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NBA - Isaiah Hartenstein gibt Einblicke: "Habe in einem Jahr mehr verdient als in meiner gesamten Karriere"
- Aktualisiert: 01.08.2025
- 12:07 Uhr
- Christoph "Icke" Dommisch
Isaiah Hartenstein gewann mit den Oklahoma City Thunder jüngst den NBA-Titel. Im zweiten Teil des großen ran-Interview spricht der 27-Jährige über das Erfolgsrezept für den NBA-Titel, seinen denkwürdigen Draft und wer ihm in den USA am meisten geholfen hat.
Das Interview führte Christoph "Icke" Dommisch
Mit den Oklahoma City Thunder durfte sich Isaiah Hartenstein erst vor wenigen Wochen zum NBA-Champion krönen. Die Basketball-EM verpasst der 27-Jährige allerdings verletzungsbedingt.
Aktuell weilt Hartenstein in Deutschland, wo er Christoph "Icke" Dommisch zum großen Interview getroffen hat.
Im ersten Teil sprach er dabei bereits über seine Reise nach Deutschland, die NBA-Feierlichkeiten und die Nationalmannschaft.
Hier den ersten Teil des Interviews lesen. Hartenstein: "Ich will ich auf jeden Fall immer mehr für Deutschland tun"
In Part zwei gibt er Einblicke über seinen bisherigen Weg in der NBA, das Erfolgsrezept zum Titel, seinen denkwürdigen Draft sowie Mitspieler und Weggefährten, die ihm in den USA am meisten geholfen haben.
ran: Was war der Schlüssel dafür, dass ihr in diesem Jahr den Titel geholt habt?
Hartenstein: Ich glaube, dass wir keine Egos hatten. Uns war es egal, was passiert. Spielt einer viele Minuten, spielt einer wenige Minuten, bekommt man den Ball viel oder wenig. Für uns war es egal. Wir wollten nur gewinnen. Ich glaube, das war für uns das Wichtigste. Auch Shai (Gilgeous-Alexander, Anm. d. Red.), er ist vielleicht einer der besten Offensivspieler aller Zeiten. Und er spielt auch Defense. Der eine oder andere würden sagen, ich habe so viel Offense gemacht, ich mache jetzt hier ein bisschen Pause. Er macht das nicht. Wenn man das als Mitspieler sieht, dann weiß man auch, ich muss jetzt wieder ein bisschen mehr pushen, aber auch ein bisschen mehr aufgeben, um zu gewinnen.
NBA: Hartenstein musste seine Rolle verändern
ran: Aufgeben ist ein interessanter und wichtiger Stichpunkt für mich. Wenn man sich die Finals angeguckt hat, fand ich, dass ihr immer dann richtig gut ausgesehen habt, wenn ihr so spielen konnte wie in der Regular Season. Und das war häufig, wenn du den Ball irgendwie oben an der Birne bekommst. Woher kommt das, dass du einfach so ein guter Enabler bist?
Hartenstein: Als ich in die Liga gekommen bin, war mein Spiel ein bisschen anders. Ich habe mehr von draußen gespielt, hatte mehr diese Score-First-Mentalität. Aber ich musste meine Rolle halt ändern und herausfinden, wie ich in der Liga bleibe und eine große Rolle bekomme. Wenn man anderen Spielern das Leben leichter macht, dann mögen die es auch ein bisschen mehr. (lacht) Deshalb musste ich viel lernen, ich musste mein Spiel ein bisschen ändern. Ich glaube, mein Vater war für mich da sehr wichtig, als ich das früher nicht verstanden habe. Da war es so, dass ich teilweise ein Viertel nur passen durfte. Früher war das wie ein schwarzes Loch, da habe ich nie gepasst. Meinem Vater war es nicht ganz so wichtig, ob wir gewinnen oder verlieren. Er wollte, dass ich als Spieler besser werde.
ran: Dein Vater lebt ja quasi dasselbe Leben wie du, obwohl er gar kein NBA-Profi ist. Kannst du das mal erklären?
Hartenstein: Mein Vater hat einfach enorm viel für mich aufgegeben. In der Zeit, als ich in Denver war, war es mental für mich extrem schwer. Ich wollte einfach jemanden von zu Hause bei mir haben. Und er hat seinen Beruf als Trainer aufgegeben, um mir zu helfen. Jetzt macht er fast alles. Er hat die Deutschland-Reise geplant, er fährt mich überall hin. Wenn ich irgendwas brauche, wenn irgendwas repariert werden muss, macht er das. Jetzt im Sommer ist er wie ein Punching-Bag und muss im Eins-gegen-eins mitmachen. Er ist enorm wichtig, aber auch meine Mutter ist sehr wichtig, generell beide um mich herum zu haben. Meine Mutter hilft mir bei meiner Stiftung, bei meinem Sohn. Die beiden haben einfach so viel aufgegeben, damit ich jetzt hier bin.
NBA: ran trifft Champion Isaiah Hartenstein - Das Interview
ran: Du sagst, dein Vater war auch Punching-Bag. Aber er hat früher auch ein paar Ellbogen ausgeteilt, oder?
Hartenstein: Das erste Mal, als wir beim Training zusammen gespielt haben, wollte er halt zeigen, dass er immer noch der Papa ist. Und da gab es auch ein paar Ellbogen. Aber dann bin ich nach Hause gekommen und habe das Mama erzählt und dann wurde es weniger. (lacht) Es war einfach wichtig für mich, dass er früh gezeigt hat, dass ich mir Sachen verdienen muss. Mir wird nichts einfach gegeben. Das war für mich auf jeden Fall wichtig, dass ich, als es in der NBA vielleicht manchmal nicht so gut geklappt hat, nicht aufgegeben habe. Dass ich wusste, ich muss hart arbeiten und mich auch verbessern. Und ich nicht etwas fordern kann, weil ich in Deutschland das oder das gemacht habe.
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Draft-Day wird für Hartenstein zur Katastrophe
ran: Das ist super interessant. Diese Rolle zu finden, sich selbst vielleicht auch zurückzunehmen - was war dafür wichtiger: das Skillset oder überhaupt den Kopf dorthin zu bekommen?
Hartenstein: Der Kopf auf jeden Fall. In der NBA waren wir alle schon Stars irgendwo. Also das Schwierigste ist: Wie kann ich mich ans Team anpassen? Es gibt nur 15 Spieler im Team. Es gibt nur zwei Leute, die wahrscheinlich immer den Ball in der Hand haben. Also wenn du viele Minuten spielen willst, wenn du eine Rolle im Team haben willst, dann musst du auch herausfinden, was das Team braucht. Und du musst vielleicht das Opfer bringen und dein Spiel, das du schon das ganze Leben gespielt hast, verändern. Und das sofort. Aber ich glaube, wo ich jetzt diese Rolle gefunden habe, spielt man immer mehr und dann wird die Rolle auch breiter und es wird immer besser und besser. Aber es war auf jeden Fall schwierig, besonders am Anfang. Man denkt, wenn man in die NBA kommt, spielt man sofort 30 Minuten. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
ran: In Deutschland kennen vermutlich nicht viele deine Draft-Story, denn die ist etwas wild. Du wurdest irgendwo zwischen 15 und 30 eingeschätzt, am Ende wurde es erst der 43. Pick. Wie hast du da erfahren?
Hartenstein: Vor dem Draft gibt es ja immer so eine Art Vorstellung , bei der man sich auch körperlich präsentiert und man alles checken lässt. Für mich war auch alles gut. Und auf einmal kam mein Agent zu mir und fragte mich, was mit meinem Knie los ist. Und ich meinte so: Nichts ist mit meinem Knie los. Er meinte dann, dass eine Mannschaft mich geredflagged hat, weil sie denken, dass irgendwas in meinem Körper falsch ist oder falsch sein könnte. Und dann bin ich von 15 bis 30 halt auf 43 gegangen. Wenn man so tief gedraftet wird, ist es noch schwieriger, seine Rolle zu finden. Ich musste ein ganzes Jahr G League spielen und das war auf jeden Fall schwer. Aber ich will das auch nicht ändern, weil ich sehr viel dadurch gelernt habe.
ran: Du konntest dir in der Free Agency deinen Vertrag bei Oklahoma City aussuchen. Aber provokant gefragt: Wenn die Brooklyn Nets dir jetzt sagen würden, dass sie dich gerne haben würden, was würde das in die auslösen?
Hartenstein: Wenn man von New York zu den Nets geht, wird es wahrscheinlich nicht so gut klappen. (lacht) Aber ja, New York war für mich etwas Besonderes, das ist eine pure Basketball-Stadt. Dort habe ich mit meinen besten Basketball überhaupt gespielt. OKC war aber einfach das perfekte Team. Klar, Geld ist wichtig, aber letztes Jahr waren die Erster in der Western Conference. Die haben einen Spieler wie mich gebraucht und ich glaube, ich konnte ihnen wirklich helfen, diesen nächsten Schritt zu machen. Als Sam Presti zu mir nach Hause gekommen ist und einfach alles erklärt hat, da wusste ich, dass es gut zusammenpasst. Auch der Coach war perfekt. Sam Presti macht einen riesen Job, einfach gute Leute in die Kabine zu holen. Er ist einfach gut darin, wirklich diese Persönlichkeiten zu finden, die bereit sind, sich selbst etwas aufzugeben, wie wir es vorhin gesagt haben.
Neue Autos: Hartenstein beschenkt seine Familie
ran: Dieser Vertrag, den du bekommen hast, war ja schon gewaltig. Man muss auch dazu sagen, dass ihr deshalb so viel verdient, weil die Liga auch selbst so viel einnimmt.
Hartenstein: Die Spieler verdienen 51 Prozent der Gesamtsumme, die die Liga einnimmt. Und die Owner verdienen 49 Prozent. Es ist perfekt, weil wir das verdienen, was wir selbst einspielen. Aber es war auf jeden Fall eine große Summe, ich habe in einem Jahr mehr verdient als in meiner gesamten Karriere.
ran: In Deutschland ist man ja manchmal auch ein bisschen neidisch, wenn man diese Summen hört, in den USA eher nicht. Woran liegt das?
Hartenstein: Viele müssen auch wissen, wie viel wir aufgeben. Klar, es ist schon eine Ehre, einen Beruf zu haben, bei dem man etwas spielt. Aber man gibt auch einfach so viel auf, gerade mit der Familie. Während der Saison sehe ich die oft nicht wegen der Auswärtsspiele, im Sommer ist meine Arbeit wahrscheinlich sogar noch härter als in der Regular Season. Von 9 Uhr bis 13 bin ich in der Halle zum Krafttraining, danach habe ich Behandlung und dann gehe ich wieder rein. Also es ist ein bisschen nonstop, aber ich weiß, dass es auf jeden Fall eine Ehre ist, so etwas zu machen, wie etwa Basketball zu spielen. Aber da steckt auch viel dahinter.
ran: Wem bist du da besonders dankbar? Oder hat vielleicht sogar jemand etwas dafür bekommen?
Hartenstein: Mein Vater hat ein Auto bekommen. Er liebt Muscle Cars, egal welches. Und da hat er so einen Dodge Challenger Hellcat bekommen. Er liebt einfach Autos so sehr. Auch meine Mutter hat ein Auto bekommen. Einfach diese Leute, die selbst sehr viel aufgegeben haben. Als Kind denkt man, dass die Eltern so viel Geld haben wie möglich. Aber wenn man jetzt ein bisschen älter wird, sieht man, die haben wirklich den letzten Cent gegeben, damit du deinen Traum leben kannst. Oder damit du die nächsten Schuhe bekommst. Einfach zu sehen, wie viel sie für mich aufgegeben haben. Da wollte ich etwas zurückgeben.
Eigene Stil-Beraterin
ran: Schuhe sind auch ein gutes Stichwort. Mit der Marke Lucent arbeitest du zusammen, du bist immer geil auf geile Farben, bei Jimmy Kimmel hattest du ein tolles Grün an, dann immer in coolen Joggern unterwegs. Woher kommt das Händchen?
Hartenstein: Das ist wieder so ein Bereich, wo man sich als Mensch ein bisschen zeigen kann. Für mich ist das eine Art Hobby, ich habe immer jemanden, der mir dabei hilft. Ich kann nicht einfach bei H&M reingehen und Klamotten holen. Ich habe jemanden, der immer auf der Suche ist wegen meiner Größe und ja, ich glaube, einfach mit meiner Größe so etwas anzuziehen, ist auf jeden Fall was anderes. Viele Dinge sind für meine Größe nicht gemacht, Türen, Flugzeuge, Autos. Aber es hilft beim Basketball sehr.
NBA: Isaiah Hartenstein zu Party - "Spaß meines Lebens"
ran: Weil ich so viel über Coaches gelesen habe und über welche, die dir auch wichtig sind, würde ich jetzt gerne ein kleines Spiel mit dir machen: Start, Bench, Cut. OKC lassen wir raus, aber folgende drei Namen hätte ich: Tyronn Lue, Florian Hartenstein, Tom Thibodeau.
Hartenstein: Mit meinem Vater gab es gerade etwas Beef, deswegen ist er heute Cut. (lacht) Ich glaube, ich starte T Lue. Er hat mir besonders am Anfang meiner Karriere sehr geholfen. Bei den Clippers war das die erste Zeit, in der ich konstant eine Rolle hatte und konstant gespielt habe. Aber auch Thibs, also ich benche jetzt Thibs, aber alle drei waren sehr wichtig für mich. Die Liste ist sehr schwierig. Ich meine, Thibs hat mir sehr viele Sachen besonders in der Verteidigung gegeben, bei denen ich sehr viel besser geworden bin. Aber wenn man zurückblickt, sind alle drei sehr wichtig.
Süßigkeiten für Carmelo Anthony
ran: Wenn man auf die Leute blickt, mit denen du schon zusammengespielt hast, das ist total verrückt. Also Jokic natürlich bei Denver, du hast Prime MVP Harden erlebt bei den Rockets, da war CP3 mit dabei. War Carmelo Anthony auch in dem Jahr bei den Rockets, als du da warst?
Hartenstein: Kurz. Ich war sein Rookie. Er hatte so eine komische Süßigkeit, die er haben wollte, also musste ich das irgendwie finden und irgendwie bestellen. Ich habe dann acht Kartons davon gefunden und als die alle angekommen sind, wurde er gewaived. Ich hatte dann diese acht Kartons und ich selbst esse keine Süßigkeiten mehr.
ran: Wer war das Leckermaul bei Houston, der dir dann geholfen hat. Wer war noch übrig?
Hartenstein: Ich habe die einfach irgendjemandem an der Straße gegeben, weil es waren wirklich so viele Süßigkeiten. Aber es war auf jeden Fall eine witzige Sache.
ran: Gibt es jemanden, der dich als Persönlichkeit beeindruckt hat? Also gar nicht mal sportlich, sondern als Typ? Von dem du vielleicht sogar etwas mitgenommen hast?
Hartenstein: Das sind viele verschiedene Sachen. James hat mir viel geholfen, einfach bei Pick and roll die Sachen zu verstehen, wie ich Leuten einfache Baskets geben kann. Jokic hat sehr viel beim Passen geholfen. Off the Court hat mich Shai sehr beeindruckt Shai. Einfach, wie demütig er ist, bei ihm gilt Family first. Aber er arbeitet auch extrem hart. Ich glaube, für mich ist es immer wichtig, so viel mitzunehmen wie möglich. Jalen Brunson war auch einer der sehr viel, sehr hart gearbeitet hat und sehr bodenständig ist. Ich gehe nie mit dem Mindset rein, dass ich alles weiß und ich glaube, dass mir auch hier mein Vater sehr geholfen hat. Man weiß nicht alles, aber man kann immer was lernen. Und ich glaube, ich habe konstant durch meine ganze Karriere immer etwas gelernt und immer wieder Fortschritte gemacht.
Die Big Man Vorbilder von Hartenstein
ran: Gibt es bei den Big Men in der NBA ein Vorbild für dich?
Hartenstein: Es gibt viele Spieler, bei denen ich einfach gucke und wo ich etwas mitnehme. Ich meine, klar, die ganzen Passing Big Men, Jokic, Sabonis. Aber ich glaube auch Draymond Green. Besonders früh in meiner Karriere, als ich wahrscheinlich nicht so viel gespielt habe wegen meiner Defense, habe ich ihnen sehr viel zugeguckt. Und jetzt sind halt Defense und die ganzen Sachen, die bei mir so Schwächen früher war, sind jetzt Stärken.
ran: Zum Abschluss noch ein lustiges Thema, es gibt einen sensationellen Clip mit dir, Jalen Brunson und Josh Hart, wo ihr erklärt, was lightskin und brightskin ist. Erkläre doch mal, worum es da geht.
Hartenstein: Mein Vater ist schwarz, aber das sieht man nicht an meiner Hautfarbe. Deswegen bin ich ein bisschen heller als lightskin und deswegen nennt man mich sozusagen brightskin. Also für mich ist es immer etwas Lustiges. Aber ja, ich glaube, wenn mein Vater nicht genauso aussehen würde wie ich, würde ich denken: Mama, ich glaube, da war irgendwas. Da ist irgendwas falsch gelaufen. Aber das Witzige ist, mein Vater sieht genau so aus wie ich, aber einfach nur dunkel. Er hat mir leider keine Farbe abgegeben.