dafür die grundlegenden Maßnahmen vorgenommen.
Die Tight Ends in Dallas waren in den vergangenen beiden Saisons eher als zusätzliche Offensive-Linemen als Receiving Optionen zu betrachten. Mit dem Abgang von Jason Witten und der Verlängerungen von Blake Jarwin und Blake Bell, welche häufig als Blocking-Tight-Ends eingesetzt werden, zeigt McCarthy auch seinen Vertrauen ins Run Game um Superstar Ezekiel Elliott, der wohl auch in der kommenden Saison als Workhorse eingesetzt wird. Obwohl McCarthy bei den Packers eher weniger auf den Run setzte, passt er sich den vorhandenen Waffen in Dallas nun an.
Insgesamt war es für die Cowboys eine eigenartige Free Agency. Kurzfristig hat das Team an Qualität verloren, doch auf lange Sicht könnten die Cowboys vom Umbau sogar profitieren. Der nächste Schritt wird sein, den Vertrag von Dak Prescott langfristig zu verlängern, damit auch auf dieser Position das Vertrauen gesichert ist.
Falls sich McCarthy und das Team finden, sind die Cowboys auch in der kommenden Saison ein ernst zunehmender Playoff-Anwärter.
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